Pflegekräfte in Seniorenheim
ORF.at/Christian Öser
Sozialwirtschafts-KV

Lohnanstieg um bis zu 10,2 Prozent

Die Löhne und Gehälter in der Sozialwirtschaft werden für alle um acht Prozent steigen, durch einen Mindestbeitrag bei der Erhöhung kommen die untersten Lohngruppen auf einen Anstieg von 10,2 Prozent. Darauf haben sich die Sozialpartner in der Nacht auf Donnerstag bei den Verhandlungen zum Kollektivvertrag (KV) geeinigt, wie die Gewerkschaften GPA und vida nach der vierten Runde mit dem Arbeitgeberverband SWÖ bekanntgaben. 130.000 Beschäftigte in der Sozialwirtschaft, also dem privaten Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereich, sind davon betroffen.

Vereinbart wurde eine Erhöhung von acht Prozent für alle, wobei die Gehälter monatlich mindestens um 175 Euro erhöht werden. Dadurch kommt die unterste Einkommensgruppe auf eine Lohn- bzw. Gehaltserhöhung von 10,2 Prozent. Insgesamt profitiere fast ein Drittel der Beschäftigten von dieser Erhöhung des Mindestbetrags, hieß es. Teilzeitgehälter werden aliquot erhöht.

Der Zuschlag für kurzfristiges Einspringen wird um 20 Prozent erhöht. Eine bessere Anrechnung von Vordienstzeiten – etwa aus dem Zivildienst und dem Freiwilligen Sozialen Jahr – wurde im Rahmenrecht ebenso vereinbart wie Verbesserungen bei den Umstufungen in höhere Gehaltsklassen nach Ausbildungen sowie fünf Tage Freistellung bei der Vorbereitung auf die Lehrabschlussprüfung für Lehrlinge.

KV-Einigung in der Sozialwirtschaft

In der Nacht haben sich die Sozialpartner im Bereich Sozialwirtschaft auf den Kollektivvertrag geeinigt. Die Löhne steigen um acht Prozent für alle und um bis zu 10,2 Prozent für jene, die weniger verdienen.

Die von der Arbeitnehmerseite geforderte Verkürzung der Arbeitszeit auf 35 Stunden pro Woche ohne Kürzungen der Gehälter wurde nicht erreicht. Keine Einigung gab es auch auf eine neue Gruppierung im KV für „Springerinnen“, die Dienstplanlücken schließen. Beide sollen bei künftigen Verhandlungen wieder gefordert werden.

Verhandlerinnen erfreut

Als Grundlage für den Abschluss gilt eine Inflationsrate von 7,5 Prozent, das Reallohnplus macht damit 0,5 Prozentpunkte aus. „Das Verhandlungsergebnis liegt deutlich über der zugrunde liegenden Inflation. Es freut uns, dass wir die unteren Einkommen stärker erhöhen konnten. Das ist gerade in der derzeitigen Situation wichtig“, sagte GPA-Chefverhandlerin Eva Scherz in einer Aussendung. Es sei wichtig gewesen, nachhaltige Gehaltserhöhungen zu erzielen, anstatt „Einmalzahlungen, die sofort verpuffen“.

Scherz dankte den Tausenden Beschäftigten, die nach stockenden Verhandlungen zuletzt lautstark auf ihre Anliegen aufmerksam gemacht hatten. Vida-Verhandlerin Michaela Guglberger merkte an, dass aufgrund der Teuerungen der Gehaltsabschluss im Vordergrund stand: „Unsere Forderungen nach einer Verkürzung der Arbeitszeit bleibt aber aufrecht.“

Die Gewerkschaften hatten von den Arbeitgebern ursprünglich eine Gehaltserhöhung um 15 Prozent und mindestens 350 Euro bei einer Vollzeitanstellung gefordert. In der Vorwoche gab es eine Demo und zahlreiche Betriebsversammlungen, um den Forderungen Nachdruck zu verleihen. Streiks wurden angedacht.

Arbeitgeber: „Signal“ an „stark geforderte“ Branche

Die Arbeitgeberseite hatte eine Aufbesserung ihres Angebots von 7,5 Prozent und einem Mindestbetrag von 150 Euro bereits angedeutet, die Hoffnungen aber herunterzuschrauben versucht. Er könne sich nicht vorstellen, dass der Abschluss zweistellig wird, sagte der Geschäftsführer der Sozialwirtschaft Österreich und Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite, Walter Marschitz, noch am Mittwoch.

Nach erzielter Einigung sah Marschitz ein wichtiges Signal an die „in der großen Mehrheit Frauen“ an Beschäftigten, „die in den letzten Jahren stark gefordert waren“. Nach der Einigung sprach er gegenüber dem Ö1-Morgenjournal von einer „realistischen“ Einigung.

In den Verhandlungen war die große Belastung durch die Pandemie ins Treffen gebracht worden. „Nach drei Jahren Dauerkrise inklusive Maske und Schutzausrüstung für die meisten Beschäftigten haben sich die Kolleginnen und Kollegen einen guten Abschluss verdient“, so Scherz.

Weiter Feilschen um Handels-KV

Weiter verhandelt wird der Kollektivvertrag für den Handel. Hier bietet die Arbeitgeberseite vier Prozent und eine Einmalzahlung, die Arbeitnehmerverhandler wollen zehn Prozent und lehnen „verpuffende“ Einmalzahlungen ab. Um den Druck zu erhöhen, fanden am Mittwoch Demonstrationen in Wien und Salzburg statt – mehr dazu in wien.ORF.at und salzburg.ORF.at. Die nächste Verhandlungsrunde findet am Dienstag statt.