Start der chinesischen Rakete „Langer Marsch 7-Y6“ vom Raumfahrtbahnhof Wenchang
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Flug zum „Himmelspalast“

China macht weiteren wichtigen Schritt ins All

China verfolgt mit seiner Raumstation „Tiangong“ sehr ehrgeizige Pläne. Schon bald soll für das Pendant zur Internationalen Raumstation (ISS) ein historischer Schritt erfolgen: der erste Personalwechsel im All. Am Samstag startete zur Vorbereitung ein Raumschiff in Richtung „Himmelspalast“. Hochbetrieb herrscht auch auf dem US-Weltraumbahnhof Cape Canaveral. Von dort aus geht es in Kürze in Richtung Mond.

In China hob am Samstag das unbemannte Transportraumschiff „Tianzhou 5“ (himmlisches Schiff) mit einer Trägerrakete der Bauart Langer Marsch 7-Y6 vom Raumfahrtbahnhof Wenchang auf der südchinesischen Insel Hainan aus ab. Der Flug soll den ersten Besatzungswechsel auf der Raumstation, deren Bau im Vorjahr begonnen hatte und die seit Juni in Betrieb ist, vorbereiten. Der „Himmelspalast“ umkreist die Erde in einer Höhe zwischen 340 und 420 Kilometern.

Nach dem Start des Cargo-Raumschiffs sollen möglicherweise schon bis Ende des Monats drei weitere Astronauten – auf Chinesisch: Taikonauten – folgen und zusammen mit ihren Kollegen Chen Dong, Liu Yang und Cai Xuzhe in der erst kürzlich fertiggestellten Raumstation leben. Die jetzige Crew soll dann im Dezember zur Erde zurückkehren. Die neue Besatzung, die mit „Shenzhou 15“ („Magisches Schiff“) starten soll, wird laut Plan rund sechs Monate in der Raumstation bleiben.

Nach nur zwei Stunden erfolgreich angekoppelt

Nur eine Viertelstunde nach dem Start berichtete Deng Hongqin, Direktor des Raumfahrtzentrums, „Tianzhou 5“ habe wie geplant die Umlaufbahn erreicht. Alle Systeme arbeiteten normal. Der Start sei „ein Erfolg“ gewesen. Das 13 Tonnen schwere Frachtraumschiff transportiert sechs Tonnen Material und Versorgungsgüter. Es koppelte zwei Stunden nach dem Start erfolgreich an die Raumstation an, wie das Raumfahrtprogramm berichtete.

Eine Simulation zeigt das Andocken des Tianzhou-4-Raumschiffs an das Raummodul „Tianhe“
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Simulation eines Andockmanövers an den „Himmelspalast“

Der Flug findet erst zwölf Tage nach dem Start des letzten Moduls „Mengtian“ („Himmelstraum“) statt, das erfolgreich an die jetzt T-förmige Raumstation montiert wurde. Es ist die zwölfte Mission zum Bau und zur Versorgung der Raumstation. China will den „Himmelspalast“ rund zehn Jahre lang betreiben.

Nach der ISS: Bald der einzige Außenposten im All?

Wenn die ISS wie geplant in den nächsten Jahren ihren Betrieb einstellen wird, wäre China damit die einzige Nation, die einen ständigen Außenposten im All betreibt. Mit dem „Himmelspalast“ schließt China weiter zu den großen Raumfahrernationen USA und Russland auf. Für ihre ambitionierten Ziele hat die Volksrepublik Milliardensummen in das Raumfahrtprogramm, das vom Militär bzw. der Nationalen Raumfahrtbehörde Chinas (CNSA) geleitet wird, investiert. Bereits heute betreibt China erfolgreich einen Rover auf dem Mars. Das Land hat Gestein vom Mond geholt und als erste Nation ein Raumschiff auf der erdabgewandten Seite des Erdtrabanten gelandet.

Crew der chinesischen Raumstation „Tiangong“
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Bisher befinden sich drei Taikonauten auf der chinesischen Raumstation

Außer der Raumstation verfolgt China weitere ehrgeizige Ziele im All. Bis 2025 soll dafür möglicherweise ein wiederverwendbares Raumschiff zum Einsatz kommen. In den nächsten fünf Jahren sollen Gesteinsproben von den Polarregionen des Mondes zur Erde geholt werden. Außerdem wird mit Russland an Plänen für eine Forschungsstation auf dem Mond gearbeitet.

Volksrepublik hat äußerst ambitionierte Pläne

Geplant ist unter anderem die Landung auf einem erdnahen Asteroiden. China will auch Proben vom Mars zur Erde bringen, was 2028 erfolgen könnte. Eine Mission zur Erkundung des Jupiters könnte 2029 folgen. China hat mit „Beidou“ außerdem ein eigenes Navigationssatellitensystem aufgebaut. Zu den Vorhaben um die Raumstation gehört auch ein „Xuntian“ genanntes Raumteleskop, das dem US-amerikanischen Hubble-Teleskop ähneln soll. Es soll regelmäßig an den „Himmelspalast“ andocken, um Treibstoff aufzuladen und gewartet zu werden. 2024 könnte es startbereit sein.

chinesischen Rakete „Langer Marsch 7-Y6“
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China will sehr hoch hinaus – auch bis zum Mars und Jupiter

Auch die NASA will wieder mitmischen

Etwas weniger Ambitionen zeigte die US-Weltraumbehörde (NASA) in den letzten Jahren nach dem Auslaufen des „Shuttle“-Programms, eingestellt 2011 und seither bei Flügen zur ISS (betrieben gemeinsam mit der europäischen Weltraumagentur, ESA) abhängig von russischen Transportraumschiffen und dem privaten US-Raumfahrtunternehmen Space. Nun will aber auch sie nach langer Zeit wieder eine Rakete mit einer unbemannten „Orion“-Raumkapsel zum Mond schicken, und zwar schon am Mittwoch.

NASA-Vertreter Jim Free hatte erst am Freitag erklärt, es gebe „nichts“, was von einem Start am 16. November abhalten würde. Die Startrampe in Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida sei am Donnerstag untersucht worden, nachdem Hurrikan „Nicole“ zuvor über die Region gezogen war. Der Sturm erreichte laut Free keine Windstärken, die der Rakete hätten schaden können. Bei ersten Kamerainspektionen seien nur geringfügige Schäden wie etwa lose Dichtungen und Risse im Wetterschutz entdeckt worden, hatte die US-Raumfahrtbehörde bereits am Donnerstag mitgeteilt. Wegen des heranziehenden Sturms hatte die NASA bereits am Dienstag den geplanten Start ihrer neuen Mondrakete verschoben. Der Start der Mondrakete soll nun am Mittwoch um 1.04 Uhr Ortszeit (7.04 Uhr MEZ) stattfinden, mit einem Startfenster von zwei Stunden.