Sicherheitsbeamte in Schutzanzügen
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Proteste bei Apple-Zulieferer

China verschärft Coronavirus-Maßnahmen

In China stellen steigende Coronavirus-Infektionszahlen Pläne für eine Wiedereröffnung der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt weiter infrage. Vielerorts wurden die Maßnahmen verschärft, um weitere Infektionen zu verhindern – jedoch zum Ärger der Bevölkerung. In einem Industriewerk des größten Zulieferers von Apple kam es bereits zu Ausschreitungen.

Die Behörden meldeten für Mittwoch 31.444 Neuinfektionen – so viele wie noch nie seit Pandemiebeginn vor fast drei Jahren. In Schanghai wurde der zweite Tag des Autogipfels China Automotive Overseas Development Summit abgesagt. In der Stadt dürfen Einreisende innerhalb von fünf Tagen nach ihrer Ankunft keine Einkaufszentren und Restaurants betreten.

In Peking, wo mit 1.486 Fällen ein weiterer Tageshöchststand erreicht wurde, bleiben Einkaufszentren, Restaurants, Museen und Parks weitgehend geschlossen. Am Donnerstag verhängten die Behörden in Zhengzhou einen neuen Lockdown in mehreren Stadtbezirken.

Essenslieferant wartet auf Straße
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Während die meisten Länder der Welt versuchen, mit dem Virus zu leben, verfolgt China eine strikte Null-Covid-Strategie

„Schlimmste Wochen“ seit Beginn der Pandemie

„Die nächsten Wochen könnten in China die schlimmsten seit den ersten Wochen der Pandemie sein, sowohl für die Wirtschaft als auch für das Gesundheitssystem“, erklärten die Analysten von Capital Economics.

Es sei wenig wahrscheinlich, dass die Behörden im Winter von ihrem strikten Null-Covid-Kurs abrückten, zugleich bestehe aber ein erhebliches Risiko, dass die Eindämmungsbemühungen scheitern. Das dürfte der chinesischen Wirtschaft einen noch nie da gewesenen Schaden zufügen. Die großen Produktionszentren Chongqing und Guangzhou verzeichnen seit Tagen anhaltend hohe Fallzahlen, die den größten Teil der chinesischen Gesamtfälle ausmachen.

Festhalten an Null-Covid-Politik

China hatte erst kürzlich die Vorgehensweise bei seiner strikten Null-Covid-Politik geändert, um die Wirtschaft nicht mehr so stark zu belasten und den Frust in der Bevölkerung zu minimieren. So sollten Städte gezieltere Maßnahmen und eine Abkehr von den weit verbreiteten Lockdowns und Kontrollen einleiten.

Die jüngste Welle stellt das jedoch auf die Probe. So sind tägliche Massentests, strenge Kontrollen, Kontaktverfolgung und Zwangsquarantäne für die 1,4 Milliarden Chinesen und Chinesinnen nach wie vor Alltag. In Fabriken, aber auch an Universitäten richten die Behörden oft eine „Coronavirus-Blase“ ein – die Menschen dürfen dann wochenlang das Gelände nicht verlassen.

Krankenhauskonstruktion in der Stadt Chongqing
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In der Stadt Chongqing wird aufgrund der steigenden Infektionszahlen ein neues Krankenhaus errichtet

Ausschreitungen bei Apple-Zulieferer Foxconn

Wegen der strikten Regeln ist es rund um das größte iPhone-Werk der Welt zu Protesten und Ausschreitungen gekommen. Der taiwanische Apple-Zulieferer Foxconn, der das Werk in der chinesischen Metropole Zhengzhou betreibt, bestätigte am Mittwoch die Zusammenstöße.

„In Bezug auf die gewalttätigen Handlungen wird das Unternehmen weiterhin mit Mitarbeitern und der Regierung kommunizieren, um zu verhindern, dass ähnliche Dinge in Zukunft wieder passieren“, teilte Foxconn mit. Der Konzern ist der größte private Arbeitgeber in China mit mehr als einer Million Beschäftigten an rund 30 Standorten.

