U-Ausschuss: Mikl-Leitner zu Kurz’ Kanzlerwerdung befragt

Einen Tag nach Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) muss derzeit die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ebenfalls ÖVP) im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen. Zentral ging es um Aufstieg und Kanzlerwerdung von Sebastian Kurz (ÖVP).

Einleitend sagte Mikl-Leitner, dass es der Opposition mit der Ladung lediglich „ums Wahlkämpfen geht“, dazu könne sich „jeder und jede im Land ein Bild machen“.

„Kenne ‚Projekt Ballhausplatz‘ nur aus den Medien“

Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl fragte Mikl-Leitner, ob sie in ihrer Zeit als Innenministerin Wahrnehmungen zum Beginn des „Projekts Ballhausplatz“ hatte, das Kurz den Weg ins Kanzleramt geebnet haben soll. Das „Projekt Ballhausplatz“ kenne sie „nur aus den Medien“, so Mikl-Leitner. Wie sich Kurz auf seine Kanzlerschaft vorbereitet habe, könne sie nicht sagen. Gefragt nach „Spendenrallyes“ sagte sie, dazu keine Wahrnehmung zu haben. Ob sie mit Kurz über Spenden gesprochen habe? „Nicht, dass ich wüsste“, so Mikl-Leitner.

Johanna Mikl-Leitner
ORF.at/Lukas Krummholz

FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker (FPÖ) wollte die Kanzlerwerdung Kurz’ erörtern, auch unter Bezugnahme auf das „Projekt Ballhausplatz“ – nicht einfach, denn die ÖVP forderte vehement ein „Untermauern“ der These, wonach Kurz’ Werdegang von Mikl-Leitner forciert worden sei. „Legen Sie irgendetwas vor und fragen Sie nicht ins Blaue hinein“, so ÖVP-Fraktionschef Andreas Hanger. Die Folge war – wenig verwunderlich – eine Geschäftsordnungsdebatte.

Mikl-Leitner: Integration war Kurz „ein Herzensanliegen“

Nächster Anlauf also – freilich unter weiterem Hin und Her zwischen FPÖ und ÖVP: Wieso etwa der Integrationsfonds aus dem Innenministerium ins Außenministerium, wo ihn Kurz dann aufgestockt habe, verlegt wurde. „Kurz war mein Staatssekretär (Integrationsstaatssekretär, damals war Mikl-Leitner Innenministerin, Anm.)“, sagte die Landeshauptfrau. Das Thema sei „ihm ein Herzensanliegen“ gewesen, darum habe er diese Kompetenz „mitgenommen in das Außenministerium“, so Mikl-Leitner.

„Permanentes Gegeneinander“

Generell habe sich die Bundesregierung damals (also die Große Koalition unter ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und SPÖ-Kanzler Christian Kern) „gegenseitig misstraut“, so Mikl-Leitner. Sie sprach von „vielen Blockaden“ und einem „permanenten Gegeneinander“. Das habe sie immer kritisiert und deswegen sei ihr das Miteinander in der Politik so wichtig, so Mikl-Leitner. Die ÖVP habe sich damals „türkis“ angezogen, alle seien „über Nacht auf einmal türkis geworden“, so Hafenecker.

Fokus auf Kür des nö. Landespolizeidirektors

Auch Postenbesetzungen waren Thema – etwa jene der Kür des neuen Landespolizeidirektors von Niederösterreich. Wie das vorgeschriebene Einvernehmen zwischen Landeshauptfrau und Landespolizeidirektion hergestellt wurde? Sie könne sie nicht erinnern, „auf welchem Wege das passiert ist“, so Mikl-Leitner. Jedenfalls habe die Begutachtungskommission den Kandidaten für geeignet erklärt. Hafenecker hielt dagegen, dass dem Kandidaten das nötige Jus-Studium gefehlt habe.

„In meiner Zeit als Ministerin wollten wir da eine gewisse Durchlässigkeit haben, ich glaube, dass das 2020 auch noch so gegolten hat. Man soll sich von ganz unten nach ganz oben durcharbeiten können“, so Mikl-Leitner. Aber wieso sie Einvernehmen hergestellt habe, um eine nicht geeignete Person zu bestellen? Mikl-Leitner wies „diese Unterstellung zurück“. Sie gehe davon aus, dass niemand etwas Unrechtmäßiges getan habe.

Der Landespolizeidirektor sei jedenfalls „ein ehrenwerter Polizist, wie man sich ihn vorstellt“. Sie könne sie „jedenfalls nicht daran erinnern, dass sie mit irgendjemandem darüber gesprochen“ habe, dass sich der nunmehrige Landespolizeidirektor für den Job bewerben soll.

„Ich habe keine Interventionslisten geführt“

Bei Postenbesetzungen setzten auch die Grünen an. Ob sie als Innenministerin auch – wie Sobotka – Interventionslisten geführt habe? Mikl-Leitner sagte, sie „habe keine Interventionslisten geführt“. Sie sei als Innenministerin viel unterwegs gewesen, etwa bei Terminen in Polizeistationen – dort habe es oft Wünsche auf Versetzungen gegeben. „Wir haben die Anliegen mitgenommen und der jeweiligen Fachabteilung übergeben, wo das dann auch bearbeitet worden ist“, so Mikl-Leitner. Das Weiterleiten sei ein „Akt der Höflichkeit“.

„Der Kerl muss arbeiten!!!!“

Die Grünen brachten auch Chats auf – etwa diesen: „Hi, mein Neffe (…) bewirbt sich für Ferialpraktikum im BMI/Juli und August. Spät, sehr spät (…) der Kerl muss arbeiten!!!!“ heißt es darin. „Verlass mich auf euch“, hieß es an späterer Stelle. Mikl-Leitner im Ausschuss dazu: „Schade, dass mein Neffe hier in den Mittelpunkt gestellt wird“, sie könne sich an diese SMS nicht erinnern. Aber offenbar sei ihr wichtig gewesen, dass er – „wenn er dieses Praktikum bekommt“ – auch „hart arbeiten“ müsse, erklärte Mikl-Leitner. Sie erachtete den Chat nicht als Bewerbung, im Übrigen habe das Praktikum gar nicht stattgefunden.