Schaufensterpuppen hinter einem Gitter
APA/Helmut Fohringer
Nach Bahnstreik

Handel vor Entscheidungstag

Nach dem landesweiten Bahnstreik am Montag könnte in wenigen Tagen die nächste Arbeitsniederlegung folgen. Denn die Kollektivvertragsverhandlungen im Handel bergen ebenso viel Zündstoff wie jene bei den ÖBB. Am Dienstag wird darüber entschieden, ob es im Handel zu Warnstreiks mitten in der Adventzeit kommt oder nicht.

Der Handels-KV ist einer der größten Kollektivverträge in Österreich und betrifft rund 430.000 Angestellte und Lehrlinge im Einzel-, Groß- und Kfz-Handel. Zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite gab es in den letzten Tagen aber kein Näherkommen bei den Verhandlungen.

Die Gewerkschaft fordert ein Gehaltsplus von 8,5 Prozent mit einem Mindestbetrag in Höhe von 200 Euro. Die Arbeitgeber schlagen eine steuerfreie Prämie vor, die den Beschäftigten großteils noch heuer ausbezahlt werden soll, und bieten fünf Prozent Erhöhung auf die kollektivvertraglichen Mindestgehälter. Die Gewerkschaft lehnt Einmalzahlungen aber ab und will angesichts der hohen Inflation ordentliche Gehaltssprünge sehen.

Gewerkschaft: Hunderte Streikbeschlüsse

Eine Streikfreigabe hat sich die Spartengewerkschaft vom Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) bereits geholt. Kommt es am Dienstag zu keiner Einigung, gehen die Handelsangestellten am Freitag und Samstag auf die Straße. In mehr als 300 Unternehmen gebe es Streikbeschlüsse aus dortigen Betriebsversammlungen, so die Gewerkschaft.

Passanten auf der Wiener Mariahilfer Straße
ORF.at/Roland Winkler
Die Einkaufstage vor Weihnachten zählen für den Handel zu den Höhepunkten im ganzen Jahr

Darunter befinden sich große Handelsketten – auch aus der Lebensmittelbranche – Textilketten, Großhändler und Baumärkte. Wo es keinen Betriebsrat gibt, gibt es auch keine entsprechenden Beschlüsse, somit drohen dort auch keine Streiks.

Arbeitgeberseite sieht „Blockadehaltung“

Für Arbeitgeber-Chefverhandler Rainer Trefelik ist die „Blockadehaltung“ der Gewerkschaft unverständlich. „Seit der letzten Verhandlungsrunde hat sich die Anzahl jener Arbeitgeberbetriebe, die sich bereit erklärt haben, die Teuerungsprämie bereits zur Gänze im heurigen Jahr auszubezahlen, beträchtlich erhöht.“

Damit würden mindestens 165.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Handel noch heuer von der Sofortprämie profitieren, so Trefelik laut einer Aussendung. Er fordert die Gewerkschaft auf, „ernsthaft zu verhandeln, wie es einem guten, sozialpartnerschaftlichen Stil entspricht, statt die Eskalation zu suchen und Streiks vorzubereiten.“

Arbeitnehmer: Angebot ist „Mogelpackung“

Das Angebot der Arbeitgeber sei „für die Handelsangestellten angesichts der momentanen Teuerung nicht annehmbar“, so die Chefverhandlerin der Gewerkschaft, Helga Fichtinger. Es handle sich um eine „Mogelpackung, denn vier Prozent dauerwirksame Gehaltserhöhung und drei Prozent Einmalzahlungen ergeben rechnerisch zwar sieben Prozent, jedoch ist die dauerhafte Wirkung nur vier Prozent auf das Gehalt.“

Die modifizierte Forderung der Gewerkschaft GPA liege bei plus 8,5 Prozent mit einem Mindestbetrag in Höhe von 200 Euro, was für niedrigere Gehaltsgruppen ein deutlich höheres Gehaltsplus in der Höhe von 11 Prozent bedeute.

Einstündiger Warnstreik bei Telekom Austria

Unterdessen hat die Belegschaft der teilstaatlichen, börsennotierten Telekom Austria (TA) bei den für Dienstag angekündigten Betriebsversammlungen einen einstündigen Warnstreik beschlossen. Die Betriebsversammlungen wurden dafür ab 11.00 Uhr unterbrochen. Laut Betriebsrat soll es keine gröberen Auswirkungen auf Kundinnen und Kunden geben. Die KV-Verhandlungen waren am Vortag in der fünften Runde ohne Ergebnis abgebrochen worden.

Betroffen sind rund 10.000 TA-Beschäftigte. Die nächste Verhandlungsrunde findet am 6. Dezember statt. Wenn es dort zu keiner „deutlichen Verbesserung des Angebots des Vorstands kommt“, plant die Gewerkschaft weitere Maßnahmen.

Einigung im Metallgewerbe

Im Gegensatz zum Handel einigte man sich im Metallgewerbe am Montag bereits in der ersten Verhandlungsrunde. Die KV-Mindestlöhne werden am 1. Jänner 2023 um acht Prozent angehoben, die Istlöhne steigen um 7,1 Prozent, Lehrlinge erhalten um bis zu 10,2 Prozent mehr Geld und das Klimaticket. Der Mindestlohn liegt künftig bei 2.234,52 Euro. Die Zulagen steigen um bis zu 8,3 Prozent. Das teilte die Gewerkschaft PRO-GE in einer Aussendung mit.

„Der sozialpartnerschaftlich verhandelte Abschluss im Metallgewerbe stärkt dauerhaft die Kaufkraft der ArbeiterInnen. Für die 18.000 Lehrlinge konnte zudem ein tolles Paket mit kräftigen Erhöhungen und einem Gratis-Klimaticket geschnürt werden“, sagte PRO-GE-Bundesvorsitzender Rainer Wimmer.

Betroffen sind rund 110.000 Arbeiterinnen und Arbeiter und 18.000 Lehrlinge. Der KV umfasst verschiedene Berufsgruppen, etwa Elektrotechnik, Metalltechnik, Mechatronik, Kfz-Mechanik sowie die Installateure und Installateurinnen. Basis für die Verhandlungen war die Inflation der zwölf Monate von September 2021 bis August 2022 in Höhe von 6,3 Prozent.