Verena Roßbacher
APA/Herbert Pfarrhofer
„Mon Cheri“

Österreichischer Buchpreis für Roßbacher

Zum insgesamt siebenten Mal ist am Montagabend der Österreichische Buchpreis vergeben worden. Der mit 20.000 Euro dotierte Hauptpreis ging an Verena Roßbacher für ihren Roman „Mon Cheri und unsere demolierten Seelen“. Lena-Maria Biertimpel erhielt für „Luftpolster“ den Debütpreis, der mit 10.000 Euro verbunden ist.

Noch am Sonntagabend bezeichnete sich Roßbacher bei der Entgegennahme des Bodenseer-Literaturpreises als „Preisanfängerin“, seit Montagabend muss sie sich als Preisträgerin des Österreichischen Buchpreises als „Preisprofi“ bezeichnen. Für ihren vierten Roman „Mon Cheri und unsere demolierten Seelen“, den die Jury bestehend aus Bernhard Bastien, Edith-Ulla Gasser, Stefan Gmünder, Günther Stocker und Katharina Teutsch als „eine Geschichte vom Loslassen“ lobte, die mit „Slapstick vom Feinsten“ arbeite, bekam sie im Wiener Kasino am Schwarzenbergplatz den Hauptpreis zuerkannt.

Damit reiht sich die 1979 in Vorarlberg geborene und in Berlin lebende Autorin hinter Friederike Mayröcker („fleurs“), Eva Menasse („Tiere für Fortgeschrittene“), Daniel Wisser („Königin der Berge“), Norbert Gstrein („Als ich jung war“), Xaver Bayer („Geschichten mit Marianne“) und Raphaela Edelbauer („Dave“) in die Liste der Preisträgerinnen und Preisträger der seit 2016 bestehenden Würdigung ein, die vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) zusammen mit dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels vergeben wird.

Der Österreichische Buchpreis markiert den Auftakt zur Buch Wien, dem wichtigsten Ereignis der österreichischen Buchbranche, die dieses Jahr von Mittwoch bis Sonntag stattfinden wird.

Buchcover: Mon Chéri und unsere demolierten Seelen von Verena Roßbacher
KiWi Verlag
Verena Roßbacher: Mon Cheri und unsere demolierten Seelen. KiWi, 512 Seiten, 24,95 Euro.

Frauenfigur, „die man nie mehr vergisst“

Insbesondere hob die Jury Roßbachers Protagonistin Charlie Benz hervor, eine Frauenfigur, „die man nie mehr vergisst“. Die Icherzählerin ist zu Beginn Langzeitsingle und arbeitet ohne größere Marketingkenntnisse als Verantwortliche für die Werbung des Berliner Food-Start-ups LuckyLili, das erfolgreich vegane Müsliriegel vertreibt.

Charlie hat vielerlei Ängste, etwa davor, Briefe zu öffnen, weil sie schlechte Nachrichten bringen könnten. Ihre Post öffnet deshalb Herr Schabowksi, mit dem sie auch alle ihre Ängste bespricht. „Eine desolat-komische Frauenfigur und damit literaturgeschichtlich eine Rarität“, urteilte die Jury. „Denn komische Frauen haben es schwer bei der Leserschaft.“

Dass Charlie nicht nur komisch, sondern auch „eine Vorreiterin alternativer Lebens- und Liebesmodelle“ ist, zeigt sich im Verlauf der 500 Seiten, in denen sie Herrn Schabowksi durch seine Ängste und eine schwere Krankheit begleitet, plötzlich drei Männer als Väter für ihr ungeborenes Kind infrage kommen und sie in Bad Gastein der Geschichte ihrer Vorfahren nachgeht. Jeweils 2.500 Euro erhielten die vier anderen Shortlist-Nominierten Robert Menasse („Die Erweiterung“), Anna Kim („Geschichte eines Kindes“), Helena Adler („Fretten“) und Reinhard Kaiser-Mühlecker („Wilderer“).

Debütpreis für wuchtigen Psychiatrieroman

Der von der Arbeiterkammer gesponserte Debütpreis ging an Lena-Marie Biertimpel. Die 1991 in Hamburg geborene Autorin studierte Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst und war bisher mit ihren Theaterarbeiten aufgefallen. In „Luftpolster“ folgen die Leserinnen und Leser einer Icherzählerin in einer Krisensituation durch ihren Psychiatrieaufenthalt. „Peach“, wie sie von ihrem Freund Johnny genannt wird, der in der fernen Heimatstadt geblieben ist, und mit dem sie über Handynachrichten kommuniziert, ergründet in Laufe des Romans auch die Vergangenheit einer zerrütteten Familie, ihrer Eltern und der beiden Schwestern, die sie nur die „eine“ und die „andere“ nennt.

Lena-Marie Biertimpel
Christoph Welkovits
Lena-Marie Biertimpel erhielt den Debütpreis für ihren Psychiatrieroman rund um die Icherzählerin „Peach“

Bei aller stellenweisen Drastik und Härte findet sich auch viel Empathie in diesem in kürzesten Kapiteln aufgefächerten und sprachlich elaboriertem Roman, dem die Jury attestiert, „ein eindringliches Debüt“ zu sein, das „wuchtig und zärtlich zugleich“ ist. Die beiden weiteren Shortlistnominierten Sirka Elspaß („ich föhne mir meine wimpern“) und Anna Maria Stadler („Maremma“) erhielten ebenfalls jeweils 2.500 Euro.