Szene aus „Black Panther“
Disney
„Wakanda Forever“

Kriegerinnen auf dem „Black Panther“-Thron

Ein schmerzlicher Verlust steht am Beginn von „Wakanda Forever“, der Fortsetzung der bahnbrechenden Comicverfilmung „Black Panther“ aus dem Jahr 2018. Auch der neue Film setzt Standards, was die Deutungsmacht von Comicverfilmungen betrifft.

Manchmal sind nicht einmal Superhelden zu retten. Als T’Challa, der junge König von Wakanda und als „Black Panther“ Beschützer seiner Nation, an einer seltenen Krankheit stirbt, ist die Trauer mit Händen greifbar. Nicht einmal seiner jüngeren Schwester Shuri (Letitia Wright) ist es in ihrem Labor gelungen, rechtzeitig ein Heilmittel zu entwickeln. Und so geht es weiter, weil es weitergehen muss: T’Challas Mutter Ramonda (Angela Bassett) übernimmt den Thron. Und die Welt glaubt, das trauernde Land sei nun schwach genug, wegen seiner Vibranium-Bodenschätze ausgeraubt zu werden.

Mit „Black Panther: Wakanda Forever“ schreibt Regisseur und Drehbuchautor Ryan Coogler auf Basis der Figuren aus den Marvel-Comics eine Saga weiter, die bei ihrem Ersterscheinen 2018 zugleich als Signal und Antrieb eines popkulturellen und gesellschaftlichen Wandels kaum zu überschätzen war, und nicht zuletzt deswegen bei den Oscars gleich sechsfach nominiert wurde: „Black Panther“ erzählte einen machtvollen Gegenmythos zum ewig unterdrückten, kolonialisierten, ausgebeuteten schwarzen Mann.

Szene aus „Black Panther“
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Blick zurück in Trauer: Kriegerin Nakia (Lupita Nyong’o) hat neue Aufgaben vor sich

Ein Held als Versprechen

T’Challa kehrte als König nach Wakanda zurück, das alle für ein Entwicklungsland hielten, das in Wahrheit aber technologisch hochentwickelt war, weil es nie einer Kolonialmacht zum Opfer gefallen war. Im Laufe von „Black Panther“ öffnete es sich, auch auf Initiative von T’Challas Partnerin Nakia (Oscar-Preisträgerin Lupita Nyong’o), und wurde zu einem verheißungsvollen Land, in das schwarze Kinder, die in den USA oder anderswo schlecht behandelt werden, zurückkehren können, ein utopisches Geschichtskorrektiv, das Hoffnung gab.

Ganz am Ende des Films war da ein 13-jähriger afroamerikanischer Bub in einem verlotterten Viertel am Rande einer US-Großstadt zu sehen, ein Kind, das wahrscheinlich sein Leben lang gehört hatte, dass rassistische Polizisten als tödliche Gefahr zu fürchten sind und dass Weißsein in Amerika gleichbedeutend damit ist, der Gesellschaft mehr wert zu sein. Und dann fiel der Blick des Buben auf T’Challa, den großgewachsenen, stolzen schwarzen König – eine Figur als Versprechen.

Mit dem frühen Tod von T’Challa-Darsteller Chadwick Boseman im Sommer 2020 ging das Zentrum von „Black Panther“ verloren. Doch Coogler gelingt es, in seiner Fortsetzung nicht nur die Geschichte mitreißend weiterzuerzählen, sondern die Perspektive einer schwarzen Nation, die weiße Verbündete gar nicht nötig hat, noch zu vertiefen. Nach dem Tod von Wakandas König sind es die Frauen, die T’Challas Vermächtnis bewahren.

Wakandas „feministische DNA“

Shuri wird lernen, ihren Bruder als Beschützer des Königreichs zu vertreten, Generalin Okoye (Danai Gurira) wird mit ihren Kriegerinnen der Dora Milaje, der Leibwache, fortan die Königin beschützen, und T’Challas Partnerin Nakia wird nach Wakanda zurückkehren, als das Land bedroht wird. Es sei eine ganz logische Forterzählung, so Nakia-Darstellerin Nyong’o gegenüber ORF.at „Das ist unbedingt wegweisend, nicht nur im Marvel-Universum, sondern generell im Kino. Die DNA von Wakanda ist feministisch, und damit meine ich, dass es da eine tiefe Überzeugung von der Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung von Frauen und Männern gibt. Schon im ersten Film war T’Challa umgeben von einflussreichen Frauen, die handlungsfähig sind.“

Szene aus „Black Panther“
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Black Panther ist tot, es lebe Black Panther

Das ist aber nur einer der vielen emanzipatorischen Aspekte von „Wakanda Forever“. Es gibt da nämlich noch eine Nation, die weder weiß ist noch ein Land des Südens, die unerkannt und ungemein mächtig ist: ein indigenes mittelamerikanisches Unterwasservolk, das aus dem visuellen und mythologischen Formenschatz der Maya schöpft, und von dem nicht klar ist, auch welcher Seite es stehen wird.

„Black Panther: Wakanda Forever“ im Kino

Nachdem „Black Panther“-Hauptdarsteller Chadwick Boseman vor zwei Jahren verstorben ist, war unklar, wie es mit der Superheldengeschichte weitergehen soll. Nun kommt „Black Panther: Wakanda Forever“ ins Kino und wird von Kritikern gelobt.

Hier setzt der Film das fort, was „Black Panther“ begonnen hat, nämlich ein genaues Echo von Traditionen existierender Kulturen, wie das schon in den Kostümen und Ritualen Wakandas und seiner Stämme war. „‚Black Panther‘ bewies, dass ein Superheldenfilm ein großes Publikum erreichen, tiefgründig sein und sehr viele Menschen ganz grundlegend berühren kann“, so Nyong’o. „Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht eine ‚Black Panther‘-Referenz höre, und das ist ein bleibendes Vermächtnis.“

Vieles wäre zuvor nicht denkbar gewesen: etwa ein breit angelegter Actionfilm über die Agojie, eine legendäre Einheit westafrikanischer Kriegerinnen, wie der vor wenigen Wochen veröffentlichte „The Woman King“ von Gina Prince-Bythewood mit Oscar-Preisträgerin Viola Davis. Es sind übrigens die Agojie, auf denen die rein weibliche königliche Leibgarde Dora Milaje in „Black Panther“ beruht. Es gibt tatsächlich ein afroamerikanisches Kino vor „Black Panther“ und eines danach. „Wakanda Forever“ klingt dabei wie ein Versprechen nach mehr.