Flordelis dos Santos de Souza
APA/AFP/Brazilian Chamber Of Deputies/Cleia Viana
Mord in Brasilien

Lange Haftstrafen für Pastorin und ihre Kinder

In Brasilien ist die Ex-Abgeordnete und evangelikale Pastorin Flordelis dos Santos wegen der Anstiftung ihrer erwachsenen Kinder zum Mord an ihrem Ehemann verurteilt worden. Wie brasilianische Medien am Sonntag berichteten, muss die Politikerin für 50 Jahre und 28 Tage ins Gefängnis. Auch ihre Kinder wurden zu Haftstrafen verurteilt.

Eine Tochter der 61-Jährigen erhielt 31 Jahre und vier Monate Gefängnis, ein Sohn 33 Jahre Haft. Er war zuvor für schuldig befunden worden, seinen Stiefvater erschossen zu haben. Mehrere Adoptivkinder der früheren Politikerin hatten kürzere Haftstrafen bekommen. Eine Enkelin und zwei Adoptivkinder wurden freigesprochen.

Der Fall um den Mord im Juni 2019 hatte in Brasilien für viel Aufsehen gesorgt. Die damalige Parlamentsabgeordnete war in den 1990er Jahren durch die Adoption Dutzender Straßenkinder, die ein Massaker überlebt hatten, bekannt geworden.

Insgesamt hat sie mehr als 50 leibliche und adoptierte Kinder. Das Opfer, der 42-jährige Pastor Anderson do Carmo, war laut Medienberichten zunächst als Jugendlicher von seiner späteren Ehefrau als Sohn aufgenommen worden.

Die brasilianische Parlamentsabgeordnete Flordelis dos Santos de Souza
APA/AFP/Michel Jesus
2018 wurde dos Santos für die konservative Sozialdemokratische Partei (PSD) in den Kongress gewählt

Mit rund 30 Schüssen getötet

Er wurde mit rund 30 Schüssen in der Garage des gemeinsamen Zuhauses in Rios Schwesterstadt Niteroi getötet. Dos Santos habe versucht, es so aussehen zu lassen, als sei ihr Mann einem misslungenen Einbruch zum Opfer gefallen, sagten die Ermittler und Ermittlerinnen damals. Sie warfen der Pastorin und Politikerin zudem vor, „dass ihr ganzes Bild von Altruismus und Moral nur ein Mittel war, um eine finanzielle und politische Position zu erreichen“.

Nach Medienberichten gingen dem Mord mehrere Versuche voraus, do Carmo zu vergiften – deshalb wurde Flordelis unter anderem auch des versuchten Mordes schuldig gesprochen. Als mögliches Motiv galt laut Ermittlern ein Streit um Geld und die Macht über die gemeinsam gegründete evangelikale Kirchengemeinde, Ministerio Flordelis.

Rocinha Vavela in Rio de Janeiro
Reuters/Bruno Kelly
Dos Santos, die selbst in einer Favela in Rio geboren wurde, adoptierte 50 Straßenkinder – einigen davon soll sie den Mordauftrag erteilt haben

Dos Santos: Mann hat uns misshandelt

Die Verteidigung kündigte laut Berichten unter anderem der Nachrichtenportale G1 und UOL an, in Berufung zu gehen. Flordelis, auch als Gospelsängerin bekannt, hatte eine Beteiligung an dem Mord von sich gewiesen und in dem Schwurgerichtsverfahren den Berichten zufolge ausgesagt, ihr Mann habe sie und andere misshandelt. Sie habe ihre Kinder vor dem Prediger schützen wollen.

Der Richter wies diese Argumente zurück und erklärte, sie sei die geistige Urheberin des Verbrechens. Dos Santos habe den Mord in Auftrag gegeben, „weil das Opfer eine strenge Kontrolle über die Familienfinanzen ausübte und Konflikte rigide verwaltete, indem es sich weigerte, den engsten Freunden der Angeklagten Vorteile zu gewähren“.

Die heute 61-jährige dos Santos ist in Jacarezinho, einer weitläufigen Favela in Rio, geboren und aufgewachsen. Dort begann sie in den 1990er Jahren ihre Gesangskarriere und lernte den 16 Jahre jüngeren Do Carmo kennen, als er noch im Teenageralter war. Zusammen gründeten sie die evangelikale Kirchengemeinde. Durch ihre Bekanntheit gewann dos Santos bei der Wahl 2018 einen Kongressitz. Im Juni 2021 wurde ihre parlamentarische Immunität aufgehoben und der Weg für einen Prozess geebnet.