Der Gesetzesentwurf zur Zukunft der „Wiener Zeitung“ stößt auf viel Widerstand. Das geht aus den Stellungnahmen hervor, die bis heute zum Ende der Begutachtungsfrist eingebracht wurden. Die Einstellung der „Wiener Zeitung“ als Printmedium wird scharf kritisiert, ebenso der geplante Ausbau der Journalismusaus- und -weiterbildung per „Media Hub Austria“.
Der Presseclub Concordia fordert die Übergabe an einen neuen Eigentümer, der bereit ist, den Charakter des Mediums zu erhalten. Josef Trappel, Leiter des Fachbereichs Kommunikationswissenschaft an der Universität Salzburg, stuft „die publizistische und wirtschaftliche Erfolgswahrscheinlichkeit“ einer „Online-only ‚Wiener Zeitung‘“ als gering ein. Auch lasse die vorgesehene Finanzierung von 7,5 Mio. Euro im Jahr „nur den Betrieb einer kleinen, kaum wettbewerbsfähigen Rumpfredaktion zu“.
Das Frauennetzwerk Medien bemängelt, dass der Gesetzesentwurf kein Redaktionsstatut vorsieht und fordert den Gesetzgeber auf, die „Wiener Zeitung“ als unabhängige Tageszeitung mit einem Redaktionsstatut zu erhalten. Auch die Redaktion der „Wiener Zeitung“ meldete sich zu Wort und warnte, dass der Entwurf als Konsequenz das Ende der tagesaktuellen Berichterstattung bedeute. Vielmehr solle die Zeitung zu einem „peripher umschriebenen Aus- und Weiterbildungsmedium“ werden.
„Verstaatlichung journalistischer Ausbildung“
Denn die Regierung plant, einen mit sechs Mio. Euro dotierten „Media Hub Austria“ bei der Wiener Zeitung GmbH einzurichten, der Journalisten aus- und weiterbildet und Bürgern Medienkompetenz vermittelt. Der Presseclub Concordia befürchtet eine „einschneidende Verstaatlichung journalistischer Aus- und Fortbildung“, wenn diese „unter die Kontrolle einer GmbH in direkter Weisungslinie des Bundeskanzleramts“ gebracht werde. „Mit der Unabhängigkeit von Medien ist dies völlig unvereinbar.“
Die Universitätenkonferenz schreibt, der „Media Hub Austria wäre im Hinblick auf die notwendige Unabhängigkeit ein Dammbruch, der die Aus- und Weiterbildung von Journalist:innen in Österreich nachhaltig und auf Dauer beschädigt“. Es liege damit ein Modell vor, „das mit dem Selbstverständnis westlicher, liberaler Demokratien nicht vereinbar ist“.
„Unvereinbare Vermischung“
Auf wenig Gegenliebe stößt das Vorhaben, eine „Content Agentur Austria“, die Content- und Agenturleistungen für den Bund und Unternehmen des Bundes erbringt, bei der Wiener Zeitung GmbH einzurichten. „Daraus entsteht eine mit professionellem Journalismus unvereinbare Vermischung journalistischer Aufgaben mit Kommunikationsarbeit im Interesse des Staates“, so der Presseclub Concordia. Auch der Verband Freier Rundfunk sieht diesen Aspekt besonders kritisch.
Die Pflichtveröffentlichungen im Amtsblatt der „Wiener Zeitung“ fallen mit dem Gesetzesentwurf weg. Stattdessen ist eine elektronische Verlautbarungs- und Informationsplattform (EVI) vorgesehen. Einigkeit herrscht darüber, dass dieser Schritt zeitgemäß ist. Nur die Umsetzung stößt speziell bei den Ländern auf Unverständnis.