Infobildschirm im Salzburger Hauptbahnhof
APA/Barbara Gindl
Bahnstreik bis Mitternacht

Fronten weiter verhärtet

Am Montag ist der Bahnverkehr wegen eines 24-stündigen Warnstreiks der Gewerkschaft vida in ganz Österreich stillgestanden. Auch wenn das befürchtete Verkehrschaos auf den Straßen ausblieb, handelte es sich um eine gewichtige Eskalation in den festgefahrenen Kollektivvertragsverhandlungen. Wie es hier weitergeht, bleibt offen – die Fronten erscheinen weiter verhärtet.

„Ja, man muss aufeinander zugehen, wir sind gesprächsbereit, aber es ist ganz klar, es wird keine Lohnabschlüsse geben, von denen am Ende die Menschen ihr Leben nicht fristen können“, sagte dazu vida-Chef Roman Hebenstreit im Ö1-Mittagsjournal. Die Forderung der Gewerkschaft sei Hebenstreit zufolge „eine relativ klare“ und laute 400 Euro mehr für alle Beschäftigten im Bahnbereich.

Am laufenden Warnstreik führte laut dem Gewerkschafter kein Weg vorbei. „Was soll man da am Ende denn tun?“, so Hebenstreit mit Verweis auf das von Arbeitgeberseite nach erfolgter Streikdrohung von 200 auf 208 Euro erhöhtem Angebot. „Jeder Mensch weiß, acht Euro verhindern keinen Streik.“

Laut ÖBB bieten die Arbeitgeber „acht Prozent für alle, aber mindestens 208 Euro“. Das ergebe bei den niedrigen Gehaltsgruppen ein Plus von fast 12,5 Prozent. Laut Arbeitgebern ist das Angebot höher als sämtliche andere Tarifabschlüsse in anderen Branchen in diesem Jahr. Hebenstreit hält dem unter anderem entgegen, dass die Bahnbranche einen Riesenaufholbedarf gegenüber anderen Branchen habe. Anders als etwa bei den Metallern würden bei den Eisenbahnern demnach noch viele Gehälter unter dem Armutsniveau liegen.

Bornemann (ORF) zu Streiks in Österreich

Dieter Bornemann von der ZIB-Wirtschaftsredaktion spricht über die Streiks und Kollektivverhandlungen, die in Österreich stattgefunden haben.

ÖBB-Chef: „Mir fehlt jedes Verständnis“

ÖBB-Chef Andreas Matthä bezeichnete im Ö1-Morgenjournal das Angebot der Arbeitgeberseite als „mehr als attraktiv“. „Mir fehlt jedes Verständnis für diesen Streik“, sagte Matthä. „Ich halte einen Warnstreik von 24 Stunden für nicht verhältnismäßig und bedaure das für unsere Kunden“, fügte er an. Neben dem materiellen Schaden verwies der Manager auf den entstandenen Imageschaden. „Wir verspielen das Vertrauen und das gute Image, das wir uns in den letzten Jahren aufgebaut haben, in wenigen Stunden."

Laut ÖBB sind in Österreich normalerweise täglich rund 8.000 Personen- und Güterzüge von verschiedenen Betreibern unterwegs. Etwa eine Million Passagierinnen und Passagiere werden jeden Tag befördert. Vom 24-stündigen Bahnstreik betroffen waren alle Verbindungen, auch die grenzüberschreitenden. Nur Busse und kommunale Verkehrsbetriebe waren im Einsatz, aber keine S-Bahnen. Am Dienstag wurde der Personen- und Güterverkehr mit Betriebsbeginn wieder aufgenommen.

Noch keine Einigung auf weitere Gespräche

Ob und wann die KV-Verhandlungen wieder aufgenommen werden, ist derzeit noch unklar. Der zuständige Wirtschaftskammer-Fachverband teilte auf APA-Nachfrage mit, dass man am Dienstagnachmittag zunächst zu einer „Vollversammlung/erweiterten Ausschusssitzung“ lade, um die Mitglieder zu unterrichten und die weitere Vorgehensweise zu beraten. Vor der Sitzung werde es keine neuen Terminvorschläge an die Gewerkschaft geben.

Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) sagte, in Österreich sei es Tradition, dass sich die Regierung nicht in Tarifverhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern einmischt. Sie hoffe aber, „dass die Verhandler rasch auf eine Einigung kommen, die Kunden verlassen sich auf den öffentlichen Verkehr.“

Abendlicher Stau auf A4

So wie im morgendlichen Berufsverkehr war auch am Abend auf den Hauptverkehrs- und Zufahrtsstraßen ein erhöhtes Verkehrsaufkommen zu verzeichnen. Vom Ö3-Verkehrsservice gab es am Abend eine Staumeldung von der A4 Richtung Wien. Auch andere Bundesländer berichteten im Tagesverlauf von einem verstärkten Verkehrsaufkommen – in Vorarlberg etwa auf der A14 – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. So wie in der Früh blieb aber auch am Abend ein befürchtetes Chaos im Abendverkehr weitgehend aus.

Vida-Gewerkschaftschef zum Bahnstreik

Ein Eisenbahnerstreik hat am Montag den Zugsverkehr in Österreich lahmgelegt. Die Kollektivvertragsverhandlungen scheinen nicht vorwärtszugehen. Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Gewerkschaft vida, kritisierte das Angebot der Arbeitgeberseite.

Viele dürften die Appelle, sofern möglich im Homeoffice zu bleiben oder Fahrgemeinschaften zu bilden, beherzigt haben. Laut Verkehrsclubs waren Staus, soweit es welche gab, nicht übermäßig groß und teilweise Folge von Unfällen oder Klimaprotesten.

Auf den Bahnhöfen war es am Montag so leer wie sonst kaum jemals. Es waren vor allem ausländische Reisende, die vom Streik überrascht wurden. Ob im Bahnhof in Graz, Linz, Innsbruck oder Wien – in allen großen Städten bot sich das gleiche Bild: Es hielten sich dort so wenige Menschen wie sonst praktisch nie zu Wochenbeginn auf.

Homeoffice und Fahrgemeinschaften entlasten

Laut ÖAMTC ist das Verkehrsaufkommen mittlerweile am Montag nicht mehr so hoch wie vor der Pandemie. Viele seien an diesem Tag im Homeoffice. Schülerinnen und Schüler, sofern sie auf einen Zug angewiesen sind, konnten entschuldigt zu Hause bleiben. All das verringerte das Chaospotenzial spürbar. Auch für den Abend gilt freilich weiter der Appell der ASFINAG, Stoßzeiten möglichst zu meiden.

Park-&-Ride-Anlagen sind voll

Mehr als eine Million Fährgäste sind vom aktuellen Streik betroffen, rund 8.000 Züge stehen still. Welche Auswirkungen sind in Wien zu spüren? Saskia Veenenbos berichtete von der Park-&-Ride-Anlage Wien-Hütteldorf.

Für zusätzliche Behinderungen im Montag-Frühverkehr sorgten Aktionen von Klimaaktivistinnen und -aktivisten. In Graz klebten sich einige in einer unangemeldeten Demo auf dem Opernring fest, in Linz auf der Hafenstraße, und in Innsbruck blockierten sie eine Straße in der Nähe eines Einkaufszentrums – mehr dazu in steiermark.ORF.at, ooe.ORF.at und tirol.ORF.at.

Die ÖBB, die Westbahn und andere Bahnbetreiber warben um Verständnis für den Ausfall von Tausenden Zügen. Vonseiten der Westbahn gab es gleichzeitig aber auch Kritik an der Vorgangsweise der Gewerkschaft. Man halte Warnstreiks als Mittel in verfahrenen Situationen zwar grundsätzlich für gerechtfertigt, wie Andreas Haberl vom Westbahnbetriebsrat per Aussendung mitteilte – „eine so dramatische Maßnahme darf aber nur eingesetzt werden, wenn damit wirklich durch die Gewerkschaft unsere Interessen vertreten werden. Das ist aber nicht der Fall“.

Eine Frau auf einem Bahnsteig am Wiener Hauptbahnhof
ORF.at/Christian Öser
Gähnende Leere auf den Bahnsteigen

Auswirkungen in allen Bundesländern

Der Warnstreik wirkte sich auf alle Bundesländer aus, wenn auch teils unterschiedlich stark. Teils kam es neben den Ausfällen bei Bahn und Schnellbahn auch bei kommunalen Betrieben zu Ausfällen oder Verzögerungen wegen Überlastung – mehr zur Lage in den einzelnen Bundesländern in oesterreich.ORF.at.