Christiane Hörbiger
ORF/Roman Zach-Kiesling
1938–2022

Publikumsliebling Christiane Hörbiger tot

Sie war eine der beliebtesten Schauspielerinnen des Landes: Christiane Hörbiger. Am Mittwoch ist sie im Alter von 84 Jahren in Wien verstorben. Hörbiger war fast sieben Jahrzehnte lang auf der Bühne, in Film und Fernsehen präsent und begeisterte im Laufe ihrer Karriere ein Millionenpublikum.

In ihrer Autobiografie „Ich bin der Weiße Clown“ rekapitulierte die 1938 in Wien geborene Tochter des legendären Schauspielerehepaares Paula Wessely und Attila Hörbiger ihre Kindheit und Jugend. Auf Wunsch der Eltern machte sie zunächst eine Zuckerbäckerlehre, doch 1955 entschied sie sich für die Schauspielkarriere.

Auf Drängen ihrer Mutter besuchte sie das Reinhardt-Seminar, das sie allerdings für die Dreharbeiten zum Film „Kronprinz Rudolfs letzte Liebe“, in dem sie Mary Vetsera spielte, abbrach. Von 1965 bis 1970 spielte sie an der Seite von Willy Millowitsch die Rolle der Christl Müller in der ARD-Fernsehserie „Donaugeschichten“. Der große Durchbruch stellte sich allerdings erst in den 1980er Jahren mit der erfolgreichen TV-Serie „Das Erbe der Guldenburgs“ ein.

Christiane Hörbiger verstorben

Schauspiellegende Christiane Hörbiger ist tot. Sie verstarb am Mittwoch, nachdem sie erst am 13. Oktober ihren 84. Geburtstag gefeiert hatte. Die Schauspielerin hatte sich in sieben Schaffensjahrzehnten als eine der beliebtesten Fernsehschauspielerinnen des Landes etabliert.

Der überragende Erfolg mit der Serie „Julia“ öffnete Hörbiger zahlreiche weitere Türen, wie sie anlässlich des Serienendes einmal beschrieb: „Ich bin in der glücklichen Lage, viele Angebote zu erhalten.“ Und diese nützte sie in den vergangenen Jahren: So war sie etwa mit Nikolas Leytners Justizdrama „Die Geschworene“ und Paul Harathers Thriller „Die Gottesanbeterin“ erfolgreich. Auch die Literaturverfilmung „Besuch der alten Dame“ brachte ihr viele Lorbeeren ein.

Bühne, Film und Fernsehen

Ihr Bühnendebüt als Recha in Lessings „Nathan der Weise“ am Burgtheater im Jahr 1959 verlief zunächst allerdings wenig glanzvoll. Sie erhielt vernichtende Kritiken und wechselte zwei Jahre später an die Städtischen Bühnen in Heidelberg. Über Salzburg, wo sie 1961 als Lottchen in Raimunds „Der Bauer als Millionär“ erstmals neben ihrer Mutter auf der Bühne stand, kehrte sie jedoch wieder ans Burgtheater zurück und spielte dort noch einmal die Rolle der Recha, diesmal allerdings mit großem Erfolg.

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Christiane Hörbiger
APA/dpa/Christian Charisius
Bei der Verleihung der Goldenen Kamera für ihr Lebenswerk 2018
Christiane Hörbiger und Ex-Kanzler Sebastian Kurz
APA/Georg Hochmuth
Beim Sommerfest der ÖVP 2018 mit Sebastian Kurz
Christiane und Maresa Hörbiger am Wiener Opernball
APA/Gerog Hochmuth
Mit ihrer Schwester Maresa Hörbiger 2012 beim Opernball
Christian Hörbiger und Götz George im Jahr 2000
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Mit Götz George im Jahr 2000
Christian Hörbiger mit Gerard Depardieu auf der Couch von  „Wetten, dass…?“
APA/dpa/A3446 Patrick Seeger
2008 mit Gerard Depardieu auf der Couch von „Wetten, dass..?“
Christiane Hörbiger mit ihrem Ehemann Gerhard Tötschinger
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Mit ihrem Lebensgefährten Gerhard Tötschinger 1999
Christiane Hörbiger und Ruth Maria Kubitschek in der Serie „Das Erbe der Guldenburgs“
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Mit Ruth Maria Kubitschek in der Serie „Das Erbe der Guldenburgs“ 1987
Ernst Schröder in der Titelrolle und Christiane Hörbiger als „Buhlschaft“ bei einer Aufführung des Hofmannsthal-Stückes „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen
picturedesk.com/dpa/Gerhard Rauchwetter
Als „Buhlschaft“ mit Ernst Schröder in Hugo von Hofmannsthals „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen (undatiert zwischen 1969 und 1972)
Christiane Hörbiger und Helmuth Lohner
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Hörbiger und Helmuth Lohner 1966

