Menschenrechtskonvention: Grüne widersprechen Wöginger

Die Aussage von ÖVP-Klubchef August Wöginger, wonach die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) „überarbeitet gehört“, hat für Kritik beim Koalitionspartner gesorgt. Bei der Menschenrechtskonvention gebe es „keinerlei Änderungsbedarf“, hieß es gestern vonseiten der Grünen auf ORF.at-Anfrage.

Wöginger hatte in einem Interview mit dem „Standard“ gesagt, dass nicht nur das europäische Asylrecht überarbeitet werden müsse, sondern auch die EMRK. „Auch die Menschenrechtskonvention gehört überarbeitet. Wir haben mittlerweile eine andere Situation, als es vor ein paar Jahrzehnten der Fall war, als diese Gesetze geschrieben wurden“, sagte der ranghohe Politiker der Volkspartei.

Grüne: „Populistische Ablenkungsmanöver“

Die Grünen hielten gegenüber ORF.at fest, dass die Menschenrechtskonvention „eine großartige Errungenschaft der europäischen Staatengemeinschaft“ sei und „die Einhaltung der Menschenrechte“ sichere. „Die ÖVP ist aufgerufen, sich an der tatsächlichen Lösung der Probleme zu beteiligen, anstatt populistische Ablenkungsmanöver zu starten und die Menschenrechte infrage zu stellen.“

Auf Twitter schrieb der Sicherheitssprecher der Grünen, Georg Bürstmayr, ohne Wöginger namentlich zu nennen, dass die EMRK bereits erweitert worden sei und sie bis heute notwendig sei. „Noch vor allem anderen schützt sie Leben und Würde des Menschen an sich. Und die ist nicht verhandelbar.“

Welche Passagen in der EMRK für Wöginger nicht mehr zeitgemäß sind, kommt aus dem Interview nicht hervor. Der ÖVP-Klubchef kritisiert aber die Europäische Union in Sachen Asylpolitik scharf. Die EU habe „sieben Jahre lang verschlafen, tragfähige Lösungen zum Schutz der Außengrenzen auf den Tisch zu legen. Das ist ein Aufruf in Richtung Europa, in die Gänge zu kommen.“

Für FPÖ „fünf nach zwölf“

„Es ist die ÖVP mit ihrem Innenminister Karner, die bei der Bekämpfung der illegalen Migration total versagt und Österreich damit von einer Migrationswelle überrollen lässt, deren Ausmaß noch dramatischer als im Katastrophenjahr 2015 ist“, so FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz.

Mit der Überarbeitung der EMRK übernehme Wöginger einen Ansatz der FPÖ, für den (Bundesparteichef, Anm.) Herbert Kickl in seiner Zeit als Innenminister skandalisiert worden sei. Die Konvention, so Schnedlitz, stamme „noch aus Zeiten, in denen eine neue Völkerwanderung undenkbar war“ und sollte „daher an die heutige Zeit angepasst“ werden. Es sei schon längst „fünf nach zwölf“.

In Österreich im Verfassungsrang

Die EMRK wurde am 4. November 1950 unterzeichnet und ist im September 1953 in Kraft getreten. Österreich ist ihr 1958 beigetreten, 1964 wurde sie rückwirkend mit dem Beitrittsdatum in den Verfassungsrang erhoben.

Ziel der EMRK war es, die in der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ der Vereinten Nationen von 1948 zwar verbrieften, aber aufgrund der globalen Verwerfungen des Kalten Krieges nicht verbindlich durchsetzbaren Grund- und Freiheitsrechte für (West-)Europa zu genau solchen zu machen.

Sie entspricht folglich inhaltlich weitgehend den bürgerlichen und politischen Rechten, wie sie in der UNO-Menschenrechtserklärung festgelegt sind und sieht eine Reihe von Grundrechten und -freiheiten vor, darunter Recht auf Leben, Verbot von Folter, Sklaverei und Zwangsarbeit, Recht auf Freiheit und Sicherheit, Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit und Verbot der Diskriminierung.