Menschenrechtskonvention: LH Drexler unterstützt Wöginger

Nach Kritik von allen Seiten an der Aussagen von ÖVP-Klubchef August Wöginger, wonach die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) „überarbeitet gehört“, hat sich nun ein Unterstützer zu Wort gemeldet. „Ja, er hat recht. Wenn es darum geht, auch die Europäische Menschenrechtskonvention diskutieren zu dürfen“, sagte der Landeshauptmann der Steiermark, Christopher Drexler (ÖVP), gestern in der „Kleinen Zeitung“.

Wögingers Parteikollegen gehe es nach eigenen Aussagen weniger „um den Text der EMRK aus dem Jahr 1950“, sondern mehr um „die fortlaufende Weiterinterpretation durch den Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg“, die man „als ein sich verselbstständigendes Richterrecht“ sehe. „Da stellt sich die Frage nach der demokratischen Legitimation.“

Drexler kritisiert „Asylpraxis“

Drexler bezeichnete die EMRK als „große Antwort auf die grausamen Verbrechen des nationalsozialistischen Unrechtsregimes und des Zweiten Weltkriegs“. Gleichzeitig sagte er, dass sich „niemand hätte träumen lassen, wie sie heute interpretiert wird. Man sollte einmal abklopfen, was in einer zeitgemäßen Textfassung eine Deckung finden würde.“ Eine Diskussion über eine mögliche „Neukodifizierung“ sei legitim, so Drexler.

Konkret ging er auf das Asylrecht ein, das eine der „vornehmsten Errungenschaften“ sei. Aber: „Die Asylpraxis, die wir heute erleben, ist eine wirkliche Pervertierung des ursprünglichen Asylgedankens. Hier muss es rechtliche Antworten geben“, sagte Drexler. Die mit dem Grundgeist des Asylrechts nicht zu vereinbarende Realität müsse ein Ende haben.

ÖVP-Klub zeigt sich zugeknöpft

Am Wochenende hatte Wöginger für die Überarbeitung der EMRK plädiert. Welche Änderungen dem ÖVP-Klubobmann vorschwebten, war bis zuletzt unklar. Auch gestern zeigte sich der Nationalratsklub der Volkspartei gegenüber ORF.at zugeknöpft. Bisher äußerte sich Wöginger zu seiner Aussage nicht weiter.

Hingegen meldete sich zuletzt auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen via Twitter zu Wort. Die EMRK sei aus dem „unendlichen Leid des 2. Weltkrieges und der Schoah entstanden“, so Van der Bellen. Sie sei eine große Errungenschaft der Menschlichkeit, ein Kompass der Humanität und gehöre zum Grundkonsens unserer Republik.

Sie infrage zu stellen löse keine Probleme, „sondern rüttelt an den Grundfesten, auf denen unsere Demokratie ruht. Solche vermeintlich einfachen Lösungen sind der falsche Weg. Wir sollten achtsam mit unseren Werten umgehen“, so der Bundespräsident.

„Nicht verhandelbar“

Auf ORF.at-Nachfrage hatte der Koalitionspartner, die Grünen, der Aussage von Wöginger schon am Wochenende widersprochen. Nun bekräftigte das auch Justizministerin Alma Zadic (Grüne) auf einer Pressekonferenz. Die EMRK sei für die Grünen nicht verhandelbar.

Selbiges sagte auch Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP). Sie interpretierte Wöginger derart, dass dieser eine europäische Verständigung im Asylbereich angepeilt habe. Entsprechender Druck werde ja auch von Österreich aus auf EU-Ebene gemacht. Die EMRK sei ein „Living Instrument“, das immer wieder aufs Neue auszulegen sei. Sie wies aber auch darauf hin, dass Österreich als einziges Europaratsland die EMRK im Verfassungsrang habe.

SPÖ sieht „rote Linie überschritten“

Die SPÖ übte scharfe Kritik. „Für die ÖVP geht es immer weiter bergab und jedes Mal, wenn’s schlecht läuft und die Nervosität groß ist, versucht sie als Ablenkungsmanöver mit den Themen Asyl und Migration zu reüssieren“, meinte Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch.

Ein „Ablenken vom eigenen Versagen“ in der Migrationspolitik ortete NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger im Vorstoß Wögingers. Die „Blender“ der vergangenen Jahre müssten jetzt einsehen, dass die angeblich geschlossenen Migrationsrouten „offen stehen“. Nötig seien europäische Lösungen, diese habe die ÖVP aber jahrelang „torpediert“.

Scharfe Kritik der Caritas

Auch Caritas-Präsident Michael Landau hatte zuvor scharfe Kritik am Vorstoß Wögingers geübt. „Das Rütteln an Grund- und Menschenrechten halte ich für inakzeptabel“, so Landau.

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