Einsatz von Feuerwehr und Rettung
APA/Georg Hochmuth
Neues Krisensicherheitsgesetz

Kritik und Lob nach Präsentation

Am Dienstag ist das lange erwartete neue Krisensicherheitsgesetz vorgestellt worden. Es sieht unter anderem die Bestellung eines Krisenkoordinators und die Errichtung eines eigenen Lagezentrums vor. Das Rote Kreuz begrüßt die Existenz des Gesetzesentwurfs, die Opposition bemängelt die Regierung dafür.

Rund ein Jahr hat es gedauert, bis der Entwurf vorlag. Am Dienstag präsentierten Innenminister Gerhard Karner, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (beide ÖVP) und Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) das neue Krisensicherheitsgesetz. Kernpunkt ist unter anderem der Bau eines Lagezentrums unter dem Innenministerium: Auf mehr als zweitausend Quadratmetern soll in diesem Zentrum eine ständige Beobachtung der Entwicklung in zentralen Bereichen wie Sicherheit, Gesundheit und Energie betrieben werden und die gleichzeitige Bewältigung von bis zu drei Krisen möglich sein.

Auch ein modernes Medienzentrum soll zur transparenten Kommunikation der Öffentlichkeit eingerichtet werden. Der Baubeginn ist für Mitte nächsten Jahres geplant, der Bau soll laut Karner rund zwei Jahre dauern.

Zudem soll eine effiziente Koordination zwischen den betroffenen Akteuren (Bundes- und Landesbehörden, Einsatzorganisationen etc.) auf die Beine gestellt werden. So sind im Kapitel „Krisen- und Katastrophenschutz“ etwa rechtliche Klarstellungen im Hinblick auf Zuständigkeiten, Befugnisse sowie Informationsübermittlungen, die Erhöhung der gesamtstaatlichen Resilienz sowie die Verbesserung der Möglichkeiten des Bundesheeres, bei nicht militärischen Krisen Assistenz zu leisten, sowie das Treffen frühzeitiger Vorsorgemaßnahmen vorgesehen.

Zwei neue Koordinationsstellen

Ein weiteres Ziel ist es, mit rechtlichen Klarstellungen die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure auf Bundesebene zu verbessern. Es wird zudem ein Regierungskoordinator für Krisenvorsorge im Bundeskanzleramt eingerichtet, der die bestmögliche Vorbereitung auf verschiedene Krisenszenarien sicherstellen soll. Aufgrund des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine wird auch erstmals ein im Kanzleramt angesiedelter Koordinator der Nachrichtendienste installiert.

Krisensicherheitsgesetz ist fertig

Ein Jahr lang hat die Regierung an einem neuen Krisensicherheitsgesetz gearbeitet. Das am Dienstag präsentierte Gesetz soll Österreich besser für Krisen wappnen.

„Krise“ bedarf einer Definition

Die Definition von Krise lautet wie folgt: „Droht unmittelbar oder entsteht ein Ereignis, eine Entwicklung oder sonstige Umstände in Bereichen, in denen dem Bund die Gesetzgebung und Vollziehung zukommt, eine Gefahr außergewöhnlichen Ausmaßes für das Leben und die Gesundheit der Allgemeinheit, die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Inneren, die nationale Sicherheit, die Umwelt oder das wirtschaftliche Wohl, deren Abwehr oder Bewältigung die unverzügliche Anordnung, Durchführung und Koordination von Maßnahmen im Zuständigkeitsbereich des Bundes dringend erforderlich macht, liegt eine Krise vor. Unberührt davon bleiben die Fälle der militärischen Landesverteidigung.“

Das Gesetz ermächtigt die Regierung, im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates durch Verordnung das Vorliegen einer Krise festzustellen.

Gesundheitsminister Johannes Rauch, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Innenminister Gerhard Karner
APA/Eva Manhart
Der Entwurf wurde am Dienstag von Rauch, Tanner und Karner (v. l. n. r.) vorgestellt

Derzeitige Regelung von 1986

Das Gesetz soll nun begutachtet und im Frühjahr dem Parlament zugewiesen werden. Nach dem Beschluss des Gesetzes werden der Regierungskoordinator und ein Stellvertreter durch das Bundeskanzleramt ausgeschrieben.

