Früherer US-Präsident Donald Trump
AP/Andrew Harnik
Midterms

Wahlergebnis bremst Trump aus

Nachdem sich die Hoffnungen der Republikaner auf einen deutlichen Wahlsieg bei den US-Midterms am Dienstag zerschlagen haben, werden in den eigenen Reihen zunehmend Stimmen laut, die dafür Donald Trump die Schuld geben. Das schwächt den Ex-Präsidenten just zu einem Zeitpunkt, an dem er offenbar eine erneute Kandidatur verkünden will. Trump hat für kommenden Dienstag eine „große Ankündigung“ versprochen – die Frage, ob diese stattfinden soll, sorgt jedoch für Diskussionen in den eigenen Reihen.

Obwohl das endgültige Ergebnis der US-Kongresswahlen weiter auf sich warten lässt, ist bereits klar: Die „rote Welle“, die sich die Republikaner erhofft hatten, blieb weitgehend aus. Im Repräsentantenhaus fehlten den Republikanern nach Berechnungen der Wahlexperten von Edison Research noch sieben Mandate, um die erforderliche Mehrheit von 218 Sitzen zu erreichen. Die Demokraten hatten 197 Sitze sicher, 27 Mandate waren noch nicht vergeben, darunter eine Reihe von hart umkämpften Rennen.

Der Ausgang der Wahl ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil die US-Wähler die Midterms häufig nutzen, um der Partei des jeweiligen Präsidenten einen Denkzettel zu verpassen. Der amtierende US-Präsident Biden hat außerdem schlechte Umfragewerte, unter anderem wegen der hohen Inflation im Land. Viele Republikaner werfen Trump nun vor, der Partei mit seinem Eingreifen in den Wahlkampf und der Auswahl umstrittener Kandidaten geschadet zu haben.

Grafik zu US-Kongresswahlen 2022
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: ABC News

Trump plant „große Ankündigung“ am Dienstag

Der Ex-Präsident stand während der US-Zwischenwahlen zwar nicht selbst zur Wahl, hatte sich aber oft eingeschaltet und Kandidaten protegiert, die wie er bis heute Bidens Sieg bei der Präsidentschaftswahl 2020 nicht anerkennen und nach dem Abstimmungsmarathon am Dienstag auf der Verliererseite standen.

Trump hatte wohl ursprünglich geplant, die prognostizierte Erfolgswelle für die Republikaner für die Ankündigung seiner eigenen Präsidentschaftskandidatur 2024 zu nutzen, und für kommenden Dienstag eine „große Ankündigung“ versprochen. Angesichts des Wahlverlaufs werde aber bereits spekuliert, ob er diesen Auftritt kurzfristig verschieben könnte, so der „Guardian“.

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump
Reuters/Ricardo Arduengo
Trump liebäugelt seit langer Zeit mit einer Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2024

Hinter den Kulissen seines Wohnsitzes in Mar-a-Lago in Florida zeige er sich aber bereits besorgt über sein Ansehen nach den enttäuschenden Ergebnissen bei den Zwischenwahlen und bleibe unentschlossen, wie es weitergehen soll, wobei erste Einladungen für die Veranstaltung „Special Announcement“ bereits verschickt wurden.

Berichte: Trumps Unterstützer gespalten

Einige von Trumps hochrangigen Mitarbeitern hätten ihn nachdrücklich gedrängt, seine Kampagne für das Weiße Haus wie geplant am Dienstag anzukündigen, zitiert der „Guardian“ anonyme Quellen. Die Zahl an Beratern, die ihn dazu drängen würden, bis zur Stichwahl im Senat zu warten und dann zu entscheiden, wie er seine Kandidatur ankündigen wird, nehme jedoch zu.

Die Gruppe, die auf einen Aufschub drängt, scheint zu befürchten, dass Trump die Senatswahlen für die Republikaner negativ beeinflussen könnte – so wie er es nach allgemeiner Auffassung im Jahr 2020 getan hat, als er sich auf seine eigenen Beschwerden über die Wahl 2020 konzentrierte, anstatt den republikanischen Kandidaten zu helfen, so der Vorwurf.

