Ein Baby wird von einem Arzt untersucht
Getty Images/iStockphoto/Georgerudy
CoV, RSV, Grippe

Triple-Welle hat Österreich im Griff

Derzeit breitet sich in Österreich gerade eine dreifache Verkühlungswelle aus. Sie tritt sehr früh und auch heftiger auf als in anderen Jahren. Zum Coronavirus kommen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) und das Influenzavirus dazu. Zuletzt hat die Grippe laut offizieller Meldung der MedUni Wien am Dienstag ebenfalls ein epidemisches Ausmaß erreicht. Besonders betroffen sind Babys und Kleinkinder, was bereits zu einer starken Belastung der Kinderabteilungen in den Spitälern führt.

Rinnende Nase, Husten, Halsweh, Fieber und Atembeschwerden – die klassischen Symptome einer Verkühlungskrankheit verbreiten sich derzeit rasant in der Bevölkerung. Dass viele Menschen erkranken, merkt man derzeit in vielen Schulklassen und Arbeitsstätten.

Vor der Pandemie habe es im Winter regelmäßig Doppelwellen gegeben – nun gebe es eine Triple-Welle, so der Kinderarzt und Infektiologe Volker Strenger von der Med Uni Graz. In den letzten beiden Jahren der Pandemie waren nämlich die sonst für die Saison typischen von RS-Viren und Influenza ausgelösten Verkühlungswellen weitgehend ausgeblieben – aufgrund von Distanzregeln, Maskengebot und Lockdowns. Die nunmehrige Triple-Welle wird sich, so vermutet Strenger, durch den ganzen Winter ziehen.

Auch Grippe epidemisch

Die Virologin Judith Aberle von der MedUni Wien betonte gegenüber ORF.at, dass nach dem RSV auch die Verbreitung des Influenzavirus hierzulande mit letzter Woche offiziell epidemisches Ausmaß erreicht hat. Die Virologie der MedUni Wien ist die nationale Beobachtungsstelle für das weltweite Sentinel-System zur epidemiologischen Überwachung.

Hauptstamm abgedeckt

Quasi eine „gute Nachricht“ gibt es für alle, die sich gegen Influenza impfen ließen oder lassen: Dominierend in dieser Saison ist der Stamm A/H3N2, und die zirkulierenden H3N2-Viren stimmen mit den in den Impfstoffen enthaltenen Stämmen überein.

Laut Aberle war bei den RS-Viren seit drei Wochen ein Anstieg erkennbar, und diese haben jetzt ebenfalls epidemisches Ausmaß erreicht. Das sei „sehr früh“. Wie lange die RSV- und Influenzawelle andauern wird, wollte Aberle nicht abschätzen. Das intensive virologische Geschehen werde jedenfalls noch „in den nächsten Wochen anhalten“.

RS-Viren für Säuglinge besonders gefährlich

Aberle und Strenger verwiesen darauf, dass vor allem RS-Viren für Säuglinge, insbesondere in ihrem ersten Winter, nicht immer harmlos sind. Sie können eine Bronchiolitis, eine Entzündung der noch feineren Atemwege als die Bronchien, auslösen. Laut der EU-Gesundheitsbehörde (ECDC) sind Null- bis Vierjährige besonders häufig betroffen.

Dazu, so Aberle, kämen noch viele Rhinoviren. Aberle und Strenger betonen, dass die Symptome der verschiedenen Infekte gleich sind – man also ohne Abstrich nicht unterscheiden kann, um welches Virus es sich handelt. Aberle empfiehlt daher, im Falle von Symptomen möglichst immer einen CoV-Test zu machen. Und sie verweist auf die aktuelle ECDC-Empfehlung, nach der Kinder mit Symptomen nicht in den Kindergarten oder die Schule gehen sollten. Das sei ein Selbstschutz und verhindere auch die weitere Ausbreitung.

Immunisierung für Risikokinder

Die letzten beiden Jahre hätten gezeigt, dass Social-Distancing und Maskentragen vor Infektionen schütze. Das würden aber wohl die wenigsten wollen. Eine konkrete Empfehlung hat Strenger aber parat: Eltern mit einem Säugling, insbesondere in den ersten sechs Monaten, sollten größere Menschenmengen möglichst meiden. „Wenn jeder Schnupfen ein RSV sein kann“, könne man so das Risiko einer Ansteckung verringern, auch wenn eine Ansteckung dadurch natürlich nicht auszuschließen sei.

Strenger verweist darauf, dass es für Risikokinder – Frühgeborene oder Säuglinge mit Herzfehler oder Lungenerkrankung – eine passive RSV-Immunisierung gibt. Diese sei mittlerweile grundsätzlich auch für gesunde Kinder zugelassen, aber in Österreich noch nicht erhältlich.

Folgen für Kinderabteilungen in Spitälern

Laut dem Kinderarzt ist das Spitalssystem wegen der vielen stationär aufgenommenen Kleinkinder bereits „kurz vor der Überlastung“. Anders als in den Hochzeiten der CoV-Pandemie betrifft es jetzt vor allem die Kinder- und Jugendabteilungen, auch wenn die Dimensionen nicht zu vergleichen seien.

Auch der Wiener Gesundheitsverbund warnte am Dienstag in einer Aussendung vor den Gefahren vor allem für Kleinkinder unter einem Jahr. Babys müssten bei einer Infektion oft stationär im Spital aufgenommen werden und ihre Atmung müsse unterstützt werden. Derzeit seien daher die Kinderbetten in ganz Wien „außergewöhnlich stark ausgelastet“.

Das Rote Kreuz ruft indes wegen der starken Häufung an Erkältungserkrankungen vor Weihnachten zum Blutspenden auf. Die Lagerbestände seien aktuell sehr niedrig, weil viele regelmäßige Blutspenderinnen und Blutspender wegen Infekten ausfallen würden. Das sei gerade in der Urlaubszeit ein Problem, wo ohnehin weniger Blut gespendet werde. In der Blutspendezentrale für Wien, Niederösterreich und das Burgenland in Wien könne man die Spende auch gleich mit einer Grippeimpfung verbinden.

„Teilweise rund um die Uhr krank“

Ein ganz ähnliches Bild wie in Österreich zeigt sich derzeit in vielen europäischen Ländern und auch in Nordamerika. Alarm schlug am Dienstag etwa der Sprecher des Berufsverbands der deutschen Kinder- und Jugendärzte, Jakob Maske.

Es gebe eine „Anhäufung von Infekten“. Die Kinder seien teilweise „rund um die Uhr krank und die Eltern machen sich Sorgen, dass sie gar nicht mehr gesund werden“, so Maske. In der aktuellen Situation gleiche seine Tätigkeit in der Praxis eher einem „Durchschleusen“ als guter Medizin. Die Kunst bestehe darin, die wirklich kranken Kinder herauszufiltern.