Chinas Klimaunterhändler Xie Zhenhua
APA/AFP/Ahmad Gharabli
COP27

China kritisiert Ergebnis der Klimakonferenz

Die Weltklimakonferenz (COP27) in Ägypten ist in vielen Bereichen hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Es gibt etwa kein Ausstiegsszenario aus der Nutzung fossiler Energieträger. Eine Einigung gab es auf einen Hilfsfonds für klimabedingte Schäden in besonders verwundbaren Staaten – aber nicht auf die konkrete Finanzierung. China würde lieber auf der Nehmer- als auf der Geberseite stehen und übte Kritik.

Peking machte die traditionellen Industriestaaten für die unzureichenden Ergebnisse der Weltklimakonferenz im ägyptischen Scharm al-Scheich, die am Wochenende zu Ende gegangen war, verantwortlich. Diese hätten „noch nicht ihre Verpflichtung erfüllt", jährlich 100 Mrd. Dollar (rund 97 Mrd. Euro) „an Klimafinanzierung an Entwicklungsländer“ zu zahlen, hob die chinesische Außenamtssprecherin Mao Ning am Montag in Peking hervor.

„Die globale Klimapolitik hat noch einen weiten Weg zu gehen“, bilanzierte sie. Industriestaaten wie die USA und andere hatten sich 2009 dazu verpflichtet, die Entwicklungsländer spätestens ab 2020 jährlich mit 100 Mrd. Dollar bei Maßnahmen zum Schutz des Klimas sowie zur Anpassung an die Erderhitzung zu unterstützen. Bisher blieben diese versprochenen Hilfszahlungen aber deutlich dahinter zurück. So kamen 2020 nur 83,3 Mrd. Dollar zusammen.

Peking sieht sich auf der falschen Seite

Peking kritisierte weiters, dass der „Fahrplan für die Verdopplung globaler Anpassungsfinanzierung“ noch unklar sei, „was dem Aufbau gegenseitigen Vertrauens zwischen dem Norden und dem Süden nicht dienlich ist“. In die andere Richtung gibt es Forderungen danach, dass sich auch China als große Wirtschaftsmacht an der Klimaschutzfinanzierung beteiligen müsse.

Fabrik in Tangshan, China
Reuters/Thomas Peter
China ist mittlerweile der größte Emittent von Treibhausgasen und die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt

China, zweitgrößte Volkswirtschaft und mittlerweile größter Treibhausgasemittent weltweit, hatte sich während der zweiwöchigen Klimakonferenz gegen Aussagen der EU und anderer Industriestaaten gewehrt, es dürfe nicht mehr Ansprüche wie ein Entwicklungsland stellen, sondern stehe mittlerweile mit seiner Wirtschaftskraft auf der anderen Seite. Die UNO-Klimakonferenz war am Sonntag nach zähem Ringen zu Ende gegangen. Bei der dringend notwendigen Verringerung des Treibhausgasausstoßes gab es kaum Fortschritte.

Fonds für besonders betroffene Länder

Der größte Erfolg war die Weichenstellung für einen Fonds zum Ausgleich klimabedingter Schäden („Loss and Damage“) in besonders verwundbaren Ländern. Mit welchen Summen dieser ausgestattet wird und welche Länder einzahlen müssen, muss allerdings noch ausgehandelt werden. Die EU und weitere Teilnehmer der Konferenz konnten vorerst nicht durchsetzen, China formell dem Kreis der Einzahler in den Fonds zuzuordnen.

Von deutscher Seite etwa wurde die Frage aufgeworfen, wie lange sich die Volksrepublik „noch dahinter verstecken kann, als Entwicklungsland eingestuft zu werden“. Westliche Staaten verlangen eine breitere Geberbasis und stellen damit eine Aufteilung infrage, die bereits Anfang der 1990er Jahre etabliert wurde.

Drei Gruppen

1992 wurde in Rio de Janeiro die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC) vereinbart, mit der die internationale Staatengemeinschaft weltweite Klimaänderungen als ernstes Problem anerkannte. Die Vertragsstaaten verpflichteten sich damals zur Eindämmung des klimaschädlichen Treibhausgasausstoßes gemäß ihrer „gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung und Kapazitäten“.

Diesem Grundsatz folgend teilte die UNO-Klimarahmenkonvention die Staaten in drei Gruppen ein: in reiche Industriestaaten, die die anderen unterstützen müssen, in arme Entwicklungsländer, die ein Anrecht auf finanzielle Hilfen der Industriestaaten bei Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen haben, und in Schwellenländer, die nicht zu Zahlungen an die Entwicklungsländer verpflichtet sind und die außerdem von den Industriestaaten mit „praktischen Schritten“ beim Umstieg auf klimafreundliche Technologien unterstützt werden sollen.

