Ohne Österreich: EU-Länder stimmen für Lieferkettengesetz

Im EU-Wettbewerbsfähigkeitsrat haben die zuständigen Ministerinnen und Minister heute über die von der EU-Kommission vorgeschlagene Richtlinie zu „Corporate Sustainability Due Diligence“ (Lieferkettengesetz) abgestimmt. Die Mitgliedsstaaten stimmten mehrheitlich für die Annahme des Richtlinientextes. Nicht zugestimmt hat Österreich.

Mit dem Gesetzesvorhaben will die EU-Kommission europäische Unternehmen dazu verpflichten, ihre gesamte Lieferkette darauf zu kontrollieren, ob die Zulieferer gegen Umwelt- und Klimastandards sowie Menschenrechte verstoßen.

ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher plädierte vor den EU-Ratsberatungen für mehr Zeit. Österreich unterstütze zwar die grundsätzliche Intention des Gesetzes, allerdings habe es zuletzt unterschiedliche Entwürfe gegeben, „es ist noch unklar, was da passiert“.

IV hofft auf „Vernunft“ bei Verhandlungen

Die Kontrolle der gesamten Wertschöpfungskette wie im aktuellen Entwurf vorgesehen gehe weit über den direkten Einflussbereich von Unternehmen hinaus, kritisierte die Industriellenvereinigung (IV). „Wichtig ist, dass das Europäische Parlament sich der offenen Fragen annimmt“ und in den Trilog-Verhandlungen im Frühling Vernunft einkehre.

„Nach einem monatelangen Konsultationsprozess, in den auch die Zivilgesellschaft eingebunden war, kommt Österreichs Enthaltung einer Farce gleich“, hieß es von der Kampagne Menschenrechte brauchen Gesetze. Für Südwind-Lieferkettenexpertin Gudrun Glocker ist es zudem nicht nachvollziehbar, warum es eine Ausnahme für den Finanzsektor aus dem Lieferkettengesetz geben soll.

Für Unternehmen ab bestimmter Mitarbeiterzahl

Laut den von der EU-Kommission bereits im Februar eingebrachten Vorschlägen sollen sie auch für Unternehmen aus Drittländern gelten, wenn sie einen bestimmten Umsatz in der EU erwirtschaften. Unter bestimmten Umständen sollen europäische Firmen auch für Verstöße der Zulieferer haften.

In der Europäischen Union ist laut dem Kommissionsvorschlag eine Schwelle von 500 Beschäftigten bei einem weltweiten Jahresumsatz von 150 Millionen Euro vorgesehen. Bei Firmen, die mindestens die Hälfte ihres Umsatzes mit der Produktion von Kleidung, Schuhen oder Lebensmitteln erzielen, soll die Grenze bereits bei 250 Mitarbeitenden liegen.

STRABAG reagiert auf deutsches Lieferkettengesetz

Die EU-Pläne gehen über ein in Deutschland am 1. Jänner in Kraft tretendes Sorgfaltspflichtengesetz hinaus. Dort sind zunächst Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten betroffen. Ab 2024 sollen die Vorgaben für Firmen ab 1.000 Beschäftigten gelten.

Einem Medienbericht zufolge zieht sich Österreichs größter Baukonzern STRABAG wegen des anstehenden deutschen Lieferkettengesetzes aus Afrika zurück. „Wir bauen nur noch die angefangenen Projekte fertig“, sagte der Geschäftsführer der STRABAG International GmbH, Jörg Wellmeyer, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Dienstag-Ausgabe).

Die Begründung: „Für ein Projekt mit zwei Jahren Bauzeit brauchen wir etwa tausend Produkte: Ersatzteile, Baumaterialien – alles von unterschiedlichsten Lieferanten.“ Dafür müsse das Unternehmen sämtliche unmittelbaren lokalen Zulieferer kontrollieren. Dafür brauche es mehr Mitarbeitende, das mache es nicht wettbewerbsfähiger, sondern teurer.