Der ehemalige COFAG- und ABBAG-Geschäftsführer Bernhard Perner
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ÖVP-U-Ausschuss

COFAG „politische Entscheidung“

„Erfolgsgeschichte“ oder „Selbstbedienungsladen“: Unter diesem Gegensatz firmierte am Mittwoch der ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss. Im Fokus stand die oft kritisierte Covid-19-Finanzierungsagentur (COFAG). Geladen war der frühere COFAG-Geschäftsführer Bernhard Perner, der die Arbeit der Agentur verteidigte und gleichzeitig versuchte, seine Doppeltätigkeiten und Doppelbezüge zu erklären.

Im Auftrag des damaligen Finanzministers Gernot Blümel (ÖVP) wurde die Covid-19-Finanzierungsagentur binnen weniger Tage nach Beginn der Pandemie gegründet. Sie hatte den Auftrag, die Coronavirus-Hilfen an Unternehmen abzuwickeln. Die Opposition, die zum Teil bei den gesetzlichen Regelungen mitstimmte, schäumte und prognostizierte, dass Unsummen ausgeschüttet werden könnten. Zwei Jahre später zerpflückte der Rechnungshof (RH) die COFAG und stellte sie wegen möglicher Alternativen überhaupt infrage. Dass das Kabinett von Blümel viel mehr in der Planung der COFAG eingebunden war als die Fachleute in der Verwaltung, war nur einer von vielen Kritikpunkten.

Perner hingegen verteidigte die COFAG und die Arbeit der Einheit. Im März 2020 hätte es mit Blick auf den ersten Lockdown schnell gehen müssen, sagte er den Abgeordneten. Er sei zu der Zeit als Experte für Krisenmanagement im Bundeskanzleramt gewesen, um über mögliche Folgen eines Lockdowns zu sprechen. Man teilte die Befürchtung, dass das Zusperren zu Liquiditätsproblemen bei Unternehmen führe, und das wiederum einen „Dominoeffekt“ auslöse.

Der ehemalige COFAG- und ABBAG-Geschäftsführer Bernhard Perner
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Perner gab sich durchaus auskunftsfreudig und verteidigte die COFAG und die Arbeit bei der Abwicklung der CoV-Hilfen

Man habe sich daher für eine Lösung entschieden, auf die man bereits infolge der Finanzkrise 2008 zurückgegriffen habe: Man habe eine Einheit, die nur für die Abwicklung der finanziellen Hilfen für Unternehmen zuständig ist, auf rechtlicher Basis errichtet. Das sei eine „politische Entscheidung“ gewesen. Warum sich Blümel für diese Variante ausgesprochen hat, müsse man ihn fragen, sagte Perner, der derzeit Geschäftsführer der staatlichen Abbaugesellschaft (ABBAG) ist. Über die ABBAG ist die COFAG dem Finanzministerium untergliedert.

Kontrolle in COFAG war betrugssicher

Für den Rechnungshof war allerdings unklar, wozu es mit der COFAG überhaupt eine neue Abwicklungsstelle gebraucht habe. Immerhin hätte das Finanzministerium auf vorhandene Strukturen zurückgreifen können, wie Finanzämter, die bereits über alle Unternehmensdaten verfügen, und die staatliche Förderbank AWS. Perner entgegnete im U-Ausschuss, dass sehr wohl Alternativen durchdacht wurden, aber man sich letztlich für das „Learning“ der Finanzkrise entschied. Dabei lobte er auch die hohe Betrugssicherheit. Im Gegensatz zu Italien oder Deutschland sei es nicht zu systematischem Förderbetrug gekommen.

Auch dass für die Finanzierungsagentur unter der Führung von Perner und dessen Kogeschäftsführer Marc Schimpel von März 2020 bis Mitte 2021 Beratungsleistungen in Höhe von 21 Millionen Euro zugekauft hatte, kritisierte der Rechnungshof. Bis Ende 2021 waren es dann 36 Mio. Euro. Ein Teil der Beratungskosten sei bundesintern geflossen, die Rechtsberatungskosten hätten rund vier Millionen ausgemacht, da sei aber ein Teil den Prüfungskosten zuzurechnen, so Perner am Mittwoch. Durch einen „ausgeklügelten gegenseitigen Kontrollprozess“ habe niemand individuell eingreifen können, versicherte der Ex-Kabinettsmitarbeiter von drei ÖVP-Ressortchefs.

Der ehemalige COFAG- und ABBAG-Geschäftsführer Bernhard Perner
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Perner betonte seine langjährige Berufserfahrung und Fachexpertise, die im U-Ausschuss niemand in Abrede stellte

Dass Perner wegen einer ÖVP-Nähe Geschäftsführer der COFAG wurde, stellte er in Abrede. Seine Karriere sei allein seiner Qualifikation und seiner Leistung zurückzuführen, sagte die Auskunftsperson. Er sei weder Mitglied einer Partei, noch war er in einer Verbindung tätig. Auch habe er keine Nähe zu einer Partei – was indirekt wohl auch dadurch bestätigt wurde, dass im U-Ausschuss kein Abgeordneter den Kontakt mit der Auskunftsperson suchte. Seit 2013 ist Perner im Ressort beschäftigt, seit 2016 Geschäftsführer der ABBAG – über Jahre hinweg gleichzeitig mit seinem Posten im Kabinett.

Wegen der inhaltsgleichen Tätigkeiten (Bankenrestrukturierung) sei dies machbar gewesen, sagte die Auskunftsperson, zur Verwunderung des Verfahrensrichters Wolfgang Pöschl, der in der Doppelverwendung auch eine Doppelbelastung sah. „Wie ist das möglich?“, fragte der pensionierte Richter nicht nur Perner, sondern wohl auch sich selbst.

