Metallarbeiter
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KV-Verhandlungen

Metaller-KV als Signal für andere Branchen

In der Nacht auf Freitag haben sich die Sozialpartner der Metalltechnischen Industrie auf den Kollektivvertrag (KV) 2023 geeinigt. Die 130.000 Mitarbeiter erhalten im Schnitt eine Erhöhung der Istlöhne um 7,4 Prozent. Üblicherweise gelten die Abschlüsse der Metaller als Messlatte für die Herbstlohnrunde. Einige Branchen sind aktuell noch in Verhandlungen – und nicht überall zeichnet sich eine schnelle Einigung ab.

WIFO-Ökonom Benjamin Bittschi verweist im Ö1-Mittagssjournal darauf, dass etwa der Handel zwischen 2010 und 2020 nur 0,3 Prozent unter den Metallerinnen und Metallern abgeschlossen hätte. Für das abgelaufene Jahr sei die Situation aber doch anders, weil die Industrie sehr gut gelaufen sei, anders als der Handel – „insofern gibt es auch weniger zu verteilen.“

Andererseits sieht Bittschi in anderen Branchen das Problem des Arbeitskräftemangels, etwa in der Sozialwirtschaft. Das könnte demnach ein Hebel für die Arbeitnehmerseite sein, sich mit höheren Forderungen durchzusetzen, soweit das die wirtschaftlichen Gegebenheiten eben möglich machen würden.

Handel vertagte Verhandlungen

Erst am Donnerstag wurden die Handels-KV-Verhandlungen in der zweiten Runde abgebrochen und auf kommende Woche vertagt. Die Arbeitgeber boten eine Gehaltserhöhung um 3,5 Prozent sowie zusätzlich eine Einmalzahlung. Da letztere steuerfrei sei, bleibe den Beschäftigten mehr Netto vom Brutto, so die Arbeitgeber. Die Gewerkschaft weist das Angebot als „völlig unzureichend“ und „alles andere als wertschätzend“ zurück, auch weil es keine dauerhafte Gehaltserhöhung bringe.

Kassiererin
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Die Beschäftigten im Handel fordern eine Gehaltssteigerung von zehn Prozent

Keine Einmalzahlungen bei Metallern

WIFO-Experten Bittschi erklärte im Mittagsjournal, es sei „interessant“, dass Einmalzahlungen im Metallerabschluss keine Rolle spielten, schließlich habe die Bundesregierung genau diese Möglichkeit eröffnet. Dass bei der laufenden Herbstlohnrunde nun einmalige Aufschläge vom Tisch sind, wollte Bittschi so nicht sehen. In anderen Branchen könnten sie teilweise doch eine Rolle spielen.

Nach der nächtlichen Einigung zeigten sich die Arbeitnehmervertreter Karl Dürtscher (GPA) und Rainer Wimmer (PRO-GE) zufrieden mit dem Abschluss und darüber, dass Einmalzahlungen, wie von den Arbeitgebern gewünscht, nicht kommen. Weiters wurde betont, dass insbesondere die niedrigen Einkommen angehoben werden. „Es ist uns gelungen, in einer außergewöhnlichen Situation einen Reallohnzuwachs zu erreichen“, so Wimmer.

Gewerkschafter Wimmer zum Lohnabschluss

Rainer Wimmer, Verhandlungsführer und Bundesvorsitzender der Gewerkschaft PRO-GE (Produktionsgewerkschaft), kommentiert das Ergebnis der Kollektivvertragsverhandlungen in der Metallindustrie.

Anders sieht das Arbeitgeberobmann Christian Knill: Er bedauerte, dass es nicht gelungen sei, Einmalzahlungen den Gewerkschaften schmackhaft zu machen, lobte aber die Verhandlungen, schließlich hätten sich beide Seiten bewegt – im Sinne des sozialen Friedens und der Planungssicherheit.

IV: „Säbelrasseln einstellen“

Die Industriellenvereinigung (IV) appellierte allerdings auch an die Gewerkschaften, nun das „Säbelrasseln einzustellen“, es gelte wieder gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Lob für die Kollegen von PRO-GE und GPA gab es von der AUGE/UG Wien. „Im derzeitigen Forderungs- und Verhandlungssystem ist das ein guter Abschluss“, meinten die Gewerkschafter. Der Grüne Parlamentsklub reklamierte auch einen Erfolg für sich. „Mit der Abschaffung der kalten Progression haben wir dieses Jahr eine laufende Steuerreform für die Ewigkeit beschlossen, und die Metaller sind mit die Ersten, die davon ab Jänner kommenden Jahres profitieren“, hieß es in einer Aussendung.

Für die Einigung der Metaller waren vier Verhandlungsrunden notwendig, zuletzt wurde gut zwölf Stunden in der Wirtschaftskammer in Wien verhandelt. Die Arbeitnehmervertreter der GPA und PRO-GE waren mit einer Forderung von plus 10,6 Prozent mehr Lohn und Gehalt in die Verhandlungen gestartet. Basis für das Feilschen ist traditionell die Inflationsrate der vergangenen zwölf Monate, diese lag bei 6,4 Prozent.

Betriebsversammlungen bei Eisenbahnern

Neben den Verhandlungen über den Handels-KV dürften auch jene der Eisenbahner kommende Woche weitergehen. Seit Mittwoch laufen nach Bundesländern gestaffelt Betriebsversammlungen. Es fehle, so die Gewerkschaft vida, „ein ernstzunehmendes Angebot“ von Unternehmensseite.

Deren bisheriges Angebot liege bei einer KV-Erhöhung von sieben Prozent. Der Gewerkschaft ist das zu wenig. „Aufgrund der explodierenden Teuerung“ fordert sie einen monatlichen Fixbetrag von 500 Euro für jeden auf alle KV- und Istgehälter, 250 Euro auf die Lehrlingseinkommen sowie die Erhöhung der valorisierbaren Nebengebühren um die rollierende Inflation.

Sozialwirtschaft: Verhandlungen stocken

Die dritte Verhandlungsrunde zum Kollektivvertrag zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern der Sozialwirtschaft war vergangene Woche nach zwölf Stunden ergebnislos unterbrochen worden, die Arbeitnehmervertretung kündigte deshalb für 8. bis 10. November Betriebsversammlungen an. Während laut Gewerkschaft GPA in sensiblen Bereichen wie der Pflege der Betrieb in dieser Zeit aufrechterhalten wird, wird es an den Schulen am 8. November keinen generellen Journaldienst geben. Diese könnten gegebenenfalls in Absprache mit der Bildungsdirektion einen Notbetrieb organisieren, hieß es auf Anfrage der APA.

Die Vorstellungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern liegen in den Verhandlungen noch weit auseinander. Die Gewerkschaften GPA und vida fordern eine Gehaltserhöhung von 15 Prozent mit einem Mindestbetrag von 350 Euro, bessere Arbeitsbedingungen und mehr Freizeit. Immerhin sei das Personal seit drei Jahren im Krisendauereinsatz. Das Angebot der Arbeitgeber liegt bei 7,5 Prozent bzw. mindestens 150 Euro.

Verhandelt wird laut ÖGB aktuell auch über die Kollektivverträge der Angestellten im öffentlichen Dienst, der Beschäftigten im privaten Gesundheits- und Sozialbereich sowie jener der A1 Telekom, der Postbus AG und der Brauereien.