ÖVP-U-Ausschuss: Nehammers zweite Befragung verläuft zäh

Zum zweiten Mal steht heute Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss Rede und Antwort. Er war im Untersuchungszeitraum zunächst Generalsekretär der Volkspartei, anschließend bekleidete er das Amt des Innenministers. Bereits zum Auftakt im März war Nehammer geladen, damals geriet aber Inhaltliches ob zahlreicher Geschäftsordnungsdiskussionen in den Hintergrund. Auch heute läuft es in diese Richtung.

Laufend Unterbrechungen

Wiederholte Male wurde die Sitzung unterbrochen bzw. Fragen inhaltlich erörtert. In vielen Fällen wurden die Fragen als zu unkonkret formuliert befunden und deren Zulässigkeit seitens der ÖVP infrage gestellt.

Karl Nehammer (ÖVP) im ÖVP Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz

Gleich die erste Frage des SPÖ-Abgeordneten Christoph Matznetter führte zu einer Geschäftsordnungsdiskussion mit anstehender Sitzungsunterbrechung. Matznetter wollte von Nehammer wissen, ob ihm bekannt sei, dass der ehemalige enge Vertraute von Ex-Kanzler Sebastian Kurz, Gerald Fleischmann, Beschuldigter in der Causa Beinschab ist.

Diese Frage war der ÖVP zu „abstrakt“ und stehe nicht im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand. Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl ließ sie nach der Unterbrechung zu. Nehammer antwortete daraufhin mit einem knappen „Ja“.

Zeiten „multipler Krisen“

In seinem Eingangsstatement hatte der Kanzler in Begleitung seiner Vertrauensperson, Rechtsanwalt Martin Huemer, betont, dass man in Zeiten multipler Krisen lebe. Aufgabe der Regierung sei es, der Bevölkerung Sicherheit zu geben. Wie schon bei seiner ersten Ladung wolle er heute versuchen, alle Fragen nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten.

„Zwickmühle“ bei WKStA-Anweisung

Bei seiner Erstbefragung sprach Pöschl Nehammer auf die Weigerung des Bundeskanzleramts an, der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Daten aus E-Mail-Postfächern zu liefern. Das Bundeskanzleramt habe „stets mit der WKStA kooperiert“, sagte Nehammer.

Doch sprach er von einer „Zwickmühle“ – die Sicherstellungsanordnung sei nicht präzise gewesen, darum habe man Rechtsmittel eingelegt, um juristische Sicherheit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu bekommen. Derzeit arbeiteten nach Auskunft Nehammers gerade beiden Seiten zusammen, um eine probate Lösung zu finden.

Krainer: Nehammer stets „Teil des Systems Kurz“

Pessimistisch zeigte sich SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer im Vorfeld der Befragung zum Veränderungswillen in der ÖVP. Nehammer habe sich nicht vom korruptiven System emanzipiert, er sei ja „immer Teil des Systems Kurz“ gewesen, so Krainer. „Er müsste sich selbst wegräumen“, um diesen Zustand zu ändern, glaubt der SPÖ-Mandatar. Der Kanzler habe „ausreichend Wahrnehmungen, wenn es um Korruption in der ÖVP geht“.

Krisper hat „wenig Hoffnung auf Einsicht“

Skeptisch zeigte sich auch NEOS-Fraktionschefin Stephanie Krisper: „Wenn bekannte ÖVP-Gesichter im Ausschuss auftauchen, ist der Aufklärungsgehalt meist ein geringer“, so Krisper. Es sei zu befürchten, dass es heute wieder so laufe. Dabei habe er sich in seiner Rolle als Innenminister in eine ganze Riege eingereiht, die das Ministerium als „Selbstbedienungsladen“ gesehen habe. Vom angekündigten neuen Stil der ÖVP sei nichts zu bemerken, so die NEOS-Fraktionschefin. Auch das Kanzleramt sei „durchgefärbt“ mit loyalen Mitarbeitern und der ÖVP Niederösterreich. Zu all dem wolle man Nehammer befragen.

Kritik an Rückholung Fleischmanns

Grünen-Fraktionschefin Nina Tomaselli brachte ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass Nehammer die Vertrauenskrise im politischen System „mindestens so genau beschäftigt wie mich“. Sie hoffe zudem, dass Nehammer an der „Generalsanierung“ der politischen Verhältnisse mitarbeiten werde. Kritik übte sie an der Entscheidung, Gerald Fleischmann zum Leiter der Medienarbeit der Bundes-ÖVP zu machen.

FPÖ: „Nehammer türkis und schwarz“

FPÖ-Fraktionschef Christian Hafenecker sagte, dass die Grünen „Teil der Vertrauenskrise“ seien und sie auch dafür verantwortlich seien, solange sie die Regierung mit der ÖVP nicht beenden würden. Nehammer sei sowohl schwarz als auch türkis, es wäre verfehlt, zu glauben, „dass nicht die eine oder andere Grauslichkeit“ auch über seinen Tisch gegangen wäre. Auch die FPÖ übte Kritik an der Rückholung Fleischmanns. Hafenecker sprach von „Message Control 2.0“.

ÖVP will auf Fragen „sehr genau achten“

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger erwartet „sehr wenig Erkenntnisgewinn“, Nehammer könne ja nur in seiner Rolle als Innenminister und Generalsekretär befragt werden. Man werde – wie in der ersten Befragung – „sehr genau drauf achten“, dass die Fragen vom Untersuchungsgegenstand abgedeckt seien.

Als zweite Auskunftsperson vorgesehen ist später der Landesgeschäftsführer der niederösterreichischen Volkspartei, Bernhard Ebner. Er soll unter anderem zur etwaigen Finanzierung von Wahlkampfaktivitäten mit Hilfe von Auftragsvergaben und Förderungen befragt werden. Hanger übte Kritik: Ebner komme in den Akten nicht vor, es stünden „rein wahltaktische Überlegungen“ hinter der Ladung.