Das Hauptquartier der OMV in Wien
IMAGO/Volker Preußer
Verstaatlichen?

Debatte über OMV und Gasversorgung

Angesichts einer möglichen Prüfung der OMV-Strategie hat sich eine neue Debatte aufgetan: Wie zentral sollen Förderung und Handel von Erdöl und -gas künftig für die OMV sein? Über die Strategie wird innerhalb der OMV seit Jahren gestritten. Nun hat die OMV vorgeschlagen, das Gashandelsgeschäft zu verstaatlichen. Das sorgt für sehr gegensätzliche Reaktionen.

Der frühere OMV-Chef Gerhard Roiss sprach sich dafür aus, die Gashandelstochter OMV Gas Marketing & Trading (OGMT) vorübergehend, „für zwei, drei, vier Jahre“ zu verstaatlichen. Der Staat würde dann das Risiko der Mengenbeschaffung und das Preisrisiko tragen, danach könnte man das Unternehmen wieder privatisieren, sagte Roiss den „OÖ Nachrichten“ und dem ORF-Mittagsjournal. Und im Hintergrund spielt ein seit langer Zeit in der OMV andauernder Machtkampf, das „profil“ sprach zuletzt von einer „Männerfeindschaft“ – wohl eine zentrale Rolle.

Zuvor hatte OMV-Chef Alfred Stern gegenüber „Kurier“ und „Presse“ eine Verstaatlichung als Möglichkeit genannt. Stern hatte im „Kurier“ und in der „Presse“ argumentiert, dass die OMV die Gasversorgung von ganz Österreich nicht alleine abdecken könne und auch keinen Versorgungsauftrag habe. „Dafür braucht es eine nationale Gashandelsfirma, die alle Marktaktivitäten bündelt“, wurde der OMV-Chef zitiert. Demzufolge könnte die OGMT aus dem Konzern herausgelöst und an den Staat abgetreten werden.

31,5 Prozent bei ÖBAG

Mit 31,5 Prozent ist die Republik über die Beteiligungsholding ÖBAG der größte OMV-Aktionär. Zweiter Großaktionär ist mit 24,9 Prozent Abu Dhabis Staatsfonds Mubadala. Mehr als 43 Prozent sind im Streubesitz.

Brunner zurückhaltend

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) reagierte zurückhaltend auf Sterns Aussagen. Er werde sich in operative Angelegenheiten der OMV nicht einmischen, sagte Brunner am Dienstag und verwies auf die staatliche Beteiligungsholding ÖBAG. Die will aber eine noch laufende Analyse abwarten, bei der auch eine Übernahme der Verantwortung durch die Republik geprüft werde. „Das ist ein Vorschlag, den ich gelesen habe von der OMV“, sagte Brunner.

Er habe die ÖBAG beauftragt zu prüfen, wie die Versorgungssicherheit auch für die nächsten Winter sichergestellt werden kann. „Ich glaube, in operative Angelegenheiten werde ich mich nicht einmischen. Das ist Aufgabe der ÖBAG, unserer Beteiligungsgesellschaft. Klar ist, dass es einen Auftrag an die ÖBAG von mir gibt, vor ein paar Wochen ausgesprochen, um zu schauen, wie man Versorgungssicherheit organisieren kann, wir sind gut gerüstet für diesen Winter, aber es geht um den nächsten und um den übernächsten Winter, und hier werden wir uns die Vorschläge, die uns die ÖBAG präsentieren wird, entsprechend anschauen und diskutieren.“

Pernkopf: Regierung muss aufwachen

Gar nichts von Sterns Idee einer OGMT-Verstaatlichung hält Brunners Parteikollege, Niederösterreichs Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP).

Stern habe mit seiner Aussage die Gesamtverstaatlichung der OMV in den Raum gestellt, meinte Pernkopf. „Weil eines wird natürlich nicht funktionieren: quasi das schlechte Geschäft auf Kosten der Steuerzahler zu verstaatlichen und die Gewinne zu privatisieren. Das werden wir so nicht zulassen können, da müssen die Bundesregierung und das Parlament aufwachen. Der Finanzminister muss hier handeln, der kann sich das nicht von einem Manager ausrichten lassen.“

OMV will Gasversorgung verstaatlichen

Alfred Stern, der Chef des teilstaatlichen Energiekonzerns OMV, schlägt laut Medienberichten vor, die OMV-Gashandelstochter OGMT ganz zu verstaatlichen. Konkrete Verhandlungen dazu gebe es allerdings noch nicht.

Für Versorgungsauftrag wie bei Verbund

Stattdessen sollte die OMV einen Versorgungsauftrag erhalten, so Pernkopf. Ähnliche Versorgungsaufträge hätten auch der Verbund und die Post. „Das heißt, die OMV hat einfach die Versorgung Österreichs mit Gas, Heizöl, Benzin und Diesel sicherzustellen. Dann wissen die Aktionäre, woran sie sind: dass die Versorgungssicherheit Auftrag Nummer eins ist und nicht die Gewinnmaximierung. Da gibt es kein Gegenargument, das funktioniert auch bei Post und Verbund.“

Tatsächlich hatte der Verbund vor der Liberalisierung des Strommarktes einen gesetzlich definierten Versorgungsauftrag (Verstaatlichungsgesetz 1957), er musste also zu jeder Zeit den Ausgleich zwischen Stromaufbringung und Verbrauch in Österreich sicherstellen. Mit der vollständigen Liberalisierung des österreichischen Strommarkts im Oktober 2001 wurde diese gesetzliche Verpflichtung auf den Bereich des Hochspannungsnetzes reduziert.

Roiss sieht Problem mit EU-Recht

Ex-OMV-Chef Roiss wies darauf hin, dass ein staatlicher Versorgungsauftrag an die OMV problematisch wäre. NEOS-Energiesprecherin Karin Doppelbauer begrüßte den Vorschlag von OMV-Chef Stern, eine zentrale Stelle für die Versorgung Österreichs mit Gas auch für den nächsten Winter zu schaffen. Zugleich betonte Doppelbauer, es könne nicht sein, dass das wirtschaftliche Risiko der OMV auf die Republik übertragen werde.

Tiefe Gräben in der OMV

Im Hintergrund der aktuellen Debatte steht ein tiefer Graben, der sich zwischen zwei Lagern innerhalb der OMV und zwei sich im internen Machtkampf befindlichen Manager auftut: Soll die OMV aus dem Öl- und Gasfördergeschäft – schrittweise – völlig aussteigen und zu einem Hersteller von Chemikalien und zukunftsfähigen Plastikstoffen werden, wie es OMV-Chef Alfred Stern propagiert.

Oder soll man trotz Klimakrise weiter auf die Exploration von Öl und Gas setzen, wie das der Noch-Vorstand Johannes Pleininger vertritt. Pleininger war Stern im Rennen um den OMV-Topjob unterlegen. Im Herbst legte ein norwegisches Konsortium ein Angebot, sich an der Fördersparte der OMV zu beteiligen. Der „Falter“ vermutete, dabei könnte es auch um einen neuen Job für Pleininger gehen, der mit Jahresende aus der OMV ausscheidet. Der „Trend“ berichtete bereits im September, Pleininger sei einer der „Treiber des Projekts“ für eine „abgespaltene Öl-Gas-OMV“.