Iranischer Ex-Präsident Chatami: Proteste ernst nehmen

Der frühere iranische Präsident Mohammed Chatami hat die heutige Führung des Landes vor einer weiteren Unterdrückung der seit fast drei Monaten dauernden Proteste gewarnt. „Man sollte Sicherheit nicht als Vorwand nehmen, um Freiheit zu unterdrücken“, wurde der islamische Geistliche von der Tageszeitung „Schargh“ zitiert.

Chatami mahnte, die Forderungen der Protestbewegung ernst zu nehmen. Sie fordere mit dem „schönen Slogan ‚Frau, Leben, Freiheit‘“ eine bessere Zukunft. Die Politik sollte ihr die Hand reichen, „bevor es zu spät ist“. Chatami war zwischen 1997 und 2005 Präsident.

Auslöser der derzeitigen Proteste im Iran war der Tod der iranischen Kurdin Mahsa Amini Mitte September. Sie starb in Polizeigewahrsam, nachdem sie wegen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften verhaftet worden war. Der Ex-Präsident wird dem Reformlager zugeordnet. Wegen seiner moderaten Ansichten ist der 79-Jährige der politischen Führung ein Dorn im Auge.

Mögliche Vermittlerrolle für Chatami

Beobachtern zufolge könnte Chatami jedoch eine wichtige Vermittlerrolle in der festgefahrenen politischen Situation einnehmen. Dennoch lehnen viele Menschen, die seit Wochen im Land auf die Straßen gehen, auch Positionen der Reformpolitiker ab. Ein Großteil der Demonstrierenden hält Reformen für unmöglich und fordert einen Machtwechsel.

Auch Chatami wird insbesondere von jungen Anhängerinnen der Protestbewegung als „Mann des Systems“ abgelehnt. Der Ex-Präsident befürwortet als islamischer Kleriker den Kopftuchzwang. Mitte November hatte er Forderungen nach einem politischen Systemwandel zurückgewiesen.

Bericht: Festnahme nach Tod von Fußballfan

Im Iran wurde nach der Tötung eines Fußballfans einem Bericht der Zeitung „Hammihan“ (Mittwoch-Ausgabe) zufolge ein Kommandeur der Sicherheitskräfte festgenommen. Der Fall hatte vergangene Woche für Schlagzeilen gesorgt. Nach dem WM-Aus der iranischen Nationalmannschaft hatten Sicherheitskräfte in der Küstenstadt Bandar Ansali einen 27-Jährigen getötet, der über die Niederlage gejubelt haben soll. Ob der Kommandeur selbst geschossen hat und welche Konsequenzen ihm drohen, war zunächst unklar.