Sozialpartner bei Verhandlungen
APA/Eva Manhart
Handels-KV

Auch jüngste Gesprächsrunde ergebnislos

Auch die vierte Gesprächsrunde über den Kollektivvertrag im Einzel-, Groß- und Kfz-Handel hat kein Ergebnis gebracht. Nach elfstündigen Verhandlungen gingen Arbeitgeber und Gewerkschaft am Dienstag ohne Einigung auseinander. Sollte es weiter keine Einigung geben, werde es „erstmalig Warnstreiks“ im Handel geben, droht die Gewerkschaft. Die Arbeitgeber vermissen einen „konstruktiven Stil“ der Gewerkschaft.

Während die Arbeitgeber weiter auf Einmalzahlungen beharren, fordert die Gewerkschaft eine „dauerhafte, kräftige Gehaltserhöhung“, wie Chefverhandlerin Helga Fichtinger sagte. Die Gewerkschaft habe einen neuerlichen Verhandlungstermin für den 29. November vorgeschlagen, sollte es nicht dazu kommen, stehen Streiks am 2. und 3. Dezember im Raum. Der Handels-KV gilt für 430.000 Beschäftigte.

Bei den Arbeitgebern stieß die „Blockadehaltung“ der Gewerkschaft auf Unverständnis. Der Obmann der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer (WKO), Rainer Trefelik, bedauerte laut Aussendung, „dass die Arbeitnehmerverhandler das bereits mehrmals nachgebesserte Paket der Arbeitgeber so kategorisch ablehnen“. Man habe versucht, „Brücken zu bauen und wären bereit gewesen, noch an einigen Stellschrauben zu drehen. Doch in einer funktionierenden Sozialpartnerschaft braucht es zwei, die sich bewegen“, so Trefelik weiter.

Erstmals Warnstreiks möglich

Die Gewerkschaft habe bei der Lohnforderung etwas nachgegeben und verlange nun 8,5 Prozent plus einen Mindestbetrag, sodass niedrige Einkommen eine zweistellige Erhöhung bekommen, sagte Gewerkschafterin Fichtinger. Im Schnitt würde das Gehaltsplus 9,37 Prozent betragen, so Fichtinger. Damit wolle man dem Wunsch der Arbeitgeber nach einer „Abflachung“ entgegenkommen. Eine Einmalzahlung sei aber nicht akzeptabel.

Nun gibt es jedenfalls Betriebsversammlungen am 24. und 25. November. Sollte es aber bis zum 29. November keine Einigung geben, „dann wird es im Handel erstmalig auch Warnstreiks geben“, so Fichtinger. Die Termine dafür stehen laut Fichtinger auch schon fest: Freitag, der 2. Dezember und am zweiten Einkaufssamstag, dem 3. Dezember.

Aus Sicht der Arbeitgeber ist der Termin noch nicht fixiert. „Wir müssen uns anschauen, wie wir weiter vorgehen. Reden kann man immer. Nur das Reden um des Redens willen ohne Bereitschaft, aufeinander zuzugehen, wird eine große Herausforderung“, sagte Arbeitgeber-Chefverhandler Rainer Trefelik Mittwochfrüh zur APA.

Schwierige KV-Verhandlungen

Die enorme Inflation macht die Lohn- und Gehaltsverhandlungen in diesem Herbst besonders schwierig. Für die 430.000 Beschäftigten im Handel wurde am Dienstag bereits in der vierten Runde verhandelt. Auch bei den Eisenbahnern ist zurzeit keine Einigung in Sicht. Es droht ein Warnstreik. Das Flughafenpersonal hielt am Dienstag bereits die ersten Betriebsversammlungen ab.

