Berliner Uniklinik testet Long-Covid-Medikamente

Etwa zehn Prozent der Patienten mit einer leichten bis mittelschweren Covid-19-Erkrankung haben auch nach der akuten Phase mehr als vier Wochen Symptome wie Erschöpfung und Belastungsintoleranz. An der Berliner Universitätsklinik Charite sollen jetzt erstmals medikamentöse Therapien erprobt werden.

„Halten diese Symptome mehr als vier Wochen an, spricht man von Long Covid. Als Post-Covid-Syndrom (PCS) hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Symptome definiert, die das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen und mehr als drei Monate andauern. Am häufigsten sind junge, bis dahin gesunde Frauen betroffen“, schrieb die Charite.

Komplexe Erkrankung

Eine aktuelle Studie der Klinik habe gezeigt, dass ein Teil der PCS-Patienten an ME/CFS (myalgische Enzephalomyelitis/chronisches Fatigue Syndrom) – eine komplexe Erkrankung mit unterschiedlich ausgeprägten körperlichen und geistigen Symptomen, darunter Schwäche und Erschöpfung (Fatigue), Belastungsintoleranz, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen sowie Muskel- und Kopfschmerzen – leidet.

ME/CFS wird in vielen Fällen durch eine Infektionskrankheit ausgelöst. Bereits vor der Coronavirus-Pandemie litten in Deutschland allein schätzungsweise 250.000 Menschen an solchen Gesundheitsproblemen.

Klinische Studie läuft an

„Bisher wissen wir leider noch zu wenig über die genauen Krankheitsmechanismen von ME/CFS und dem Post-Covid-Syndrom. Deshalb existieren auch keine gezielten medizinischen Behandlungen. Entsprechend sind viele Betroffene fortwährend krank und nicht mehr in der Lage, ihren Beruf auszuüben oder ihre Familie zu versorgen. Die Schwerstkranken sind bettlägerig“, sagte dazu die Leiterin des Programms, Carmen Scheibenbogen, kommissarische Direktorin des Instituts für Medizinische Immunologie der Berliner Uniklinik.

Die Studiengruppe wird zunächst drei Gruppen von Medikamenten untersuchen. Sie richten sich gegen Entzündungen, Durchblutungsstörungen und Autoantikörper – das sind Antikörper, die bestimmte körpereigene Proteine angreifen. Außerdem werden alle klinischen Studien von einem umfassenden Biomarker- und Diagnostikprogramm begleitet, denn bisher gibt es noch keine spezifischen diagnostischen Tests für ME/CFS oder PCS.