Winterlandschaft mir wenig Schnee
ORF.at/Roland Winkler
Klimakrise

Winter werden zunehmend milder

Der menschengemachte Klimawandel wirkt sich auf keine Jahreszeit so stark aus wie auf den Winter. Er hat sich in Österreich von allen Jahreszeiten am stärksten erwärmt. Mit großen Folgen: Die Tage mit Dauerfrost werden immer seltener, und Schnee in tiefen Lagen hat auch schon deutlich abgenommen. Dafür ist der Sonnenschein mehr geworden – die Gründe dafür verblüffen.

Fünf Jahre ist es her, dass man in Oberkirchbach (Niederösterreich) das letzte Mal Skifahren konnte, zumindest auf Schnee. Seitdem kann der Skilift im Wienerwald in einer Höhe von 380 Metern nur noch zum Grasskifahren verwendet werden. „Wenn es doch einmal schneit, wird es sofort wieder warm“, sagt Liftbetreiber Herbert Bonka.

Früher habe man im Wienerwald noch regelmäßig Skifahren können, und er erinnert sich an den eiskalten Winter 2005/06, der ihn dazu bewog, seinen Skilift zu modernisieren. Der Winter hat sich in Österreich von allen Jahreszeiten am stärksten erwärmt, und das merkt man besonders in den Niederungen.

Über zwei Grad Zunahme

„Die letzten zehn Winter waren im Tiefland schon über zwei Grad wärmer als im Mittel 1961 bis 1990“, sagt Marc Olefs, Leiter der Abteilung Klimaforschung an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Der bisher wärmste Winter war 2006/2007, als tiefer gelegene Skigebiete große Probleme hatten und auch höher gelegene nur durch Schneekanonen die Saison retten konnten.

Im Jahr davor erlebte Österreich den letzten strengen Winter der jüngeren Geschichte. Während einer Kältewelle fror die Donau im Jänner 2006 abschnittweise zu. Im Raum Krems musste die gesamte Schifffahrt eingestellt werden. In Linz lag im Winter 2005/06 an 70 Tagen Schnee, Wien und Graz kamen auf über 60 Schneedeckentage.

Der mit Abstand kälteste Winter der letzten Jahrzehnte war aber der Winter 1962/1963, als Bodensee, Attersee und Traunsee das bisher letzte Mal komplett zugefroren waren. Heute kaum mehr vorstellbar, waren damals Innsbruck und Graz von Mitte November bis Mitte März durchgehend schneebedeckt.

Erwärmung durch sauberere Luft

Neben dem menschengemachten Klimawandel gibt es weitere Faktoren, die die Erwärmung begünstigten. „Der Sonnenschein ist im Winter mehr geworden, sowohl was Dauer als auch Stärke angeht“, sagt Olefs. Durch eine Nordwärtsverschiebung des Suptropenhochs hat einerseits die Bewölkung im Winter in Mitteleuropa abgenommen.

Anderseits hat sich die Luftqualität seit den 1980er Jahren deutlich verbessert, die Schadstoffkonzentration hat abgenommen. Die Luft ist nun sauberer, daher kommt mehr Sonnenenergie bis zum Boden und wärmt ihn auf. Das Tiefland habe sich vermutlich dadurch im Winter stärker erwärmt als die Berge, so Olefs.

Leicht schneebedeckte Wiese vor dem Salzburger Untersberg
ORF.at/Georg Hummer
Der Winter hat sich in Österreich von allen Jahreszeiten am stärksten erwärmt

Auch die Tage mit Nebel sind zurückgegangen, das ist ebenso eine Folge der besseren Luft. Die Bildung von Nebel bzw. Wolken wird nämlich durch Schmutzteilchen in der Luft, die Aerosole, begünstigt. Zudem bilden sich mittlerweile seltenere und schwächere Inversionswetterlagen aufgrund der wärmeren Luft, wie eine Studie der ZAMG herausfand.

