Abgeordnete bei Rede von Ägyptens Präsident
AP/Peter Dejong
UNO-Klimagipfel

Kleine Erfolge gegen große Probleme

Bei der UNO-Klimakonferenz in Scharm al-Scheich (COP27) ist bereits am Eröffnungstag ein erster Erfolg verkündet worden. Das Konferenzplenum stimmte am Sonntag zu, bei der COP27 Finanzhilfen für ärmere Staaten erstmals als eigenen Punkt zu verhandeln. Gleichzeitig zeigt ein aktueller Bericht, wie weit die Klimakrise bereits fortgeschritten ist: Die vergangenen acht Jahre waren demzufolge die wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen. Geplante Ziele sind kaum mehr zu erreichen.

Der Bericht der Weltwetterorganisation (WMO) ließ am ersten Tag der COP27 aufhorchen. Er bot zum Gipfelauftakt einen ernüchternden Überblick über den Zustand des Weltklimas. Dem Bericht zufolge dürften die vergangenen acht Jahre die wärmsten seit Aufzeichnungsbeginn gewesen sein. Die weltweite Durchschnittstemperatur lag zuletzt schätzungsweise rund 1,15 Grad über dem Durchschnitt der vorindustriellen Zeit.

Das Wetterphänomen La Nina habe zwar die Temperaturen etwas gemindert, womit 2022 als fünft- oder sechstwärmstes Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen in die Statistik eingehen werde, so der Bericht. Es sei aber nur eine Frage der Zeit, bis ein neues Wärmerekordjahr gemessen werde. Das alle paar Jahre auftretende Wetterphänomen La Nina drückt die globale Durchschnittstemperatur, weil sich dabei die oberen Wasserschichten des tropischen Ostpazifiks ungewöhnlich stark abkühlen.

Weltklimakonferenz in Ägypten

Am Sonntag begann in Ägypten die Weltklimakonferenz. Zentrales Thema sind vor allem Maßnahmen zur Eindämmung der Erderwärmung. Die Konferenz wird über zwei Wochen im Badeort Scharm al-Scheich abgehalten.

Meeresspiegel steigt doppelt so schnell

Hitzewellen, Dürren und Flutkatastrophen haben in diesem Jahr Millionen Menschen betroffen und Milliardenkosten verursacht. Bis Mitte des Jahres waren unter anderem durch extrem lang anhaltende Dürren im Osten Afrikas bis zu 19,3 Millionen Menschen von unsicherem oder unzureichendem Zugang zu Nahrungsmitteln betroffen. Die Fluten in Pakistan kosteten mindestens 1.700 Menschen das Leben und vertrieben fast acht Millionen Menschen aus ihrer Heimat.

Zudem habe das Schmelzen der Gletscher heuer enorm an Fahrt aufgenommen. In den Alpen wurden durchschnittliche Verluste von drei bis vier Metern der Eisdicke gemessen, deutlich mehr als im bisherigen Rekordjahr 2003. Der grönländische Eisschild schmolz das 26. Jahr in Folge, außerdem fiel am höchsten Punkt des Eisschilds im August 2021 erstmals Regen statt Schnee. In der Schweiz nahm das Volumen der Gletscher in den vergangenen zwanzig Jahren um mehr als ein Drittel ab.

Außerdem habe sich das Tempo des Meeresspiegelanstiegs seit 1993 verdoppelt. Allein seit Jänner 2020 stieg der Meeresspiegel um fast 10 Millimeter auf einen neuen Rekordstand an. Für Küstenregionen und tiefliegende Staaten ist das eine enorme Bedrohung.

1,5-Grad-Ziel auf dem Papier

Klimafachleuten zufolge muss die Erderhitzung bei 1,5 Grad gestoppt werden, um die Überschreitung gefährlicher Kipppunkte zu vermeiden und die katastrophalsten Folgen des Klimawandels abzuwenden. Die internationale Gemeinschaft hat sich auf dieses Ziel verständigt. Dass es erreicht werden kann, scheint aufgrund mangelnder Taten jedoch unwahrscheinlich.

Folgen der Erderhitzung nach Grad der Erwärmung
Gregor Aisch/Nature (Raftery et al)

Seit Jahren weisen Entwicklungsländer und kleine Inselstaaten darauf hin, dass sie die Auswirkungen der Erderhitzung schon jetzt deutlich und stärker als die reichen Industriestaaten zu spüren bekommen. Sie fordern daher zusätzliche Finanzhilfen der Industriestaaten in diesem Bereich.

In den fast 30-jährigen UNO-Klimaverhandlungen wurde aber noch kein Finanzierungsmechanismus dafür beschlossen. Nun stimmte das Konferenzplenum am Sonntag zu, bei der COP27 Finanzhilfen für ärmere Staaten für die Bewältigung bereits eintretender klimabedingter Schäden und Verluste erstmals als eigenen Punkt auf der Verhandlungsagenda zu verankern.

Sorge vor hohen Reparationszahlungen

Das zeige „einen Sinn für Solidarität und Mitgefühl für das Leiden der Opfer klimabedingter Katastrophen“, sagte der Präsident der COP27, der ägyptische Außenminister Samih Schukri, vor den Delegierten aus mehr als 190 Staaten. Zugleich betonte er, es gehe bei dem Verhandlungspunkt nicht um „Verantwortung oder Entschädigung“.

Umwelt- und Entwicklungsorganisationen verweisen bei dem Thema, das unter dem Schlagwort „Loss and Damage“ (Schäden und Verluste) diskutiert wird, auf das Verursacherprinzip hin. Da sie eine Verpflichtung zu unendlich hohen Reparationszahlungen fürchten, haben die Industriestaaten, insbesondere die USA, die Verhandlungen über Finanzhilfen für klimabedingte Schäden und Verluste in den vergangenen Jahren blockiert. Nun hat sich zumindest die Sicht durchgesetzt, dass das zunehmend dringliche Thema nicht mehr ignoriert werden kann.