Aufruf zu Großdemonstrationen im Iran

Aktivistinnen und Aktivisten im Iran haben zu einer Großdemonstration am Dienstag aufgerufen, die den dritten Jahrestag der brutalen Niederschlagung von Protesten im Jahr 2019 markieren soll. „Lasst uns am 15. November zusammenkommen und eine der Teheraner Autobahnen erobern. Die Straßen gehören uns“, hieß es in einem Aufruf anonymer Aktivisten, den die Frauenrechtlerin Negin Schiraghaei gestern auf Twitter veröffentlichte.

Ähnliche Aufrufe wurden anonym unter anderem in den Städten Ahwas, Babol, Isfahan, Maschhad und Tabris veröffentlicht. „Wir werden in Schulen, Universitäten und auf Märkten starten, uns in den Stadtvierteln versammeln und dann in die Stadtzentren marschieren“, erklärten die Aktivisten laut dem in London ansässigen Fernsehsender Iran International.

Viele Tote bei Protestewelle 2019

Die Protestwelle von 2019, die als „Blutiger November“ bekannt ist, wurde durch eine überraschende Erhöhung der Spritpreise um bis zu 200 Prozent über Nacht ausgelöst. Bei den darauffolgenden tagelangen Unruhen wurden Polizeidienststellen angegriffen, Geschäfte geplündert sowie Banken und Tankstellen in Brand gesetzt. Die Behörden verhängten eine einwöchige Internetsperre.

Nach Angaben von Amnesty International wurden bei den Unruhen, die sich rasch auf mehr als 100 Städte im Iran ausweiteten, mindestens 304 Menschen getötet. Einem von mehreren Menschenrechtsgruppen in London einberufenen Tribunal zufolge könnte die tatsächliche Zahl der Todesopfer sogar bei 1515 liegen.

Elf Demonstranten droht Todesstrafe

Die iranische Justiz beginnt indes mit der Umsetzung der angedrohten drakonischen Strafen für Demonstrierende. Zehn Männer und eine Frau seien wegen der Tötung eines Mitglieds der Basidsch-Milizen während einer Kundgebung am 3. November bei Teheran angeklagt worden, meldete die Nachrichtenagentur IRNA. Ihnen drohe die Todesstrafe.

Aus Paris hieß es, zwei weitere Franzosen seien im Iran inhaftiert worden. Mittlerweile sitzen sieben Franzosen im Iran im Gefängnis. Das teilte Außenministerin Catherine Colonna am Samstag der Zeitung „Le Parisien“ mit. „Wir waren wegen zweier weiterer Landsleute beunruhigt, und nach den letzten Überprüfungen wurde festgestellt, dass sie ebenfalls inhaftiert sind“, sagte sie. Sie sei empört über die „Geiseldiplomatie“ des Iran. Frankreich werde alles daran setzen, seine Landsleute freizubekommen.