Er gilt vielleicht als Pionier der gefärbten grauen Haare: Robert Forster von der australischen Indie-Band The Go-Betweens, soll sich 1987 geweigert haben, einen Friseursalon zu verlassen, bevor seine Haare nicht genau den gleichen Grauton hatten wie jene von Blake Carrington aus der Serie „Dynasty“. Es soll acht Stunden gedauert haben.
Da es bekanntlich in der Natur von, selbst fragwürdigen, Trends liegt, in regelmäßigen Abständen wiederzukehren, sahen sich einige Jahrzehnte später Friseure und Friseurinnen auf der ganzen Welt ebenso mit der Herausforderung konfrontiert, die perfekte Kopie eines bestimmten grauen Haarfarbtons anzufertigen. Als Vorbild galt nun nicht mehr Carrington, sondern die Figur der Daenerys Targaryen aus der Serie „Game of Thrones“. Und ganz im Sinne von „Winter’s coming“ muss in den Friseurstudios nun wieder die Paste aus grauen Farbpartikeln angemischt werden.

Trend im Winter „beliebter“
„Mit dem nahenden Winter wird dieser Trend noch beliebter werden“, sagt die Londoner Haarstylistin Seung Ki Baek gegenüber dem „Guardian“. Man habe den Trend zwar bereits im Sommer feststellen können, allerdings wollten nun viele mit der kühlen Jahreszeit auch einen kühleren Haarfarbton haben, so Ki Baek. Viele Friseursalons würden derzeit von einer Zunahme der Anfragen nach dieser Farbe berichten, so der „Guardian“. Auch auf TikTok habe der Hashtag #silvergreyhair (zu Deutsch: #silbergrauehaare) fast zwei Millionen Aufrufe.
Die These vom chamäleonartigen Haarwandel im grauen Winter lässt sich derzeit gleich an einer Reihe von Stars beobachten: So sorgte die Schauspielerin und Influencerin Julia Fox Anfang November bei den als „Mode-Oscars“ bekannten CFDA Awards mit ihrem platingrau gefärbten Haaransatz für Aufsehen: „Fox enthüllt eine dramatische Graue-Haare-Verwandlung“, schrieb etwa die „Vogue“.
Doch auch an Männern geht der Trend nicht spurlos vorüber. Der US-amerikanische Fußballer Sergino Dest etwa trägt seine dicht-lockigen Haare derzeit nicht nur kurz geschoren, sondern auch grau gefärbt, wie bei der WM in Katar zu sehen war.
Grau ist nicht gleich Grau
Wobei Grau nicht gleich Grau ist, in diesem Fall auch gar nicht einfach nur Grau sein darf. Vielmehr müsse man dem „Guardian“ zufolge nun von schimmerndem „Austerngrau“, „Silbergrau“ oder „Perlmuttsilber“ sprechen. Gemutmaßt wird, dass es auch diese Namensgebung sein könne, die die Farbe „cooler“ und nicht zuletzt auch „akzeptierter“ mache – schließlich handle es sich dabei doch auch um eine Farbe, die stark mit Altern assoziiert werde.

Veränderung gesellschaftlicher Normen?
Warum also würden junge Leute zur silbernen Farbtube greifen, fragt der „Guardian“, um gleich darauf mögliche Antworten zu liefern: „Der Kontrast zwischen einem jugendlichen Gesicht und grauen Haaren könnte als optischer Trick oder als eine Art Bescheidenheit angesehen werden. Oder es könnte sein, dass die grauen Haare darauf abzielen, den Alterungsprozess zu ‚beschleunigen‘, damit er im weiteren Verlauf weniger auffällt. Vielleicht stehen wir aber auch erst am Anfang einer Veränderung der gesellschaftlichen Normen in Bezug auf die Symbolik grauer Haares.“

So habe auch Fox ihren Look mit den Worten, es sei eine „Liebeserklärung ans Älterwerden“, kommentiert. Auf TikTok meinte sie zudem: „Altwerden ist verdammt scharf. Es ist sexy.“ Die Schauspielerin ist 32.
Doch auch in den älteren Jahrgängen werde graues Haar zunehmend gewürdigt. Als Schauspielerinnen wie Helen Mirren (77) und Andie MacDowell (64) Anfang des Jahres mit grauen Haaren auf dem roten Teppich in Cannes erschienen, sei das ein Zeichen der Ermutigung für ältere Frauen gewesen.
Alt und grau. Und schön.
Denn dadurch würde die Vorstellung abgelehnt, „dass man jung sein muss, um schön zu sein“, so der „Guardian“. MacDowell bezeichnete den Look als „badass“ und schloss sich damit der Stimmung in den sozialen Netzwerken unter dem Hashtag #greyhairdontcare an.
Auch die Haarstylistin Ki Baek meint, dass die Kombination aus jüngeren Generationen, die mit Austerngrau experimentieren, und älteren Menschen, die natürliche Farbtöne bevorzugen, nur gut für eine altersübergreifende Vorstellung von Schönheit sein könne. „Graues Haar wird jetzt als trendy und cool angesehen“, sagte sie. „Ältere Männer und Frauen, die diese Haarfarbe tragen, werden nicht mehr als ‚alt‘ angesehen. Stattdessen gelten sie als stilvoll.“