Polizeiauto auf dem Heathrow Gelände
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Aufruhr in Abschiebezentrum

Asylpolitik bringt Downing Street unter Druck

In einem Abschiebezentrum am Londoner Flughafen Heathrow ist es am Samstag zu einem Aufruhr unter Häftlingen gekommen. Die neue britische Regierung ist ohnehin seit Tagen in der Defensive, muss sich die umstrittene Innenministerin Suella Braverman doch für die katastrophalen Zustände in britischen Auffanglagern rechtfertigen. Sie sprach von einer „Invasion“ durch Migrantinnen und Migranten.

In dem Abschiebezentrum in Heathrow hatte sich bereits am Freitagabend ein Aufruhr entzündet. Am Samstag versammelte sich dann eine bewaffnete Gruppe von Menschen in einem Innenhof des Zentrums. Die Polizei und Vollzugsbehörden seien an Ort und Stelle, hieß es in einer Mitteilung des Innenministeriums. Mögliche Ursache für den Aufruhr könnte ein Stromausfall gewesen sein. Unklar war jedoch auch Stunden später, ob und in welchem Zusammenhang die beiden Ereignisse standen. Der „Guardian“ berichtete, an dem Protest seien etwa 100 Häftlinge beteiligt gewesen.

Der Vorfall kommt zu einer Zeit, in der die britische Regierung wegen ihres Umgangs mit Migrantinnen und Migranten schwer in der Kritik steht. Zunächst stand dabei eine Erstaufnahmeeinrichtung in der Grafschaft Kent am Ärmelkanal im Fokus. Dort hatten die Überfüllung und inakzeptable Zustände für Schlagzeilen gesorgt.

Asylwerber sich selbst überlassen

In dem eigentlich nur für 1.600 Menschen ausgelegten Zentrum halten sich derzeit geschätzt 3.500 Menschen auf, wie der britische Staatssekretär für Einwanderung, Robert Jenrick, im Sky-News-Interview einräumte.

Die Regierung sei wegen einer anstehenden gerichtlichen Überprüfung kontaktiert worden. Jenrick sagte, das Lager solle „schnell wieder zu einem funktionierenden und mit rechtlichen Vorgaben im Einklang stehenden Zentrum“ werden.

Auffanglager in Manston
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Vor Heathrow stand das Auffanglager in der Grafschaft Kent im Fokus

Ein junges Mädchen warf Medienberichten zufolge einen Brief in einer Flasche über den Zaun, demzufolge Schwangere und Kranke in dem Lager dringend Hilfe benötigten.

Auch außerhalb des Lagers gab es Aufsehen: Einem Bericht des „Guardian“ zufolge wurden am Dienstagabend rund ein Dutzend Asylsuchende, die in eine neue Unterkunft umgesiedelt werden sollten, ohne Informationen, Versorgung oder eine neue Adresse am Londoner Bahnhof Victoria sich selbst überlassen.

Braverman im Fokus der Kritik

Innenministerin Braverman muss sich seit ihrem neuerlichen Amtsantritt unter Premier Rishi Sunak quasi ständig verteidigen. Zunächst wurden ihr verschiedene Brüche der ministeriellen Sicherheitsregeln vorgeworfen.

Auffanglager in Manston
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Suella Braverman

Sunak hielt zu ihr und sprach dazu von einer „zweiten Chance“, weil Braverman ihren Fehler eingeräumt habe. Nun steht sie wegen der Asylpolitik unter Druck, die ursprünglich von den Vorgängerregierungen ausging.

Braverman aber gilt selbst als Hardlinerin in Asylfragen und sprach von einer „Invasion“ an der südlichen Küste Großbritanniens. Ihr wurde vorgeworfen, Hass zu schüren. Nachdem mehrere britische Minister wiederholt albanische Migranten für den Anstieg der Asylzahlen in Großbritannien verantwortlich gemacht hatten, wehrten sich auch die Albaner. Premier Edi Rama warf London vor, albanische Staatsbürger zu Sündenböcken für eine verfehlte Einwanderungspolitik zu machen.

In diesem Jahr sind bisher mehr als 38.000 Menschen über den Ärmelkanal nach Großbritannien gelangt – deutlich mehr als im gesamten Vorjahr. Die konservative Regierung will Migrantinnen und Migranten unabhängig von ihrem Asylstatus nach Ruanda ausfliegen.