Studenten während einer Vorlesung
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150 Mio. Euro mehr

Unis beharren auf Forderungen

Die Debatte über das Budget für die Universitäten ist um eine Facette reicher: Am Dienstag hat ÖVP-Wissenschaftsminister Martin Polaschek angekündigt, den Unis für das kommende Jahr 150 Millionen Euro zuzuschießen. Damit erhöht sich das zusätzliche Budget für 2023 auf 400 Millionen Euro. Die Universitäten sehen in der Erhöhung zwar einen „Schritt in die richtige Richtung“, doch das reiche nicht.

Gegenüber ORF.at hielt die Universitätenkonferenz (uniko) fest, dass man über die Ankündigung von Minister Polaschek „froh“ sei, weil nun Bewegung in die Debatte kommt. Die 150 Mio. Euro für das Jahr 2023 würden dabei helfen, gewisse Probleme zu reduzieren, betonte die Vertretung der Universitäten. Von ihrer eigentlichen Forderung in Höhe von zusätzlichen 1,2 Milliarden Euro, um „Mehrkosten für die Jahre 2023 und 2024 abzudecken“, werden die Hochschulen aber nicht abrücken – sagte auch uniko-Präsidentin Sabine Seidler im ORF-Radio.

Konkret geht Seidler von einem jährlichen Mehrbedarf in Höhe von 560 Mio. Euro aus. Damit fehlen allein für 2023 noch 160 Millionen Euro, und die würden sich ohne Personalabbau nicht finden lassen, so Seidler. Auf die Frage, ob sonst temporäre Schließungen und Jobabbau drohen würden, antwortete die uniko-Präsidentin mit einem Ja – mehr dazu in wien.ORF.at.

Wissenschaftsminister Polaschek hatte im Ö1-Morgenjournal betont, dass die Universitäten für das Jahr 2023 zusätzlich zu den bereits 250 Millionen Euro weitere 150 Millionen Euro erhalten sollen. „Wir wissen ja nicht, wie sich die Teuerung in den nächsten Jahren entwickelt, aber die Universitäten haben dadurch für das kommende Jahr 400 Millionen zusätzlich zur Verfügung“, sagte er. Damit sollten die Unis nächstes Jahr „gut auskommen“. Die uniko fordert hingegen 560 Mio. Euro, um den Betrieb wie gewohnt am Laufen zu halten.

Rektorin Sabine Seidler
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Uniko-Präsidentin Seidler appelliert seit Wochen, mehr Geld für die Universitäten bereitzustellen

Zahlen um Zahlen

Die Unis stehen dieses Jahr vor einer Ausnahmesituation. Ihr Budget wird nämlich auf drei Jahre fixiert. Das aktuelle Paket wurde bereits 2020 definiert und gilt bis 2024. Mit dem verhandelten Budget in Höhe von 12,3 Mrd. Euro waren die Universitäten zufrieden, stieg dieses doch immerhin um rund zwölf Prozent. Doch damals lag die Inflationsrate bei etwa zwei Prozent. Heute liegt sie deutlich höher und habe ein „Budgetloch“ aufgerissen, wie uniko-Präsidentin Seidler im August gegenüber ORF.at betonte. Die Unis forderten zunächst knapp 500 Mio. Euro mehr, später dann 1,2 Mrd. Euro.

Auf Anfrage, wie man auf die 1,2 Mrd. Euro kommt, teilte die uniko gegenüber ORF.at mit, dass etwa 25 Prozent der „prognostizierten Mehrkosten“ auf Energiekosten, 25 Prozent auf sonstige Kosten wie Mieten und 50 Prozent auf Personalkosten entfallen würden. Im regulären Budget machten die Personalkosten 70 Prozent der Gesamtkosten aus, seien also der größte Posten, hieß es. Für Polaschek sind die geforderten 1,2 Mrd. Euro „nicht belegt“, für Seidler hingegen ist die Aussage Polascheks „nicht nachvollziehbar“.

