Mitarbeiter in einem Krankenhaus
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Gesundheitswesen

Drittstaaten sollen Personalnot lindern

Der Notstand beim Personal im heimischen Gesundheitswesen ist akut. Kürzlich schlugen die 24-Stunden-Betreuerinnen Alarm, Spitäler müssen ihre Dienstpläne umstellen, Oberösterreich braucht in den kommenden acht Jahren mehr als 9.000 weitere Pflegekräfte. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) sagte, das Arbeitskräftereservoir reiche schlicht nicht. Abhilfe könnte aus dem Ausland kommen.

Schon bei der Budgetdebatte am vergangenen Mittwoch musste Rauch zur drängenden Personalsituation in Spitälern, Betreuungseinrichtungen und Praxen Stellung nehmen. Es gebe durchaus Handlungsbedarf, aber auch „gewisse Schwierigkeiten“ zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung. Bei den anstehenden Finanzausgleichsverhandlungen könne man aber auf Reformen im Gesundheitssystem hoffen.

Das Budget für den Gesundheitsbereich ist jedenfalls geschrumpft: Wegen der nun kleineren Ausgaben zur Pandemiebekämpfung beläuft sich das Minus auf 37,9 Prozent. Abhilfe gegen den Personalmangel dürfte das nicht bringen.

Betrieb nur durch viele Überstunden möglich

Dabei häufen sich inzwischen fast täglich die Alarmrufe der Beschäftigten in der Branche. Die Arbeitsbedingungen in Pflegeheimen seien kaum mehr erträglich, hieß es vergangene Woche etwa in Kärnten, wo die Gewerkschaft einen offenen Brief an die Landesregierung sandte. Pflegebedürftige könnten nicht mehr aufgenommen und Betten in den Heimen nicht mehr belegt werden, weil Personal fehle. Der Arbeitsdruck sei hoch, dazu komme die Belastung zu sehen, dass ein Altern in Würde nicht mehr möglich sei, hieß es da.

Sozialminister Johannes Rauch
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Gesundheitsminister Rauch

Bei einer Pressekonferenz beklagten 24-Stunden-Betreuerinnen, das Geld reiche nicht mehr. Eine Betroffene sagte, sie bekomme denselben Lohn seit dem Jahr 2012.

Auch die Spitäler stehen vor einem enormen Problem. Dem Tauernklinikum Zell am See in Salzburg fehlen rund zehn Ärztinnen und Ärzte, dort bangt man vor der anstehenden Skisaison – mehr dazu in salzburg.ORF.at. Schon im Sommer hat man den Dienstplan adaptiert, mit dem Arbeitszeitgesetz sei man fast permanent im Konflikt, so der ärztliche Leiter Rudolph Pointner. Möglich sei der Betrieb nur mit Dutzenden Überstunden und engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die dazu auch bereit seien.

Ganzer Sektor betroffen

Auch wenn hier einiges im Gange ist – von Pflegebonus und Pflegereform über Erleichterungen bei der Rot-Weiß-Rot-Card und Änderungen beim Medizinstudium – „allein aus dem Arbeitskräftereservoir, das wir in Österreich oder das wir in Europa haben“, werde der Mangel nicht zu beheben sein, so Rauch am Montag. Die Personalnot betreffe nicht nur die Spitäler, sondern den ganzen Sektor der Sozial- und Gesundheitsberufe. Das Problem hätten die europäischen Staaten erkannt, die nun gemeinsam überlegen würden, die benötigten Arbeitskräfte in Drittländern zu rekrutieren.

Auf Nachfrage von ORF.at hieß es aus Rauchs Ministerium, es habe vergangene Woche dazu im Zuge eines Gesundheitsministertreffens in Liechtenstein einen informellen Austausch gegeben. „Eine koordinierte gemeinsame europäische Vorgehensweise mit entsprechenden sozialen Standards wäre hier sehr wichtig und ist demnach sehr zu begrüßen.“

Keine Alleingänge im Bund

Mancherorts ist der Mangel so groß, dass man eigene Wege geht. Im Oktober beschloss Niederösterreich, im kommenden Jahr 150 Pflegekräfte aus Vietnam zu holen – mehr dazu in noe.ORF.at. Diese Personen sollen noch in Vietnam Deutsch lernen und in Niederösterreich dann die Ausbildung zur Pflegeassistenz absolvieren. Das Projekt ist im Bundesland umstritten und wurde als Schnellschuss kritisiert, doch auch in Niederösterreich fehlen bis 2030 fast 10.000 Pflegekräfte.

Der Bund setzt allerdings auf Taten in Abstimmung mit den EU-Partnern. Man wolle nicht im Alleingang im Ausland suchen, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. So könne man sichergehen, dass es klare Sicherheitsstandards gebe und man die Kräfte einander nicht gegenseitig wegschnappe. Die Gespräche dazu stünden allerdings erst am Beginn, ein Zeithorizont sei nicht abzusehen. Für viele Betroffene dürfte das zu wenig sein, die Lage ist schon jetzt akut.