Dennoch verließ Hörbiger 1966 erneut ihre Heimatstadt, um dem unentwegten Vergleich mit den Eltern und Geschwistern – auch die beiden Schwestern Maresa Hörbiger und Elisabeth Orth schlugen die Bühnen- und Filmkarriere ein – zu entgehen. Ab 1967 gehörte die Schauspielerin dem Ensemble des Schauspielhauses Zürich an. Hörbigers Rollenrepertoire umfasste neben den Klassikern wie Lessing und Schiller auch moderne Bühnenautoren sowie die großen Repräsentanten der Wiener Theatertradition von Nestroy bis Schnitzler und Hofmannsthal.

Sprung in die Fernsehunterhaltung

Mitte der 1980er Jahre wagte Hörbiger mit der Hauptrolle in der Serie „Das Erbe der Guldenburgs“ an der Seite von Brigitte Horney, Stewart Granger und Ruth Maria Kubitschek dann den Sprung in die Fernsehunterhaltung. Seither wirkte Hörbiger in zahlreichen österreichischen und deutschen Spielfilmen mit. Glänzende Kritiken erhielt sie für ihre Darstellung der Freya von Hepp in Helmut Dietls preisgekrönter Satire „Schtonk“ über die gefälschten Hitler-Tagebücher. Weitere Filmerfolge waren „Tafelspitz“, „Lamorte“ und „Hunger“.

ORF-Redakteur Schneeberger zu Hörbiger

Christiane Hörbiger war rund sieben Jahrzehnte lang auf der Bühne, in Film und Fernsehen präsent. ORF-Kulturredakteur Peter Schneeberger schätzt das Vermächtnis der Schauspielerin ein.

Zuletzt stand sie für den Thriller „Die Muse des Mörders“, den ihr Sohn Sascha Bigler inszeniert hat, und die Familienkomödie „Einmal Sohn, immer Sohn“ vor der Kamera. Hörbiger wirkte auch in Kinder- und Jugendproduktionen mit, wie 2006 als Großmutter in Gernot Rolls „Der Räuber Hotzenplotz“. Hörbiger betätigte sich außerdem als Synchronsprecherin.

Zwei Ehen und ein Sohn

In erster Ehe war Hörbiger mit dem Regisseur Wolfgang Glück verheiratet. Ihr zweiter Mann und Vater ihres Sohnes Sascha, der Schweizer Journalist Rolf R. Bigler, starb 1978. Einen neuen Lebensgefährten fand die Schauspielerin im Wiener Regisseur und Autor Gerhard Tötschinger, der im Sommer 2016 verstarb.

Aufsehenerregendes Kurz-Video

Seit 2003 war Hörbiger UNICEF-Botschafterin für Österreich. Am 9. November 2009 hielt sie die Gedenkrede bei der Kundgebung für die Opfer von Rassismus und Fremdenhass in Wels. Bei der Landtagswahl 2010 in Wien trat sie in einem Video für Michael Häupl und die SPÖ auf, 2016 für den Bundespräsidentschaftskandidaten der SPÖ, Rudolf Hundstorfer. 2019 bezeichnete sie in einem Video, mit dem sie die ÖVP und Sebastian Kurz unterstützte, die SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner und das gegen Kurz infolge der Ibiza-Affäre erfolgte Misstrauensvotum als „vollkommen verblödet“.

