Einsatzkräfte in Berlin nach einem tödlichen Unfall einer Radfahrerin
picturedesk.com/dpa/Paul Zinken
Tote Radfahrerin in Berlin

Schlagabtausch zu Klimaprotesten

Seit Tagen gibt es in Deutschland – und mittlerweile auch hierzulande – einen Schlagabtausch anlässlich des Todes einer Radfahrerin in Berlin. Sie war von einem Betonmischer überrollt worden und ihren Verletzungen erlegen. Für Zündstoff sorgt die Frage, ob Klimaproteste, die auf den Straßen nahe des Unfallorts stattfanden, die Rettungsmaßnahmen behindert haben. Laut Feuerwehr sei ein Spezialfahrzeug zur Rettung der Frau zu spät gekommen. Die behandelnde Notärztin stellt den Sachverhalt laut einem Bericht aber anders dar.

Das Spezialfahrzeug, das helfen sollte, das unter dem Lkw eingeklemmte Unfallopfer zu befreien, stand nach Angaben der Feuerwehr in einem Stau – und dieser soll den Darstellungen der Feuerwehr nach durch eine Aktion der Protestgruppe Letzte Generation ausgelöst worden sein. Das Fahrzeug sei dann später zum Unglücksort gekommen, hieß es – die Feuerwehr sprach von mehreren Minuten. Allerdings räumte ein Sprecher ein, auch die Bildung einer Rettungsgasse sei problematisch gewesen.

Die Radfahrerin war am Donnerstagabend im Krankenhaus an ihren schweren Verletzungen gestorben – eine Obduktion soll klären, was konkret zu ihrem Tod geführt habe. Die Berliner Polizei stellte gegen zwei Klimaaktivisten Strafanzeige wegen unter anderem unterlassener Hilfeleistung. Auch werde geprüft, ab der Vorwurf einer fahrlässigen Tötung in Betracht komme, sagte eine Sprecherin der Berliner Staatsanwaltschaft.

Bericht: Ärztin wollte Spezialfahrzeug nicht einsetzen

Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet nun am Freitag (Onlineausgabe), dass sich die behandelnde Notärztin – die sich bereits beim Unfallopfer befunden hatte – aber ohnehin schon dafür entschieden hatte, jenes Spezialfahrzeug nicht einzusetzen. Das gehe aus einem internen Vermerk der Feuerwehr hervor, wie das Blatt schreibt.

Demnach habe die Ärztin, die durch den Stau nicht behindert wurde, zwar kurz erwogen, den Betonmischer anheben zu lassen. Das „hätte aber wohl länger gedauert, wie auch die medizinische Situation verschlechtert“, zitierte die Zeitung aus dem Vermerk. Die Feuerwehr wollte sich zu dem Bericht nicht äußern. Die Staatsanwaltschaft bestätigte die Existenz des Vermerks auf Anfrage bisher nicht.

Betonmischer zwischen zwei Rettungsfahrzeugen
picturedesk.com/dpa/Paul Zinken
Der Schauplatz jenes tödlichen Unfalls, der nun für große Diskussionen sorgt

Kritik an Medien

Die Gruppe Letzte Generation sprach den Angehörigen der Radfahrerin ihr Beileid aus. „Wir sind geschockt“, sagte Sprecherin Carla Hinrichs am Freitag. Zugleich kündigte die Gruppe an weiterzumachen: „Die Bundesregierung soll unseren Protest beenden – jetzt, indem sie die Krise in den Griff bekommt. Bis dahin geht der Widerstand weiter“, hieß es in einer Mitteilung.

Die Aktivistinnen und Aktivisten hatten zuvor scharfe Kritik an den Medien geübt und weitere Proteste angekündigt. Seit Montag breche eine Welle der Vorwürfe, Unwahrheiten und Hetze über uns herein, erklärten sie. Dass die Radfahrerin im Straßenverkehr verunglückt sei, sei furchtbar. „Wir sind bestürzt und in Trauer.“ Doch die mediale Öffentlichkeit instrumentalisiere den Unfall.

Klimaschützer beklagen Anfeindungen in Österreich

Auch in Österreich berichtete ein Sprecher der Letzten Generation gegenüber der APA von zahlreichen Anfeindungen gegen die Aktivistinnen und Aktivisten – bis hin zu Morddrohungen und rechtsradikalen Beschimpfungen. In Wien wird die Gruppe bis 9. Jänner keine Straßenblockaden mehr durchführen, um der Bundesregierung Zeit zu geben, mit mehr Maßnahmen für den Klimaschutz „Menschen zu retten“.

Österreichweit geht der Protest aber weiter. Derzeit entstünden etwa in Linz, Graz und Innsbruck Ableger der Letzten Generation. Ob die Diskussion in Deutschland dazu führen könnte, dass die Aktionen in Österreich auf zunehmende Ablehnung seitens der Zivilgesellschaft stoßen, ließ der Sprecher offen. Der Klimaprotest sei „kein Beliebtheitswettbewerb“, es gäbe bei den Protesten aber auch immer wieder großen Zuspruch.

Bundesregierung warnt Aktivisten

Die deutsche Bundesregierung warnte die Klimaaktivistinnen derweil vor illegalen Aktionen. Das Engagement beim Klimaschutz müsse „uns gesellschaftlich einen“ und dürfe „nicht außerhalb des Rahmens unserer Gesetze“ geschehen, sagte Vizeregierungssprecher Wolfgang Büchner. Der deutsche Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Protestformen, die Menschen gefährden, sind falsch.“ Auch zahlreiche andere Stimmen aus der Politik äußerten sich kritisch.

Eine Reaktion aus der Politik gab es auch in Österreich: „Schockiert“ zeigte sich der Wiener FPÖ-Obmann Dominik Nepp über den Tod der verunfallten Radfahrerin. „Wenn es nicht bald zu einer rechtlichen Verschärfung kommt, mittels der die mutwillige Blockade von Straßen empfindlich bestraft wird, müssen wir auch in Wien damit rechnen, dass Rettungskräfte bei ihren Einsätzen durch diese Klimaterroristen behindert werden. Wie in Berlin könnte dies fatale Folgen haben“, so Nepp.