Abgeholzter Regenwald in Nova Xavantina im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso
Reuters/Amanda Perobelli
Amazonaswald

Abholzung erreicht Extremwert

Die Abholzung im brasilianischen Amazonsgebiet schreitet in einem Rekordtempo voran. Allein im Oktober wurden rund 904 Quadratkilometer Regenwald zerstört, wie das Nationale Institut für Weltraumforschung (INPE) unter Berufung auf vorläufige Zahlen mitteilte. Damit erreichte die Abholzung einen weiteren Extremwert.

In den ersten zehn Monaten dieses Jahres wurden insgesamt 9.494 Quadratkilometer Wald vernichtet. Der Rekordwert des gesamten Vorjahres wurde somit schon jetzt übertroffen: 2021 waren 9.178 Quadratkilometer Regenwald zerstört worden waren. Das brasilianische Nachrichtenportal G1 berichtete auf Basis der Zahlen, dass der aktuelle Wert im Oktober der höchste seit 2015 war.

Laut dem Satellitenbeobachtungssystem Deter, das seit 2015 eingesetzt wird, vergrößerte sich die entwaldete Fläche im größten tropischen Regenwald der Welt im Vergleich zum Oktober 2021 um weitere drei Prozent.

Wichtiger CO2-Speicher wird zerstört

Das brasilianische Amazonasgebiet, das als wichtiger CO2-Speicher gilt, erstreckt sich über neun brasilianische Bundesstaaten und entspricht flächenmäßig der Größe Westeuropas. Der Regenwald erstreckt sich über neun Länder und ist einer der wenigen verbliebenen Urwälder der Welt. Er beherbergt mehr Pflanzen- und Tierarten als jeder andere Ort der Erde und ist das Zuhause vieler indigener Völker, unter ihnen Stämme, die noch nie Kontakt zur Außenwelt hatten.

Gelagerte Baumstämme  eines abgeholzten Regenwalds in Humaita (Brasilien)
APA/AFP/Michael Dantas
Die Abholzung in Brasilien hat unter Bolsonaro neue Ausmaße angenommen

„Der Schutz des Amazonasgebiets ist entscheidend im Kampf gegen die Klimakrise“, sagte Andre Freitas von Greenpeace Brasilien. „Ohne intakten Regenwald ist das Weltklima bedroht.“ Die brasilianische Niederlassung der Umweltorganisation WWF erklärte, die Abholzung im Amazonasgebiet sei seit der Bekanntgabe des Ergebnisses der Präsidentschaftswahl „explodiert“.

Am 30. Oktober war der Rechtsextremist Jair Bolsonaro, dem Umweltschützer die Zerstörung des brasilianischen Amazonas-Regenwaldes vorwerfen, knapp vom linksgerichteten Kandidaten Luiz Inacio Lula da Silva geschlagen worden. Die Zunahme der Entwaldung sei erwartet worden, aber die ersten November-Zahlen seien „erschreckend“, es sei ein „ungezügelter Wettlauf der Verwüstung“, erklärte der WWF.

Maßnahmen gefordert

Umwelt- und Klimaschutzorganisationen hoffen, dass die Rate unter der künftigen Regierung von Luiz Inacio Lula da Silva sinken wird. Lula galt in seiner früheren Amtszeit von Anfang 2003 bis Ende 2010 zwar nicht als Grüner, hat jetzt allerdings versprochen, den Umwelt- und Klimaschutz künftig zu stärken.

„Die neue Regierung steht vor einer großen Herausforderung. Aber wenn Brasilien wieder eine Führungsrolle in der globalen Klimadebatte übernehmen will, muss es dringend Maßnahmen ergreifen“, sagte Freitas. Lula von der linken Arbeiterpartei kündigte für kommende Woche seine Teilnahme am Weltklimagipfel in Ägypten an.

Luiz Inacio Lula da Silva und Jair Bolsonaro
AP/Marcelo Chello
Unter Lula (li.) erwarten sich viele Menschen eine grünere Politik

Auch eine Delegation brasilianischer Indigener nimmt bereits an dem Gipfel teil. „Wir wollen auf unsere Situation aufmerksam machen und das Gespräch suchen, um Hoffnung auf das Morgen zu haben“, sagte der junge indigene Aktivist Janio Kaiowa.

Der Studie „Amazon Against the Clock“ zufolge befindet sich das gesamte Amazonasgebiet in einer „Kipppunktkrise“. So hätten die Abholzung und die starke Schädigung der Wälder zusammen bereits 26 Prozent der Region erreicht. Um die verbleibenden 74 Prozent zu schützen, seien jedoch dringend Maßnahmen notwendig.