Temperaturen steigen, Frost nimmt ab

In der Klimatologie gibt es mehrere Kennzahlen, um den Winter zu beschreiben und Trends herauszufinden. Neben der mittleren Temperatur ist das etwa die Anzahl an Eistagen. Das sind Tage, an denen die Temperatur ganztags unter null Grad liegt. Sie nehmen in allen Landeshauptstädten dramatisch ab, im Schnitt gab es in den letzten Wintern nur noch ein Viertel der Eistage verglichen mit dem Zeitraum 1961 bis 1990.

Am stärksten fällt der Rückgang in Graz aus, wo die Anzahl der Eistage von 23 pro Winter auf knapp drei zurückgegangen ist. Letztes Jahr verzeichnete Graz gar nur noch einen Eistag an der Station Universität. In Innsbruck gab es 2021/22 und 2019/20 von Dezember bis Februar überhaupt keinen Tag mit Dauerfrost.

Klagenfurt als Ausreißer

Vergleichsweise viele Eistage erlebte man im letzten Winter in Klagenfurt, nämlich 27. Dort lag im letzten Winter auch lange Schnee. Das hatte mit dem Lokalklima im Klagenfurter Becken zu tun, mit der geschützten Lage an der Alpensüdseite umgeben von den hohen Bergen. Der Schnee isolierte den Boden und führte dazu, dass die Luft im Klagenfurter Becken stärker abkühlen konnte. Es fand sozusagen eine Entkopplung vom allgemeinen Wetter statt.

In Klagenfurt sieht man auch bei der Anzahl der Frosttage noch keinen größeren Trend zur Abnahme, im Klagenfurter Becken sinkt die Temperatur nach wie vor in fast jeder Nacht im Winter unter den Gefrierpunkt. Dagegen sind die Frosttage in den anderen Landeshauptstädten schon um etwa 25 Prozent zurückgegangen. In Wien etwa ist mittlerweile nur noch jede dritte Nacht im Winter frostig. Im letzten Winter lag die tiefste Temperatur auf der Hohen Warte bei lediglich minus 5,3 Grad.

Auch Schnee wird immer weniger

Waren Schneelandschaft und Dauerfrost noch vor einigen Jahrzehnten selbst in den Niederungen eher die Regel, ist es im neuen klimatischen Zustand heutzutage die Ausnahme, wenn es weiß ist. Die Physik dahinter ist einfach: Steigen die Temperaturen, steigt die Schneefallgrenze während eines Niederschlagsereignisses. Und wenn es dann einmal schneit, bleibt der Schnee durch die höheren Temperaturen auch weniger lange liegen.

Die Daten der Landeshauptstädte zeigen alle einen deutlich abnehmenden Trend bei der Dauer der Schneedecke. Minus 60 Prozent betrug die Abnahme in den letzten Wintern verglichen mit dem Mittel der Jahre 1961 bis 1990. Die Schlusslichter sind Linz, St. Pölten, Wien, Eisenstadt und Graz, wo es in den vergangenen Wintern nur noch zehn bis 13 Tage lang weiß war.

In Klagenfurt lag in den letzten Wintern zwar noch durchschnittlich an über 40 Tagen Schnee, zwischen 1961 und 1990 waren es aber auch hier noch über 60 Tage. Im Winter 2019/20 war es in Klagenfurt nur sieben Tage weiß, und in Bregenz, St. Pölten und Graz suchte man in diesem Winter sogar vergeblich Schnee.

Winter der Zukunft

Mittel- und langfristig ist durch den menschengemachten Klimawandel mit einem weiteren Temperaturanstieg zu rechnen, Schnee wird damit in tiefen Lagen noch seltener. In hohen Lagen hat die Niederschlagsmenge einen größeren Einfluss auf die Schneelage als die Temperatur, da es hier trotz Klimaerwärmung meist kalt genug für Schneefall ist – zumindest jetzt noch.

Wie die ZAMG in einer Studie herausfand, wird die Schneedeckendauer bis zum Jahr 2100 in Lagen um 1500 Meter Seehöhe um mehr als 50 Prozent abnehmen, wenn die Treibhausgasemissionen nicht bald deutlich sinken. Bei Einhaltung des Paris-Abkommens und der Eindämmung der weltweiten Erwärmung auf unter 1,5 Grad sind die Auswirkungen nur etwa halb so stark. Wir haben den Winter der Zukunft also selbst in der Hand.