Zusammenstöße zwischen Arbeitern und Polizisten

Wie in am Mittwoch in sozialen Netzwerken geteilten und mittlerweile verifizierten Videos zu sehen war, kam es sowohl in der Nacht als auch bei Tageslicht zu tumulthaften Szenen rund um das Werk. Hunderte Arbeiter versammelten sich und marschierten gegen ein Großaufgebot von Sicherheitskräften.

Ausschreitungen bei Foxconn in Zhengzhou

Beim Apple-Zulieferer Foxconn kommt es in China erneut zu Unruhen wegen der Arbeitsbedingungen infolge der CoV-Regeln. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rissen in der chinesischen Industriestadt Zhengzhou Absperrungen nieder und gerieten mit Personen in Schutzanzügen teils gewaltsam aneinander. Das Werk ist für 70 Prozent der weltweiten iPhone-Produktion verantwortlich und beschäftigt rund 200.000 Arbeiterinnen und Arbeiter. Aufgrund der Pandemielage arbeiten die Beschäftigten in einem „geschlossenen Kreislauf“ – ein System, bei dem die Mitarbeiter im Betrieb leben und arbeiten, abgeschottet von der Außenwelt.

Polizisten mit Schlagstöcken und Plastikschutzschilden versuchten, die Menschen zurückzudrängen. Es kam zu Zusammenstößen. Zu sehen war auch, wie einige Arbeiter offenbar verletzt auf dem Boden lagen.

Neuer Lockdown in Zhengzhou

Am Donnerstag verhängten die Behörden in Zhengzhou einen Lockdown in mehreren Stadtbezirken. Einwohner des Stadtzentrums dürfen das Gebiet vorerst nur noch mit einem negativen CoV-Test und einer behördlichen Erlaubnis verlassen. Ihnen wird geraten, nur noch in dringenden Fällen aus dem Haus zu gehen.

In acht Stadtbezirken müssen sich die Bewohner zudem fünf Tage lang täglich auf das Coronavirus testen lassen. Von dem neuen Lockdown, der ab Freitag zunächst fünf Tage lang gelten soll, sind mehr als sechs Millionen Menschen betroffen – etwa die Hälfte der Einwohner Zhengzhous.

Tausende auf der „Flucht“

Rund um das Foxconn-Werk war es bereits vor einigen Wochen zu Unruhen gekommen. Tausende Mitarbeiter hatten aus Angst vor einer Infektion oder den strikten Maßnahmen die Flucht ergriffen. Foxconn stellte Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen daraufhin höhere Löhne in Aussicht, wenn sie sich dafür entscheiden sollten, trotz der Einschränkungen zurückzukehren. Doch das Werk operierte weiter in einem „geschlossenen Kreislauf“. Mitarbeiter durften damit das Werksgelände nicht verlassen.

Menschen warten bei Eingang zu Foxconn-Fabrik
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Arbeiterinnen und Arbeiter des Foxconn-Werks – ein ganzer Industriekomplex, genannt „iPhone-City“,

Wohl geringere iPhone-Auslieferung

Foxconn teilte am Mittwoch mit, dass es Fragen neuer Mitarbeiter zu ihren Gehältern erhalten habe. Diese würden wie in den Verträgen vorgesehen ausgezahlt. Gerüchte, wonach sich Mitarbeiter ihre Unterkünfte mit infizierten Kollegen teilen müssten, seien falsch.

Das Werk in Zhengzhou ist für 70 Prozent der weltweiten iPhone-Produktion verantwortlich und beschäftigt rund 200.000 Menschen, wovon die meisten auf dem Gelände untergebracht sind.

Apple rechnet wegen der Produktionsbeeinträchtigungen bereits mit geringeren iPhone-Auslieferungen. So hatte Apple in Kalifornien Anfang November mitgeteilt, dass die Fabrik in Zhengzhou mit „erheblich reduzierter Kapazität“ arbeite; betroffen sei die Herstellung des iPhone 14 Pro und iPhone 14 Pro Max. Kundinnen und Kunden müssten deshalb länger auf die Lieferung dieser Geräte warten.