London: Cherson-Rückzug Imageschaden für Moskau

Die Rückeroberung der südukrainischen Großstadt Cherson durch ukrainische Truppen bedeutet nach britischer Einschätzung einen erheblichen Imageschaden für Russland. „Der Rückzug ist eine öffentliche Anerkennung der Schwierigkeiten, mit denen die russischen Streitkräfte am Westufer des Flusses Dnipro konfrontiert sind“, kommentierte das Verteidigungsministerium in London heute.

Ressortchef Ben Wallace sprach von „einem weiteren strategischen Versagen“. Die russische Einnahme von Cherson zu Kriegsbeginn sei das einzige Mal gewesen, dass Russland ein wichtiges Ziel erreicht habe. Wenn die Stadt nun wieder aufgegeben werde, würden sich die Menschen in Russland mehr und mehr die Frage stellen, wozu der Krieg gut sei.

London: Rückzug schon früher

Die Ukraine habe große Teile des Gebiets Cherson am Westufer des Dnipro eingenommen und kontrolliere mittlerweile weitestgehend die gleichnamige Stadt, teilte die Behörde unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit.

Das Ministerium bezweifelte, dass Russland das Gebiet mit Truppen und Material in kürzester Zeit evakuiert hat. Es sei vielmehr wahrscheinlich, dass der Rückzug bereits am 22. Oktober eingeleitet worden sei, als die russische Besatzungsverwaltung die Zivilbevölkerung aufforderte, die Stadt zu verlassen.

Vermutlich habe Russland seitdem militärische Ausrüstung sowie Streitkräfte in Zivilkleidung gemeinsam mit 80.000 Zivilisten und Zivilistinnen aus der Stadt gebracht.

Seit Februar öffentliche Informationen aus London

Das britische Ministerium teilte weiter mit, dass Russland weiterhin versuche, Einheiten aus anderen Teilen des Gebiets Cherson über den Dnipro in Verteidigungsstellungen zu evakuieren. „Russische Streitkräfte haben im Rahmen dieses Prozesses höchstwahrscheinlich Straßen- und Bahnbrücken über den Dnipro zerstört“, hieß es in London.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.