Grüne: ORF-Finanzierung aus Bundeshaushalt vorstellbar

Die Mediensprecherin der Grünen, Eva Blimlinger, kann sich künftig eine Finanzierung des ORF aus dem Bundeshaushalt vorstellen. Diese würde sie allerdings an Bedingungen knüpfen, wie sie gegenüber „Kurier“ und „Standard“ sagte. Eine Budgetfinanzierung sei vorstellbar „nur, wenn man sie indexiert (also automatisch an die Teuerung anpasst, Anm.) und gesetzlich einen Betrag festschreibt, der mit einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat abgesichert ist“, sagte sie im „Kurier“. Dann sei der ORF nicht von den jeweiligen Regierungen abhängig. Im „Standard“ bezeichnete Blimlinger diese Variante als „realistisch“, Voraussetzungen seien eben die genannten Bedingungen, „die die Unabhängigkeit von der Politik sicherstellen“.

Auch eine Abgabe für jeden Haushalt liegt laut „Kurier“ und „Standard“ weiterhin auf dem Tisch – egal, ob und wie dort ORF konsumiert wird. Blimlingers diesbezüglicher Vorschlag wäre „gestaffelt nach sozialen Kriterien“, nämlich eine vollständige Befreiung (wie jetzt bei der GIS), eine günstigere und der Normaltarif, so der „Kurier“.

„Keine Option“ ist laut „Standard“ für Blimlinger eine Erweiterung der bestehenden GIS-Gebühr um Geräte für Streamingnutzung. Denn der Gesetzgeber müsste dann womöglich definieren, ob nun ein Tablet oder ein Laptop GIS-pflichtig sind, und für Mobiltelefone, ab welcher Bildschirmgröße die Gebühr anfällt.

ÖVP „verwundert“

Mit Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) müsse man diesbezüglich noch reden, konkrete Verhandlungen über das ORF-Gesetz stünden erst an, so Blimlinger. Bis März wolle man zu Ergebnissen kommen, sagte sie zum „Standard“. Das Modell solle jedenfalls billiger für die Nutzerinnen und Nutzer werden. Auch deshalb, weil die mit der GIS in sieben Bundesländern eingehobene Ländergebühr entfiele.

Koalitionspartner ÖVP zeigte sich darob reserviert: „Ich bin verwundert über den Vorstoß von Kollegin Blimlinger, die bisher die Finanzierung des ORF aus dem Budget kategorisch abgelehnt hat. In den Verhandlungsrunden zum ORF werden wir diese bewerten. Ich halte wenig davon, unfertige Pläne über die Zukunft des ORF über Medien zu diskutieren und dabei ORF-Mitarbeiter sowie Gebühren- und Steuerzahler ratlos zurückzulassen“, erklärte ÖVP-Mediensprecher Kurt Egger in einem Statement gegenüber der APA.

Problem der „Streaminglücke“

Notwendig ist die Neuregelung, weil der Verfassungsgerichtshof (VfGH) im Sommer entschieden hat, dass es gegen die Verfassung verstößt, dass Personen, die ORF-Programme ausschließlich im Internet sehen oder hören, kein Programmentgelt entrichten müssen („Streaminglücke“). Der VfGH hat einige Bestimmungen des ORF-Gesetzes als verfassungswidrig aufgehoben, der Gesetzgeber hat bis Ende 2023 Zeit für eine Neuregelung.

ORF-Chef Roland Weißmann erklärte zuletzt im APA-Interview Mitte Oktober, er habe zwar ein präferiertes Modell, wollte dieses aber nicht verkünden. „Es ist wichtig, die Entscheidung dort zu lassen, wo sie zu fallen hat“, sagte er damals. „Natürlich gibt es theoretisch auch Varianten, bei denen man nicht mehr auf den GIS-Apparat in seiner heutigen Form zurückgreifen müsste. Auch aus diesem Grund brauchen wir eine zeitgerechte Lösung, damit wir wissen, wie wir uns aufstellen sollen“, sagte Weißmann.

Blimlinger: „‚Blaue Seite‘ bleibt“

Im „Standard“ äußerte sich Blimlinger auch zu ORF.at und sprach sich gegen ein „Gefeilsche“ über Meldungslängen und Meldungszahlen aus. Außerdem müsse ORF.at bestehen bleiben, so Blimlinger: „Die ‚Blaue Seite‘ bleibt.“ Man könne aber über lange feuilletonistische Artikel diskutieren.

Derzeit laufen Verhandlungen über eine Digitalnovelle für den ORF. Weißmann hatte Ende September angekündigt, mit der Halbierung des Textangebots und einer Ausweitung des Videoangebots auf ORF.at den Verlegern entgegenkommen zu wollen. Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) fordert seit Langem Einschränkungen auf der „Blauen Seite“. Unterstützung erhielt er von der Oppositionspartei NEOS. Mediensprecherin Henrike Brandstötter forderte gar eine Abschaffung der „Blauen Seite“.

Die Regierungsparteien sind sich noch nicht einig, ob und welche Beschränkungen es für ORF.at geben soll. Der Betriebsrat und die Redaktionsvertretung von ORF.at sehen in den Plänen zur Einschränkung des ORF.at-Textangebots einen Schaden für das Ansehen des ORF „als öffentlich-rechtliches Medium mit dem gesetzlichen Auftrag zur Grundversorgung“. Mittlerweile gibt es auch zivilgesellschaftliche Initiativen gegen die Beschneidung des Angebots von ORF.at.