Die Arbeitgeber seien bereit, das Einstiegsgehalt von derzeit 1.800 Euro brutto auf 1.930 Euro anzuheben und das Lehrlingseinkommen im ersten Lehrjahr auf 800 Euro plus 200 Euro abgabenfreie Prämie zu erhöhen, sagte Trefelik: „Unterm Strich haben wir eine Steigerung der Gehälter um acht Prozent geboten.“ Das Paket beinhalte eine Erhöhung der KV-Tafel um fünf Prozent sowie eine Prämienzahlung von drei Prozent, „die auf die außergewöhnliche Situation derzeit Rücksicht nimmt“, so der WKO-Verhandler.

Betriebsversammlungen auf Flughäfen

In den Flughäfen von Wien, Graz und Innsbruck hat indes am Dienstag das Sicherheitspersonal Betriebsversammlungen abgehalten. Gefordert wird eine bessere Bezahlung. Verzögerungen im Flugverkehr entstanden nicht. Seitens der Personalvertretungen hieß es, der Lohn müsse sich in Richtung des Niveaus in Deutschland bewegen – mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Verzweifelte Personalsuche

Die mitunter verzweifelte Suche nach Personal in vielen Branchen dürfte sich in den nächsten Jahren verschärfen. Einerseits verlassen die Babyboomer den Arbeitsmarkt. Andererseits legen junge Menschen immer mehr Wert auf eine bessere Work-Life-Balance. Traditionelle Infrastrukturbetriebe versuchen den Generationenwandel mit Bewerbungsoffensiven und attraktiven Arbeitsbedingungen zu managen, manche holen zeitweise Pensionistinnen und Pensionisten zurück.

Bahn-KV: Gewerkschaft vida will streiken

Die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner wollen unterdessen nach den abgebrochenen KV-Verhandlungen im Bahnsektor streiken. Die Gewerkschaft vida habe die Freigabe für einen bundesweiten Warnstreik kommenden Montag beim Gewerkschaftsbund (ÖGB) beantragt, hieß es. Sie spricht von einem „Mangel an Wertschätzung“ und einem „nur kosmetisch geschönten Angebot“ seitens der Arbeitgeber. Diese verurteilten die Streikdrohung.

WKO-Chefverhandler zu KV-Gesprächen

Thomas Scheiber, Obmann des Fachverbandes der Schienenbahnen in der Wirtschaftskammer, spricht über die KV-Verhandlungen.

Die Arbeitgeberseite hatte die Verhandlungen zu einem neuen Kollektivvertrag im Bahnsektor in der vierten Runde unterbrochen, wie der WKO-Fachverband der Schienenbahnen Sonntagabend mitteilte. „Wir kommen nicht mehr weiter und reden gegen eine Wand“, so Chefverhandler Thomas Scheiber.

Beide Seiten betonten, dass sie weiter verhandlungsbereit seien. Die vida fordert die Arbeitgeber auf, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die Arbeitgeberseite hofft auf einen Sinneswandel der vida. Auch der Chef des größten Arbeitgebers in der Branche, ÖBB-Vorstand Andreas Matthä, hat die Wiederaufnahme der Gespräche gefordert.

Streikdrohung „maßlos und unverantwortlich“

Die Arbeitnehmer seien den Arbeitgebern mehrfach entgegengekommen. So sei etwa das „Angebot auf 400 Euro monatlich auf KV- und Istlöhne angepasst“ worden, sagte Gerhard Tauchner, stellvertretender Vorsitzender des Fachbereichs Eisenbahn in der vida. „Die Arbeitgeber haben ein Angebot unterbreitet, welches angesichts der weiterhin steigenden Inflation Reallohnverluste von bis zu zwei Prozent bedeuten würde.“

Die Arbeitgeber bezeichneten die Streikdrohung als „maßlos und unverantwortlich“. Der Fachverband bekräftigte am Abend, kein neues Angebot legen zu wollen. Man biete weiterhin „ein durchschnittliches Gehaltsplus von acht Prozent, in den niedrigeren Einkommensklassen von bis zu zwölf Prozent. Inklusive des angebotenen Einmalbetrages von 1.000 Euro ergibt das eine durchschnittliche Erhöhung der KV-Löhne und Gehälter um mindestens plus neun Prozent.“