China will nicht Geberland werden

Die Industriestaaten werden in Annex II der Klimarahmenkonvention aufgeführt. Es handelt sich um diejenigen Länder, die 1992 der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) angehörten, darunter auch Österreich. Das waren lediglich die EU sowie 24 Staaten, darunter noch Ex-EU-Mitglied Großbritannien, Island, die USA, Kanada und Japan – nicht aber zum Beispiel die Staaten des einstigen Ostblocks. Die Türkei wurde 2002 aus der Liste gestrichen.

Andere Wirtschaftsmächte wie Südkorea oder Länder mit sehr hohem Pro-Kopf-Einkommen wie Singapur, Katar und Israel fallen nicht in diese Kategorie und sind daher nicht verpflichtet, sich an der Klimafinanzierung zu beteiligen. Die EU hob hervor, dass sich die Welt seit Anfang der 90er Jahre dramatisch verändert hat. China wehrt sich aber weiter dagegen, Geberland zu werden, und nutzt dabei auch seinen wirtschaftlichen Einfluss auf viele Entwicklungsländer, etwa in Afrika.

Langwieriger Prozess

Im 2015 geschlossenen Pariser Klimaschutzabkommen wurde die strikte Aufteilung in einigen Bereichen gelockert und beispielsweise weitere Staaten zu freiwilligen Finanzbeiträgen und alle grundsätzlich auch zu Emissionssenkungen aufgerufen, wenn auch in zunächst unterschiedlichem Maße. Zudem ist ein Revisionsprozess für die Klimafinanzierung vorgesehen.

Wird daher der Fonds für Klimaschäden unter dem Pariser Abkommen angesiedelt und nicht unter der Klimarahmenkonvention, könnten Länder wie China dort mittelfristig zumindest grundsätzlich auch zu Einzahlern werden. Eine Antwort auf diese Frage bleibt nun auch die COP27 schuld. Diese Frage wird somit auch in den kommenden Jahren weiter UNO-Klimakonferenzen beschäftigen.

Durchbruch nach zähen Verhandlungen

Der bei der COP27 nun beschlossene Entschädigungsfonds soll unabwendbare Folgen der Erderhitzung abfedern – etwa immer häufigere Dürren, Überschwemmungen und Stürme, aber auch den steigenden Meeresspiegel und die Wüstenbildung. Die Frage um „Loss and Damage“ hatte sich als größter Streitpunkt durch die zweiwöchige Konferenz in Scharm al-Scheich gezogen, die um mehr als 36 Stunden verlängert wurde.

Neben Details, wer genau einzahlen soll, werden in dem Beschluss auch keine konkreten Summen für den neuen Fonds genannt. Das soll auf der COP28 nächstes Jahr in Dubai geklärt werden. Die Konferenz, zu der etwa 34.000 Teilnehmende ans Rote Meer gereist waren, war am Freitagabend in die Verlängerung gegangen. In der Nacht auf Samstag war nach schleppenden und teils chaotischen Abläufen in Verhandlungskreisen Beunruhigung ausgebrochen. Nach zähen Beratungen folgte am frühen Sonntagmorgen schließlich der Durchbruch.

Die USA hatten den neuen Entschädigungsfonds zunächst blockiert, während die als G-77 bekannte Gruppe aus mehr als 130 Entwicklungsländern zusammen mit China Druck aufbaute. Die EU schwenkte nach anfänglicher Zurückhaltung schließlich um. Man habe sich dazu entschlossen, dem Abschlussdokument zuzustimmen, weil es beim zweiten zentralen Thema dieser COP („Loss und Damage“) Fortschritte gebe, sagte dazu Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne).

Klimaökonom Steiniger zur UNO-Klimakonferenz

Karl Steininger, Klimaökonom des Wegener Centers der Universität Graz, kommentiert die Ergebnisse der UNO-Klimakonferenz in Scharm al-Scheich.

Kein Ausstiegsszenario aus Öl und Gas“

Doch auch wenn der Ausstieg aus Öl und Gas im Abschlussdokument nicht einmal erwähnt wurde, sei der vereinbarte Hilfsfonds für Klimafolgeschäden in ärmeren Ländern eine Basis für die nächste Konferenz 2023 in Dubai, so Gewessler im Ö1-Morgenjournal.

Das Ergebnis der Weltklimakonferenz seit laut Gewessler dennoch „enttäuschend“. Demnach sei man etwa bei der Reduzierung von Emissionen im Vergleich zu Glasgow im vergangenen Jahr keinen wesentlichen Schritt vorangekommen. In der Abschlusserklärung werden die Staaten lediglich aufgefordert, ihre größtenteils unzulänglichen Klimaschutzpläne bis spätestens zur nächsten Klimakonferenz nachzubessern. Die Nachbesserungen bleiben freiwillig, eine Verpflichtung gibt es nicht.

Außerdem bekräftigten die Teilnehmenden am frühen Sonntagmorgen auch ihre frühere Entscheidung, schrittweise aus der Kohle auszusteigen. Ein Abschied von Öl und Gas wird weiter nicht erwähnt. Auch hier bleibt die Erklärung hinter den Forderungen vieler Staaten, Klimaaktivisten und Umweltschützerinnen zurück.