Türkische Offensive in Syrien: Kurden-Miliz droht mit Vergeltung

Die kurdische Miliz im Norden Syriens hat Vergeltung für türkische Angriffe auf ihre Stellungen angekündigt. „Diese Angriffe der türkischen Besatzungstruppen werden nicht ohne Antwort bleiben“, hieß es in einer gestern verbreiteten Erklärung der von den USA unterstützten Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) unter Führung der YPG-Miliz.

Durch eine aus Syrien abgefeuerte Rakete sind türkischen Medienberichten zufolge an der türkisch-syrischen Grenze mindestens drei Menschen verletzt worden. Bei einem der Verletzten handle es sich um einen türkischen Soldaten, bei den anderen beiden um zwei Polizisten der Spezialeinheiten, meldete die amtliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu.

Dutzende Tote bei türkischer Offensive

Die Türkei hatte zuvor eine Militäroffensive gegen kurdische Einheiten in Nordsyrien und gegen Stellungen der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Nordirak gestartet. Die Angriffe richteten sich nach Angaben des türkischen Verteidigungsministeriums gegen Stützpunkte der PKK und der YPG, die Ankara als syrischen Ableger der PKK betrachtet. Syrischen Aktivisten zufolge wurden bei den Angriffen mehr als 30 Menschen getötet.

Ankara macht eine angebliche PKK-Anhängerin aus Syrien für den Anschlag in Istanbul verantwortlich, bei dem am Sonntag vor einer Woche sechs Menschen starben.

Die Türkei hatte in der Nacht auf gestern Luftangriffe auf Stützpunkte militanter Kurden in Nordsyrien und im Nordirak geflogen und damit nach eigenen Angaben auf den Bombenanschlag in Istanbul vom vergangenen Wochenende reagiert. Die Luftangriffe richteten sich gegen Stellungen der in der Türkei verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und der syrischen Kurdenmiliz YPG, erklärte das türkische Verteidigungsministerium. Dabei seien 89 Ziele zerstört worden.

Angriffe in Kobane und Aleppo

Es sei „Abrechnungszeit“, erklärte das türkische Verteidigungsministerium in der Nacht auf Sonntag via Twitter. „Terroristische Elemente“ sollten neutralisiert und Angriffe auf die Türkei vermieden werden, hieß es weiter.

Bei den Luftangriffen seien mindestens 31 Menschen getötet und Dutzende zum Teil schwer verletzt worden, meldete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Angaben der YPG zufolge wurden auch Posten der syrischen Regierung angegriffen. Betroffen seien die Regionen Kobane und Aleppo.

Das Verteidigungsministerium in Ankara berief sich auf das Recht zur Selbstverteidigung laut der Charta der Vereinten Nationen. Es gehe darum, „Terroranschläge“ gegen das türkische Volk und Sicherheitskräfte zu vermeiden.

Reaktion auf Anschlag in Istanbul

Der Konflikt zwischen türkischen Streitkräften und PKK hat eine jahrzehntelange Geschichte und forderte bisher Tausende Opfer – laut der Organisation International Crisis Group wurden dabei mehrheitlich PKK-Mitglieder und -Verbündete getötet.

Laut der Syrischen Beobachtungsstelle wurden nun Regionen rund um die für kurdische Kräfte besonders bedeutsame Stadt Kobane angegriffen. Ankaras Truppen könnten Experten zufolge darauf zielen, von ihnen besetzte Gebiete westlich und östlich der Stadt zu verbinden.

Die Luftangriffe folgten nur wenige Tage nach der Bombenexplosion mit sechs Toten auf der belebten Istanbuler Einkaufsstraße Istiklal, für die Ankara die YPG und die PKK verantwortlich macht. Die Ermittlungen laufen, am Freitag wurden 17 Menschen verhaftet.

PKK und YPG streiten eine Beteiligung eindeutig ab und unterstellen der Türkei, mit der Anschuldigung einen Vorwand für einen erneuten Militäreinsatz in Nordsyrien geschaffen zu haben. Die Türkei hat seit 2016 vier Militäroffensiven in Nordsyrien geführt, die sich auch gegen die YPG richteten. Ankara sieht in der YPG einen Ableger der kurdischen Untergrundorganisation PKK und betrachtet beide als Terrororganisationen.