Dass von Trump unterstützte Kandidaten wie Mehmet Oz in Pennsylvania, Herschel Walker in Georgia und Don Bolduc in New Hampshire im Rennen um Senatssitze keine Erfolge vorweisen konnten, führt das „Wall Street Journal“ („WSJ“) auch auf das Verhalten des Ex-Präsidenten zurück. Anstatt Kundgebungen zu veranstalten, die den Demokraten in die Hände spielten, hätte er in den letzten Wochen des Wahlkampfs ruhig bleiben und die Kandidaten finanziell unterstützen sollen, so das „WSJ“.

Republikaner distanzieren sich

Auch der republikanische Senator für Pennsylvania, Pat Toomey, kritisierte Trumps Einfluss auf die Auswahl von Kandidaten für die Zwischenwahlen. Paul Ryan, der frühere Vorsitzende des Repräsentantenhauses, bezeichnete Trump als eine „Belastung“, die die Chancen der Partei bei den Präsidentschaftswahlen 2024 verschlechtere. „Wir wollen das Weiße Haus gewinnen und wir wissen, dass wir mit Trump viel wahrscheinlicher verlieren werden.“

Donald Trump und Melania Trump
AP/Andrew Harnik
Für Dienstag hat Trump eine „sehr große Ankündigung“ in Aussicht gestellt

„Die Republikaner sind Donald Trump an den Rand einer Klippe gefolgt“, sagte David Urban, ein langjähriger Trump-Berater mit Verbindungen nach Pennsylvania, gegenüber der „New York Times“ („NYT“). „Ich bin der festen Überzeugung, dass er nicht länger das Gesicht der Republikanischen Partei sein sollte“, zitiert die „NYT“ den ehemaligen Abgeordneten Peter King. Die Partei könne nicht „zu einem Personenkult werden“, so der einstige Trump-Unterstützer.

Weiter Spannung bei US-Midterms

Das Ergebnis der Zwischenwahlen in den USA rückt täglich näher. Noch ist offen, ob die Demokraten die Mehrheit im Senat behalten. Dafür brauchten sie noch eine einzige Stimme.

Und sogar Trumps ehemaliger Lieblingssender Fox News fand harsche Worte für den 76-Jährigen. Der prominente Fox-Moderator Tucker Carlson machte zwar das republikanische Establishment für den Wahlausgang verantwortlich, sagte aber auch, Trump sei politisch immer ein „zweischneidiges Schwert“ gewesen. „Der größte Gewinner der Midterms war ohne Zweifel Gouverneur (Ron, Anm.) DeSantis, dessen Erdrutschsieg im Bundesstaat Florida atemberaubend war“, schrieb Fox-News-Kolumnistin Liz Peek. „Der größte Verlierer? Donald Trump.“

DeSantis als größter innerparteilicher Kontrahent

DeSantis gilt bereits länger als einer der schärfsten innerparteilichen Kontrahenten Trumps – und ging gestärkt aus den Wahlen hervor. Der Republikaner feierte seine Wiederwahl als Gouverneur von Florida mit einem Vorsprung von fast 20 Prozentpunkten. DeSantis gilt damit noch mehr als zuvor als aussichtsreicher Anwärter auf die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner in zwei Jahren – zum Leidwesen von Trump, der ihn bereits vor der Wahl zum Gouverneur von Florida angriff.

Ron DeSantis und seine Frau Casey
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Im konservativen Lager wenden sich nach den Midterms viele von Trump ab und setzen auf DeSantis

Er warnte ihn vor einer Kandidatur für das Amt des Präsidenten im Jahr 2024 und drohte ihm, er werde schädliche Informationen über sein Privatleben veröffentlichen. In einer wütenden und weitschweifigen Erklärung am Donnerstagabend wetterte Trump gegen DeSantis: „Die ‚Fake News‘ fragen ihn, ob er kandidieren wird, wenn Präsident Trump kandidiert, und er sagt: ‚Ich konzentriere mich nur auf das Gouverneursrennen, ich schaue nicht in die Zukunft.‘ Nun, in Bezug auf Loyalität und Klasse ist das wirklich nicht die richtige Antwort.“

DeSantis’ klarer Sieg eröffne eine Zukunft, in der die Republikanische Partei bei einer Präsidentschaftswahl tatsächlich die Mehrheit der Wählerstimmen gewinnen könnte – etwas, das seit George W. Bush im Jahr 2004 nicht mehr vorgekommen sei, so das Fazit des US-Senders CNN. Ambitionen auf die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner werden unter anderem auch Trumps damaligem Vizepräsidenten Mike Pence nachgesagt, der auf Distanz zu seinem früheren Chef gegangen ist.