Das derzeitige Krisenmanagement stammt aus dem Jahr 1986. Damals wurde nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl ein staatliches Krisenmanagement beim Bundeskanzleramt eingerichtet. Seit Mai 2003, nach dem großen Hochwasser, obliegen die Koordination des staatlichen Krisen- und Katastrophenschutzmanagements (SKKM) und die internationale Katastrophenhilfe dem Bundesministerium für Inneres.

Änderungen im Meldegesetz sollen sicherstellen, dass in Krisenfällen eine Verknüpfungsanfrage im Zentralen Melderegister (ZMR) möglich ist. Damit kann nicht nur nach einem Namen gesucht werden, sondern auch nach anderen Suchkriterien. Bei den Anpassungen im Wehrgesetz und der Bundesverfassung geht es um die Erweiterung des Assistenzbereichs des Bundesheeres. Dieser soll künftig neben Elementarereignissen und Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfangs auch den Krisenfall umfassen.

Industrie und Rotes Kreuz erfreut

Die Kosten für das Gesetz sind im Großen und Ganzen die Baukosten für das Lagezentrum in Höhe von rund 50 Mio. Euro. „Es ist im Wesentlichen ein Koordinationsgesetz“ und greife nicht in die Kompetenzen der Ministerien, sagte Karner.

Die Industrie begrüßte den Entwurf am Dienstag, das neue Gesetz bringe klare Strukturen im Ernstfall. Bei der Krisenintervention und -prävention brauche es eine „Einbindung aller relevanten Stakeholder“, so Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV).

Das Rote Kreuz, das schon in der Pandemie maßgeblich an der Krisenbewältigung beteiligt war, sprach von einem wichtigen Schritt. „Im Falle einer bundesweiten Katastrophe ist die abgestimmte Zusammenarbeit zwischen Ministerien, Ländern, Einsatzorganisationen und Betreibern kritischer Infrastrukturen damit wesentlich einfacher“, so Peter Kaiser, stellvertretender Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes (ÖRK). Nun werde man die sechswöchige Begutachtungsdauer nutzen, um den Entwurf zu prüfen. „Sollte etwas fehlen, werden wir Verbesserungsvorschläge machen“, so Kaiser.

Tanner spricht von „Meilenstein“

Die Regierungsparteien lobten sich am Dienstag selbst für den Gesetzesentwurf. „Ein Meilenstein“, sagte etwa Tanner. Der Sprecher für Landesverteidigung und Katastrophenschutz der Grünen, David Stögmüller, meinte, nun könne man „Resilienz und Handlungsfähigkeit in allen Situationen sicherstellen“. Er betonte via Aussendung, während der Begutachtung müsse die Opposition eingebunden werden.

Diese aber ärgert sich genau über mangelnde Einbindung. „Diese Bundesregierung ist die Krise. Zu behaupten, die Opposition wäre eingebunden gewesen, obwohl die letzte gemeinsame Beratung zum Krisensicherheitsgesetz vor einem Jahr stattgefunden hat, ist der Gipfel der Frechheit. Heute wurde etwas komplett Neues vorgelegt, von dem wir bis jetzt noch nichts gehört haben“, so SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner.

FPÖ rechnet mit weiteren Verhandlungen

In dieselbe Richtung ging die Kritik von NEOS: „Dass sich die Bundesregierung in einer Pressekonferenz für ein Gesetz abfeiert, bevor die Opposition den Entwurf überhaupt zu Gesicht bekommen hat, zeigt einmal mehr, dass ÖVP und Grüne keinerlei Wert auf einen demokratischen Diskurs legen und ihnen jeder Respekt vor der Volksvertretung fehlt“, so Verteidigungssprecher Douglas Hoyos.

Ob die FPÖ dem Gesetz zustimmen wird, ließ sie am Dienstag offen. Generalsekretär Michael Schnedlitz warnte in einer Pressekonferenz vor möglichen Eingriffen in die Grundrechte, etwa durch die CoV-Maßnahmen. Das Gesetz gehöre daher auf Herz und Nieren geprüft, um einen „Freibrief“ der Regierung für Umgehungsstrukturen zu verhindern. Schnedlitz rechnet aber mit weiteren Verhandlungsrunden mit den Parteien, denn: „Man kann ein Krisensicherheitsgesetz auch auf vernünftige Beine stellen.“