Der ab Montag geltende Preis von umgerechnet etwa 57 Euro pro 159 Liter würde dann um bis zu neun Euro unter dem jüngsten Marktpreis für russisches Rohöl der Sorte Urals liegen. Um die Preisobergrenze durchzusetzen, soll geregelt werden, dass für russische Ölexporte wichtige Dienstleistungen künftig nur noch dann ungestraft geleistet werden dürfen, wenn der Preis des exportierten Öls die Preisobergrenze nicht überschreitet.
Westliche Reedereien könnten mit ihren Schiffen damit weiterhin russisches Öl in Drittstaaten wie Indien transportieren. Auch soll die Regelung für andere wichtige Dienstleistungen wie Versicherungen, technische Hilfe sowie Finanzierungs- und Vermittlungsdienste gelten. Die Flotte an Öltankern ist überwiegend im Besitz westlicher Reedereien.
Von der Leyen von Erfolg überzeugt
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte am Abend, die mit der Gruppe der führenden westlichen Industrienationen (G-7) und anderen koordinierte Preisobergrenze werde Russlands Einnahmen „signifikant reduzieren“. Zudem werde sie helfen, die globalen Energiepreise zu stabilisieren, was den Schwellenländern weltweit zugutekommen werde.
Für die Ukraine ist der vereinbarte Preisdeckel nicht niedrig genug. Er sollte auf 30 Dollar pro Barrel halbiert werden, sagte der Stabschef von Präsident Wolodymyr Selenskyj, Andrij Jermak: „Damit kann die Wirtschaft des Feindes schneller zerstört werden.“
Lob aus Washington, Warnung aus Moskau
Die US-Regierung begrüßte die Einigung der EU. „Das ist eine gute Nachricht“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby.
Aus Russland kamen hingegen Warnungen und Kritik. „Die EU gefährdet ihre eigene Energiesicherheit“, sagte der prominente russische Außenpolitiker und Duma-Abgeordnete Leonid Sluzki laut Staatsagentur TASS. Und das alles, um „die Ambitionen von Überseepartnern zu befriedigen“, sagte er mit Blick auf die USA.
Regelmäßige Überprüfung
Um auf Marktentwicklungen reagieren zu können, sehen die Pläne vor, die Preisobergrenze etwa alle zwei Monate zu überprüfen. Sie soll immer um mindestens fünf Prozent unter einem von der Internationalen Energieagentur (IEA) ermittelten Durchschnittspreis liegen. Neben der EU sind Länder wie die USA, Großbritannien, Kanada, Japan und Australien bei dem Projekt mit dabei.
Die Preisobergrenze soll das bereits im Juni von der EU beschlossene Ölembargo gegen Russland ergänzen. Dieses sieht unter anderem vor, den Erwerb, die Einfuhr oder die Weiterleitung von Rohöl und bestimmten Erdölerzeugnissen aus Russland in die EU zu verbieten. Die Beschränkungen gelten ab dem 5. Dezember für Rohöl und ab dem 5. Februar 2023 für andere Erdölerzeugnisse. Es gibt allerdings einige Ausnahmeregelungen zum Beispiel für Ungarn.
Gegensätzliche Interessen innerhalb der EU
Den Grundsatzbeschluss zur Einführung der Preisobergrenze für russisches Öl hatten die Mitgliedsstaaten im Oktober getroffen – nachdem zuvor die G-7 eine entsprechende Initiative gestartet hatte.
Schwieriger als erwartet gestalteten sich zuletzt allerdings die Verhandlungen über die konkrete Preisobergrenze. Polen forderte bei den Gesprächen zunächst mit Unterstützung baltischer Staaten, eine Preisobergrenze von unter 30 Dollar pro Barrel festzusetzen und so an den geschätzten Produktionskosten von 20 bis 40 Dollar pro Barrel zu bleiben. Unterstützt wurde die Regierung in Warschau dabei von der Ukraine. So sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in der vergangenen Woche, ein Preis von bis zu 30 Dollar wäre möglich.
Verbunden mit weiterem Sanktionspaket
Gegen eine so niedrige Preisgrenze waren allerdings insbesondere Staaten wie Griechenland und Malta. Sie befürchten, dass eine zu niedrige Preisgrenze dazu führen könnte, dass in ihren Ländern angesiedelte Reedereien pleitegehen, weil Russland sich weigern könnte, sein Rohöl zu einem sehr niedrigen Preis zu verkaufen. Eine russische Weigerung, sich dem Zwangsregime zu unterwerfen, könnte zudem Turbulenzen und Preisanstiege an den internationalen Märkten auslösen.
Estlands Regierungschefin Kaja Kallas teilte nach der Einigung in Brüssel mit, Teil des Deals sei auch die schnelle Verabschiedung eines neunten Pakets mit anderen Sanktionen gegen Russland. Dazu soll es nach Angaben von EU-Beamten bereits am Wochenende neue Koordinierungsgespräche geben.