Zahlreiche Preise

Hörbiger erhielt zahlreiche Preise, u. a. den Bayerischen Fernsehpreis für ihr Lebenswerk, den Adolf-Grimme-Preis, den Karl-Valentin-Orden und den Ernst-Lubitsch-Preis sowie den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie „Beste Schauspielerin Serie“ für ihre Rolle der „Julia“. 2004 wurde sie zur Kammerschauspielerin ernannt, 2009 folgte die Wiener Ehrenmedaille in Gold sowie im selben Jahr die Platin-Romy für ihr Lebenswerk. 2018 wurde sie mit der Goldenen Kamera für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.

„Bewundert und geliebt“

Entsprechend groß fiel auch die Anteilnahme auf die Todesnachricht aus. „Mit ihr verliert unser Land eine seiner beliebtesten und vielseitigsten Schauspielerinnen“, kondolierte etwa Bundespräsident Alexander Van der Bellen: „Die einprägsame Art, mit der sie ihre Rollen anlegte, wird Theater- und Filmbegeisterten stets in guter Erinnerung bleiben.“ Auch Kulturminister Werner Kogler (Grüne) zeigte sich via Twitter betroffen: „Mit Christiane Hörbiger ist eine wunderbare, große Schauspielerin gegangen. Sie hat auf der Bühne ebenso begeistert wie auf der Leinwand und wurde dafür von vielen Menschen bewundert und geliebt.“

TV-Hinweis

Der ORF ändert in memoriam Christiane Hörbiger sein Programm und widmet der Schauspielerin einen umfangreichen Schwerpunkt. Am Mittwoch ist in ORF2 um 20.15 Uhr die Literaturverfilmung „Der Besuch der alten Dame“ und um 22.30 der Film „Die lange Welle hinterm Kiel“ zu sehen. Danach zeigt ORF2 ihren Besuch bei „Stöckl“ von 2017. Auch den Samstag widmet ORF2 ganz der großen Schauspielerin – mehr dazu in tv.ORF.at.

„Solitär der deutschsprachigen Theaterbranche“

Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer würdigte Hörbiger als „Solitär der deutschsprachigen Theater- und Filmbranche“. „Sie war eine solch beständige, eindrucksvolle Erscheinung und in so hohem Maße präsent, dass die Nachricht über ihren Tod fast unwirklich erscheint. … Mit ihr verlieren wir alle ein Stück österreichischer Identität“, so Mayer.

Wirtschaftsminister Martin Kocher betonte, Hörbiger habe als Mitglied im Beirat der Filmförderungsinstitution FISA einen wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung des Filmstandortes Österreich geleistet. Gerade in der Anfangsphase habe sie dem Anliegen des Filmstandortes Österreich „besonderen Nachdruck verliehen“.

„Mit ihr geht eine Ära zu Ende“

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) würdigte die Verstorbene in einer Stellungnahme ebenfalls: „Schon als Kind habe ich ihr großes Talent, sich in verschiedene Rollen hineinzuversetzen, bewundert. Christiane Hörbiger verstand es, nicht nur Millionen Menschen im Theater und auf der Leinwand zu begeistern, sie war auch eine Frau mit Haltung.“ Ähnlich zeigte sich ÖVP-Kultursprecherin Maria Großbauer betroffen: „Mit ihr geht eine Ära zu Ende. Sie hat uns gezeigt, was Schauspielkunst bedeutet und vermag. […] So eine wie sie gibt es nur einmal.“

„Mit Christiane Hörbiger verlieren wir eine Grande Dame der österreichischen Film- und Theaterszene, die ich auch persönlich sehr geschätzt habe“, reagierte auch Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Wiens SPÖ-Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler würdigte Hörbiger als „eine der beliebtesten Schauspielerinnen Österreichs“. Sie habe sich in die Herzen eines Millionenpublikums gespielt und bleibe als Grande Dame des österreichischen Films in Erinnerung – mehr dazu in wien.ORF.at.