Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadic (Grüne)
APA/Helmut Fohringer
NS-Memorabilien und mehr

Verbotsgesetz soll verschärft werden

Justiz- und Verfassungsministerium haben zusammen mit Fachleuten Verschärfungen für das NS-Verbotsgesetz erarbeitet, der entsprechende Bericht soll am Mittwoch dem Ministerrat vorgelegt werden. Die geplanten Neuerungen umfassen die inländische Gerichtsbarkeit bei Taten im Ausland, so soll etwa auf einschlägige Postings im Netz reagiert werden können. Auch bei NS-Erinnerungsstücken soll nachgeschärft werden.

Das österreichische Verbotsgesetz stammt aus dem Jahr 1947, als Facebook, Twitter und Telegram freilich nicht absehbar waren. Dort aber findet inzwischen ein Gutteil von Verstößen gegen das Verbotsgesetz statt. Zudem habe sich auch die Szene verändert, sagte am Montag Justizministerin Alma Zadic (Grüne). Sie verwies dabei auf die CoV-Demos der vergangenen beiden Jahre, wo mitunter stilisierte gelbe Sterne mit der Aufschrift „ungeimpft“ zu sehen waren.

Um den Entwicklungen Rechnung zu tragen, brauche es Nachschärfungen im Gesetz, so Zadic, die gemeinsam mit Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) entsprechende Vorschläge präsentierte. Sie fußen auf einem Arbeitsgruppenbericht, an dem unter anderem das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW), die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) Wien und das Mauthausen Komitee beteiligt waren.

Abnahme von Memorabilien

Die geplante Reform erfasse mehrere Punkte: Zunächst wolle man es möglich machen, auf entsprechende Handlungen im Ausland, die auf Österreich abzielten, zu reagieren. Würde etwa ein nach dem Verbotsgesetz strafbares Posting mit Österreich-Bezug in Spanien verfasst, solle auch die heimische Gerichtsbarkeit tätig werden können, so die Ministerinnen.

Weiters sollen künftig auch NS-Memorabilien per se erfasst werden. Bisher konnte der Besitz allein nicht zur Abnahme führen, sondern nur dann, wenn nachweislich Wiederbetätigung vorlag. So gebe es etwa keine Handhabe, wenn jemand einen SS-Ehrenring nicht hergeben wolle, erläuterte Zadic. Nun werde man z. B. diesen auch ohne Strafverfahren aus dem Verkehr ziehen können.

Justizministerin Alma Zadic (Grüne)

Zadic will den Bericht dem Ministerrat präsentieren.

Zudem soll künftig bei einer Verurteilung nach dem Verbotsgesetz automatisch der Jobverlust im öffentlichen Dienst erfolgen. Für Aufsehen gesorgt hatte jüngst ein Mitglied des Bundesheers, das sein Amt nicht verlor, obwohl es in einer SS-Uniform posierte. Gemäß den nunmehrigen Plänen wird eine Verurteilung nach dem Verbotsgesetz automatisch zu einem Amtsverlust führen.

Diversion für junge Nichtvorbelastete

Bei der im Gesetz beschriebenen „gröblichen Verharmlosung“ werde außerdem das „gröblich“ gestrichen. Es solle jede Verharmlosung verfolgbar werden, so Zadic. „Devotionalien gehören ins Museum oder vernichtet“, sagte Edtstadler. Die Verfassungsministerin schlug auch vor, bei jüngeren Menschen ohne einschlägige Vorbestrafung eine Diversion zu ermöglichen. Eventuell ergebe es in manchen Fällen Sinn, Gespräche mit Zeitzeugen oder einen Besuch im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen zu verordnen.

Zu diesem Punkt zeigte sich DÖW-Leiter Gerhard Baumgartner teilweise skeptisch. Er könne sich eine solche Diversion bei jungen, nicht vorbelasteten Menschen zwar vorstellen, doch müsse man hier Institutionen bestimmen und strukturierte Pläne vorlegen, wie eine Diversion aussehen könne. Bei anderen Tätern komme das ohnehin nicht infrage.

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP)

„Devotionalien gehören ins Museum oder vernichtet“, sagte Edtstadler.

Verurteilungen nach dem Verbotsgesetz gab es im Vorjahr 226. Das war ein deutlicher Anstieg gegenüber den Jahren davor. So waren es etwa 2019 und 2020 nur 151 bzw. 144. Früher blieb man sogar im zweistelligen Bereich. So gab es etwa 2015 nur 79 Verurteilungen.

Neben dem Verbotsgesetz stellt eine Reihe weiterer Gesetze Handlungen mit NS-Bezug unter Strafe, etwa das Abzeichengesetz. Wer diese Gesetze bricht, muss derzeit mit Verwaltungsstrafen rechnen – jedenfalls auf dem Papier. In der Praxis ist das aber unwahrscheinlich. Der Bericht der Arbeitsgruppe befindet jedenfalls, dass es hier „ein eindeutiges Vollzugsdefizit aufseiten der Verwaltungsbehörden“ gibt, und sieht dezidiert das Innenministerium in der Verantwortung.

Grafik zur Wiederbetätigung in Österreich
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Justizministerium

SPÖ fordert Einbindung der Opposition

Die SPÖ-Sprecherin für Erinnerungskultur, Sabine Schatz, begrüßte die Ankündigung via Aussendung grundsätzlich, wollte aber mit einer letztgültigen Bewertung auf den Gesetzesentwurf warten. Das Gesetz brauche eine Zweidrittelmehrheit, daher erwarte sie, „dass die Opposition hier früh eingebunden wird, um eine schnelle Vorlage des Gesetzesentwurfs zu ermöglichen. Diese wichtige Reform darf nicht unnötig verschleppt werden, wie das beim Nationalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus und dem Rechtsextremismusbericht der Fall ist“, so Schatz.

Auch IKG-Präsident Oskar Deutsch begrüßte die Reform, speziell den automatischen Amtsverlust infolge einer Verurteilung nach dem Verbotsgesetz. „Nazis, ihre Sympathisanten und Nacheiferer sowie andere Antisemiten haben weder im Staatsdienst noch sonst wo in unserer demokratischen, offenen Gesellschaft etwas verloren“, so Deutsch.

Das Mauthausen Komitee freute sich über die Ausweitung der Gerichtsbarkeit. „Eines unserer langjährigen Anliegen ist die Strafbarkeit von Verbotsgesetzdelikten im Ausland, wenn ein klarer Österreich-Bezug besteht – zum Beispiel die österreichische Staatsbürgerschaft des Täters“, so Vorstandsmitglied Robert Eiter. „Wir freuen uns, dass das nun umgesetzt werden soll.“

„Jetzt hoffen wir, dass es noch gelingt, Materien wie das Abzeichengesetz und das Symbolegesetz untereinander und mit dem Verbotsgesetz besser zu koordinieren“, so Eiter. „So ist es absurd, wenn etwa bei Verwendung von Symbolen der Muslimbruderschaft Geldstrafen bis zu 10.000 Euro verhängt werden und bei Verwendung von NS-Symbolen nur Geldstrafen bis zu 4.000 Euro.“