Auch wenn die Republikaner das Abgeordnetenhaus noch erobern werden, die erwartete „rote Welle“ blieb aus. Einige von Trumps Kandidaten scheiterten – und ausgerechnet sein innerparteilich stärkster Rivale, Floridas Gouverneur Ron DeSantis, fuhr einen überzeugenden Sieg ein. Ein republikanischer Infight ist damit programmiert.
Trump brachte sich bereits in Stellung für die nächste Präsidentschaftswahl in zwei Jahren. Am Vorabend der Wahlen versprach er seinen Anhängern für kommenden Dienstag eine „große Ankündigung“. Es wird die Bekanntgabe seiner Kandidatur für 2024 erwartet – sofern es sich nicht erneut um eine falsche Aussage Trumps handelt, um Aufmerksamkeit zu generieren.
Dämpfer für Trump
Ein republikanischer Erdrutschsieg, für viele der Kandidatinnen und Kandidaten rührte Trump die Werbetrommel, sollte dafür die Basis schaffen und ihm den nötigen Rückenwind verleihen. Trump protegierte zahlreiche Kandidaten, die wie er bis heute seine Niederlage bei der Wahl von 2020 leugnen. Doch seine Schützlinge schnitten höchst unterschiedlich ab.
Während der von ihm unterstützte Finanzmanager und Autor J. D. Vance das Rennen um einen Senatssitz in Ohio gewann, hatte der TV-Kardiologe Mehmet Oz in Pennsylvania das Nachsehen. Auch in anderen Bundesstaaten taten sich Trump-Kandidaten schwer.
DeSantis in den Startlöchern
Das Bild des Ex-Präsidenten als Zugpferd der Republikanischen Partei ist angekratzt. Während Trump einen spürbaren Dämpfer erhält, triumphiert der 44-jährige Gouverneur von Florida, DeSantis. Das könnte DeSantis darin bestärken, seinen Parteikollegen beim internen Rennen für die Präsidentschaftswahl 2024 herauszufordern. Der überzeugende Wahlsieg in einem der bei Präsidentschaftswahlen entscheidenden „Battleground-States“ – also mit wechselnder Mehrheit – ist jedenfalls eine klare innerparteiliche Referenz.
Vor seiner Wahl zum Gouverneur vor vier Jahren war DeSantis Abgeordneter im Repräsentantenhaus. Als er 2018 für das Amt in Florida in den Wahlkampf zog, galt er noch als Günstling des damaligen Präsidenten Trump. Der bezeichnete DeSantis zu der Zeit als „brillante junge Führungspersönlichkeit“. Inzwischen ist Trumps Euphorie verflogen.
Nun verspottete er den Mann aus Florida als „Ron DeSanctimoniuos“ („sanctimonious“ heißt auf Deutsch scheinheilig) und drohte, er werde Unangenehmes über ihn offenbaren, wenn dieser sich tatsächlich dafür entscheiden sollte, für die Wahl 2024 anzutreten.
ORF-Analyse: Erste Tendenzen bei Midterms
ORF-Korrespondent Christophe Kohl hat die Midterms in den USA in Washington verfolgt. Er spricht über erste Ergebnisse und sagt, wann mit einem Endergebnis zu rechnen ist.
Teil des rechten Flügels
DeSantis gehört wie Trump zum rechten Flügel der Republikanischen Partei. Bei seinen Wahlkampfauftritten spricht er über die „Indoktrinierung“ von Kindern und Jugendlichen an Amerikas Schulen durch die „Verbreitung der Gender-Ideologie“. Im März unterzeichnete er – selbst Vater dreier Kinder – ein Gesetz zum „Schutz der elterlichen Rechte auf die Erziehung“, das Unterricht über sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität im Kindergarten bis zur dritten Klasse verbietet.
Wiederkehrende Themen bei seinen Auftritten sind auch der Anstieg an Kriminalität durch illegale Einwanderer, für den er keine konkreten Belege nennt, sowie die Pandemiepolitik der US-Regierung, die er für komplett gescheitert hält.
Gleiche Linie, anderer Stil
DeSantis bietet ähnliche Hardliner-Positionen wie Trump. Aber er teilt nicht dessen Hang zu Skandalen, Kontrollverlust und Chaos, sondern gilt als disziplinierter und smarter als sein Parteikollege. Das macht ihn nach Einschätzung mancher Kritiker gefährlicher als Trump. DeSantis hat die Elite-Unis Yale und Harvard besucht. Ketzerisch wird der Jurist mitunter als „Trump mit Gehirn“ tituliert. Noch dazu war er bei der Navy – und im Irak im Einsatz. In den USA sind das keine unwichtigen Details.
Zuletzt hatte sich DeSantis in Florida als Kümmerer und Krisenmanager zu beweisen, als ein schwerer Hurrikan in dem südlichen US-Staat Verwüstungen anrichtete. Seine täglichen Auftritte absolvierte er da volksnah, sortiert, staatsmännisch – eher Trump-untypisch.
Für jene in der Partei und an der Basis, die genug haben von Trumps Eskapaden, aber einen Kandidaten mit Trump’schen Inhalten wollen, ist DeSantis eine echte Alternative. Ronald anstelle von Donald. Einer wie Trump, aber ohne dessen politischen und juristischen Ballast.
Trump: „Etwas enttäuschend“, aber „sehr großer Sieg“
Trump selbst bezeichnete die Ergebnisse der US-Zwischenwahlen als in „gewisser Weise etwas enttäuschend“ – sieht sie aber als einen persönlichen Erfolg. Die Mehrheit der Kandidatinnen und Kandidaten, die er unterstützt habe, hätte bei den Midterms gesiegt, schrieb er am Mittwoch auf der von ihm mitgegründeten Plattform Truth Social. Trump sei „wütend“, nachdem mindestens 14 von ihm unterstützte Kandidatinnen und Kandidaten verlieren werden, hieß es im Gegensatz dazu zuvor beim US-Sender ABC. „Besonders unglücklich“ sei Trump etwa über die Niederlage von Oz in Pennsylvania, da er den US-Bundesstaat erst drei Tage vor der Wahl selbst für einen Wahlkampfauftritt besuchte.