Das Ministerium hatte vor gut fünf Wochen auch festgehalten, dass die uniko die 1,2 Mrd. Euro zu spät genannt hatte, und man eben mit den geforderten 500 Mio. Euro rechnete. Diese wurden schließlich für die Jahre 2023 und 2024 veranschlagt. Zuletzt ging Polaschek aber selbst von Mehrkosten in Höhe von etwa 800 Mio. Euro aus. Dass man nun doch 650 Euro ausschütten will, erklärte das Ministerium auf ORF.at-Anfrage damit, dass Gespräche mit einzelnen Universitäten geführt wurden und man anhand von Berechnungen arbeite.

Bildungsminister Martin Polaschek
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Minister Polaschek will nun auf Rücklagen zurückgreifen, um weitere 150 Mio. Euro locker zu machen

Auf Rücklagen wird zurückgegriffen

Das Geld soll nun aus der Rücklage des Ministeriums kommen. Laut der Auswertung des parlamentarischen Budgetdienstes verfügte das Ressort mit Stand Ende September über Rücklagen in Höhe von 749,4 Millionen Euro. Laut Ministerium bedarf es für den Zugriff auf das Geld eines Beschlusses des Nationalrats. In einer Aussendung kündigte die ÖVP an, einen entsprechenden Abänderungsantrag am Donnerstagabend mit den Grünen beschließen zu wollen. Wissenschaftssprecher Rudolf Taschner (ÖVP) zeigte sich jedenfalls über die 150 Mio. Euro erfreut.

Wie es für 2024 aussieht, ist noch unklar. Man wolle die Situation im kommenden Jahr bewerten, hieß es aus dem Ministerium. Eva Blimlinger, Wissenschaftssprecherin des grünen Koalitionspartners, hatte am Wochenende jedenfalls 900 Mio. oder „vielleicht sogar eine Milliarde“ für die beiden Jahre als notwendig erachtet. Das wären zusätzlich weitere 200 Millionen Euro für die Universitäten.

NEOS-Wissenschaftssprecherin Martina Künsberg Sarre sprach von einem „Kasperltheater“, das „unerträglich und eines Wissenschaftsministers unwürdig“ sei. Sie fragt sich, wie Polaschek jetzt auf diese Zahlen kommt und stellte fest: „Mit ihrem ewigen Hü-Hott-Kurs sorgt diese Bundesregierung nur für Unsicherheit und Stillstand – was gerade im Bildungswesen und Wissenschaftsbereich fatal ist.“

Unzufriedenheit unter Studierendenvertretung

Die Hochschülerschaft wandte sich zum Auftakt der Budgetberatungen im Parlament in einem Brief an alle Abgeordneten mit dem Appell, den Unis sofort mehr Geld zur Verfügung zu stellen. „Die Bundesregierung hat die Aufgabe, entsprechende Budgetmittel zur Verfügung zu stellen. Nur so kann verhindert werden, dass Universitäten aufgrund der schlechten finanziellen Lage einschneidende Sparmaßnahmen wie Qualitätseinbußen in Lehre und Forschung, (vorübergehende) Schließungen oder einen Distanzbetrieb ergreifen müssen“, heißt es in dem Brief der ÖH-Bundesvertretung sowie mehrerer Universitäten.

Polaschek stockt Budget für Universitäten auf

Österreichs Universitäten zeigen sich mit den von Minister Polaschek (ÖVP) zugesagten zusätzlichen 150 Millionen Euro nur bedingt zufrieden. In Summe sind es nun 400 Millionen für das Jahr 2023.

Für den Verband Sozialistischer Student_innen ist der von Polaschek angekündigte Zuschuss „ein Witz“. „Die zusätzlichen 150 Millionen Euro sind bei Weitem nicht genug“, stellte VSStÖ-Vorsitzende Hannah Czernohorszky in einer Aussendung fest. Auch der Bundesvorsitzende der JUNOS, Lukas Schobesberger, zeigte sich in einer Aussendung enttäuscht: „Wir können es noch so oft drehen, wie wir wollen, es geht sich einfach vorne und hinten nicht aus.“

Unterdessen gingen eine Woche nach der Technischen Universität (TU) Wien am Dienstag die fünf steirischen Universitäten aus Protest gegen die ihrer Ansicht nach zu geringe Erhöhung des Universitätsbudgets auf die Straße. Vertreter der Rektorate, Studierenden und Beschäftigten forderten in Graz bei einer Kundgebung „die ausreichende Finanzierung von Bildung und Forschung“ fordern – mehr dazu in steiermark.ORF.at.