Nicht in seiner Rolle als nunmehriger Kanzler und ÖVP-Chef wird und wurde Nehammer befragt, sondern zu seiner Zeit als ÖVP-Generalsekretär (Jänner 2018 bis Jänner 2020) und Innenminister (Jänner 2020 bis Dezember 2021). Sein Auftritt im März war geprägt von zermürbenden Disputen über die Geschäftsordnung. Gerade einmal eine Befragungsrunde konnte im Ausschuss absolviert werden – und das bei maximaler Befragungsdauer.
Stein des Anstoßes waren unterschiedliche Auffassungen über die Zulässigkeit von Fragen und ob diese denn durch den Untersuchungsgegenstand gedeckt seien. Nach Ansicht der ÖVP können Parteien per se nicht Gegenstand des U-Ausschusses sein. Vielmehr könne es nur um „Handlungen von Organen des Bundes“ und nicht um jene von Parteien gehen. Das sahen die restlichen Fraktionen anders.
Lehren aus der Vergangenheit
Die Befragung Nehammers im ersten Anlauf „habe nicht wirklich funktioniert“, räumte SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer im Vorfeld ein. Am Mittwoch aber wolle man es „der ÖVP möglichst schwierig machen“, die Zulässigkeit von Fragen in Zweifel zu ziehen – dazu habe man Fragestellungen der vergangenen neun Monate analysiert.
Inhaltlich brachten Nehammers Aussagen im März wenig Erhellendes, die Schwerpunktsetzung am Mittwoch wird nun eine andere sein. Thematisiert werden soll laut SPÖ etwa, warum die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nach wie vor nicht die aus dem Bundeskanzleramt geforderten elektronischen Daten übermittelt bekommen habe.
Weiter Interesse an Media Contacta
Erneut in den Fokus rücken werden die Modalitäten rund um Umfragen und Inserate, die von ÖVP-geführten Ressorts in Auftrag gegeben wurden. Insbesondere die Rolle der Agentur Media Contacta, deren Geschäftsführer Peter Madlberger Anfang Oktober vom U-Ausschuss befragt worden war, steht weiterhin im Interesse. Den Vorwurf, die Agentur habe in Wahljahren Aufträge von ÖVP-geführten Ministerien abgewickelt, um die ÖVP zu unterstützen, wies der Agenturchef damals zurück – die Opposition schenkte ihm wenig Glauben.
Nach Nehammer muss ÖVP-Landesgeschäftsführer Ebner Auskunft erteilen. Laut Ladungsverlangen soll er zu Wahrnehmungen über mögliche indirekte Finanzierung von Wahlkampfaktivitäten mit Hilfe von Auftragsvergaben und Förderungen durch Organe des Bundes befragt werden. Außerdem stehe Ebner in regelmäßigem Kontakt zu „untersuchungsrelevanten Personen“ wie Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). Sobotka ist Vorsitzender des U-Ausschusses – dass er den Vorsitz am Mittwoch wegen etwaiger Befangenheit abgeben wird, steht nicht zu erwarten.
ÖVP wittert Wahlkampfmanöver
Am Donnerstag muss sich dann Ebners Chefin, Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), den Fragen der Abgeordneten stellen. Laut Opposition kommt sie regelmäßig in dem Untersuchungsausschuss vorliegenden Chatverläufen entweder direkt oder indirekt vor. Befragt werden soll sie auch darüber, ob sie in ihrer Zeit als Innenministerin Wahrnehmungen zum Beginn des Projekts „Ballhausplatz“, mit dem Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) an die Macht kam, habe.
Die ÖVP kritisiert die Ladungen von Mikl-Leitner und Ebner als durchschaubares Manöver, das der Ende Jänner anstehenden Landtagswahl geschuldet sei. Es gehe dabei nicht um Aufklärung, sondern um parteitaktische Überlegungen. Am Donnerstag soll auch noch Doris Steiner-Ostermann, Abteilungsleiterin für Kommunikation und Service im Landwirtschaftsministerium, Auskunft erteilen; sie soll laut Ladung Wahrnehmungen zu allen Beweisthemen haben.