Doppelfunktionen mit doppelten Bezügen

Dass der Rechnungshof die COFAG bereits sezierte, gab der Opposition Gelegenheit, Perners Karriere genauer anzuschauen. Denn dieser war nicht nur Kabinettsmitarbeiter, COFAG-Geschäftsführer und – bis zur neuen Besetzung – ABBAG-Chef. Zwischenzeitlich war er auch Prokurist der Staatsholding ÖBAG, die Thomas Schmid als Alleinvorstand führte. Die Mehrfachverwendung sei möglich gewesen, weil die Arbeit bei der ABBAG sehr projektbezogen gewesen sei, und zwischen ABBAG und ÖBAG Synergien genutzt werden konnten, sagte die Auskunftsperson.

Er sei deshalb Teil der ÖBAG gewesen, weil er bei den Vorbereitungen der Reform als Experte tätig war. Es habe zwischen ihm als ABBAG-Chef und dem Finanzressort eine Dienstleistungsvereinbarung gegeben. Er habe sowohl in der ABBAG als auch im Ministerium einen physischen Arbeitsplatz gehabt. Wegen seiner Tätigkeiten hatte die Auskunftsperson doppelte Bezüge erhalten, die die Prüfer und Prüferinnen des Rechnungshofes kritisierten. Sie empfahlen eine Rückzahlung in Höhe von 80.000 Euro. Perner teilte im U-Ausschuss mit, dass er das bereits getan habe – obwohl der ABBAG-Aufsichtsrat das nicht gefordert hatte.

COFAG im ÖVP-U-Ausschuss

Im ÖVP-Untersuchungsausschuss steht die CoV-Finanzierungsagentur des Bundes (COFAG) im Vordergrund. Kritik an der COFAG kam zuletzt vom Rechnungshof.

Laut Rechnungshof-Bericht erreichten die Bezüge von Perner im Jahr 2020 aus der parallelen Tätigkeit für ABBAG und ÖBAG (erstes Quartal 2020) sowie für ABBAG und COFAG (April bis Dezember 2020) in Summe rund 434.000 Euro. Ab dem Jahr 2021 hätten sich die Bezüge von Perner für ABBAG und COFAG auf 350.000 Euro belaufen. Dass der ABBAG-Geschäftsführer einen Bonus in Höhe von 1,5 Millionen Euro für dessen Vorgänger, Michael Mendel, unterzeichnet hatte, kritisierte die Opposition scharf. Perner argumentierte, dass der Bonus im Zuge des Abbaus der ehemaligen Hypo-Alpe-Adria-Bank vereinbart worden sei.

Kai-Jan Krainer
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SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer bohrte bei Perners beruflicher Laufbahn nach

Nach der SPÖ fragten auch die Grünen genauer nach, weil auch Perner einen Bonus erhalten hatte. Auf die Frage, wer wie viel Leistung erbracht habe, um die Zusatzzahlungen zu erhalten, antwortete der ABBAG-Geschäftsführer, dass man das nicht so genau sagen könne. Es müsse objektiv gerechtfertigt sein – den größeren Anteil am „Erfolg“ an der Abwicklung habe aber Mendel gehabt. Der damalige Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) habe zunächst mündlich den Auftrag erteilt, es gebe auch einen Aufsichtsratsbeschluss dazu, so Perner.

„Intransparenz und Freunderlwirtschaft“

Für NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper war die COFAG „nichts anderes als Intransparenz und Freunderlwirtschaft in einen schönen rechtlichen Rahmen gegossen“. Auch SPÖ-Mandatar Kai Jan Krainer betonte, dass die COFAG-Struktur aus zwei Gründen geschaffen wurde, nämlich um die parlamentarische Kontrolle auszuschalten und dafür zu sorgen, dass die Betriebe weniger Rechtssicherheit haben. Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli sagte, die COFAG stehe unter dem Motto „Selbstbedienungsladen“ für „junge Männer rund um Sebastian Kurz“.

Friedrich Ofenauer
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Den Vorsitz führte am Mittwoch ÖVP-Abgeordneter Friedrich Ofenauer

FPÖ-Abgeordneter Erwin Angerer ergänzte allerdings, dass der zweite Geschäftsführer, Schimpel, den Grünen zugerechnet wird. „Die Grünen sind sich durchaus im Klaren gewesen, was die Konstruktion der COFAG anbelangt.“ Anders sah das ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger, für den die COFAG nach wie vor eine „Erfolgsgeschichte“ ist. Man nehme die Kritik des Rechnungshofes sehr ernst. Damals sei es aber notwendig gewesen, schnell zu handeln. Und die COFAG habe „wesentlich“ dazu beigetragen, Österreich in dieser schwierigen Situation zu stabilisieren.

Perner hatte sich übrigens bereits im „Ibiza“-U-Ausschuss den Fragen der Abgeordneten gestellt. Damals ging es vielmehr um die ÖBAG und die Ausschreibung für den ÖBAG-Chefposten. Perner kam – offenbar auch überraschend für ihn – in den Chats zwischen Schmid und seiner Mitarbeiterin vor. Danach wurde aus dem Text „internationale Erfahrung“ gestrichen – diese fehlte nämlich Schmid. Perner sagte am Mittwoch, er habe später erst erfahren, dass diese Anforderung für den ÖBAG-Vorstandsposten nicht mehr notwendig gewesen war.