Gebäude der Volkspartei Niederösterreich
ORF/Novak
Verdächtige Inserate

Ermittlungen heizen Wahlkampf in NÖ an

Für die Landtagswahl in Niederösterreich am 29. Jänner zeichnet sich schon jetzt ein heißer Wahlkampf ab. Und ein Hauptthema sind offensichtlich wieder einmal Inserate. Die Staatsanwaltschaft Wien nahm Untreueermittlungen im Zusammenhang mit Inseratenschaltungen in niederösterreichischen Medien auf. Die ÖVP konterte mit dem Vorwurf eines „Schmutzkübelwahlkampfs“ gegen die SPÖ.

Erhebungen laufen gegen unbekannte Täter, bestätigte Behördensprecherin Nina Bussek am Mittwoch auf APA-Anfrage. Einem Bericht des Onlinemagazins Zackzack zufolge geht es um Inserate der EVN AG, der Hypo NOE Landesbank für Niederösterreich und Wien AG sowie der NÖ Landesgesundheitsagentur. „Die Ermittlungen stehen noch am Anfang“, betonte Bussek. Der Polizeibericht liege der Staatsanwaltschaft noch nicht vor. Nähere Details nannte die Sprecherin nicht.

Das Ermittlungsverfahren fußt dem Medienbericht zufolge auf einer anonym eingebrachten Anzeige. Behauptet wird darin, dass die angesprochenen Unternehmen in den Magazinen „Sicher in NÖ“ und „Arbeiten für NÖ“ Inserate zu überhöhten Preisen geschaltet haben sollen. Als Nutznießer suggeriert wird die ÖVP Niederösterreich. Herausgegeben wird „Sicher in NÖ“ vom Innova-Verlag, „Arbeiten für NÖ“ vom Verein NÖ Pressverein-Zeitungsverlag – mehr dazu in noe.ORF.at.

Gegenschlag der ÖVP

Bei der ÖVP zeigte man sich am Mittwoch auf APA-Anfrage gelassen. „Zum wiederholten Male von wahllosen anonymen Anzeigen vernadert zu werden, exklusiv publiziert im Alpenbreitbart-Onlinemagazin – das ist in dem total vergifteten politischen Klima, das auf Bundesebene herrscht, leider zum traurigen Alltag geworden“, ließ Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner in einer schriftlichen Stellungnahme wissen.

In einer Pressekonferenz am Nachmittag ortete ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner einen „Schmutzkübelwahlkampf“ der SPÖ im Vorfeld der Landtagswahl. Für ihn „bestehen viele Überschneidungen mit Entscheidungsträgern bei SPÖ-Medien wie beispielsweise Kontrast.at. Der Schluss liegt also nahe, dass es eine gemeinsame Steuerung und gemeinsame Kontrollinstrumente gibt.“

Verwiesen wurde vom Parteimanager darauf, dass die „Neue Zeit“ im vergangenen Jahr fast 1.000 Inserate auf Facebook geschaltet habe, davon jüngst vermehrt „Negative-Campaigning-Werbeschaltungen gegen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und die Volkspartei Niederösterreich“. Ebner zufolge liegt der Verdacht nahe, „dass es sich hier um eine gemeinsame, großangelegte, lange geplante und mit sehr viel Aufwand betriebene Kampagne“ sowie um „Schmutzkübelkampagnen gegen die Volkspartei NÖ“ handle – mehr dazu in noe.ORF.at.

FPÖ: „Schwarze Kanäle der ÖVP Niederösterreich“

Auf die publik gewordenen Ermittlungen wiederum reagierte die FPÖ Niederösterreich. Landespartei- und Klubobmann Udo Landbauer zeigte sich in einer Aussendung erfreut darüber, „dass nun endlich Bewegung in die seit Jahren laufenden Praktiken gekommen ist“. Die Menschen hätten ein Recht zu wissen, „was mit ihrem Geld passiert ist und in welchen schwarzen Kanälen der ÖVP Niederösterreich es versickert ist“.

Ähnlich äußerte sich NEOS-Landessprecherin Indra Collini. „Die Volkspartei hat kein Korruptionsproblem, sie ist ein Korruptionsproblem. Die Staatsanwaltschaft muss jetzt ungestört und unbeeinflusst ermitteln können“, forderte sie in einer Aussendung.

„Vorwürfe wiegen schwer“

„Die Vorwürfe wiegen schwer“, reagierte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch in einer Aussendung. Sollten sie sich erhärten und Unternehmen, die vom Land Niederösterreich beherrscht werden, zu stark überhöhten Preisen Inserate in Parteimedien der ÖVP NÖ schalten, wäre „jede rote Linie überschritten“.

Zu den ÖVP-Vorwürfen gegen die SPÖ sagte der niederösterreichische SPÖ-Landesgeschäftsführer Wolfgang Kocevar, die Aussagen Ebners würden zeigen, „wie wehleidig die ÖVP Niederösterreich ist, wenn es einmal nicht nach ihrem Kopf geht“.

Sonderprüfung durch Landesrechnungshof

Aufgrund ähnlich gelagerter Vorwürfe wie den am Mittwoch bekanntgewordenen läuft in Niederösterreich eine Sonderprüfung landesnaher und landeseigener Gesellschaften durch den Landesrechnungshof. Hier geht es um vermutete illegale Parteienfinanzierung durch die Volkspartei. Die Vorwürfe werden von der ÖVP bestritten.

Der Landesrechnungshof arbeitet insgesamt an elf Berichten. Die ersten drei vorläufigen Ergebnisse mit Empfehlungen waren im November vom Landesrechnungshof zur Stellungnahme übersendet worden. Wenig später gingen die Antworten retour. Stellungnahmen der Unternehmen und der Landesregierung werden nun eingearbeitet – mehr dazu in noe.ORF.at.

Lücken im Bericht

Lücken in der Prüfung des Landesrechnungshofs sehen indes „Standard“ und „profil“: So würden einerseits zwar in einigen Fällen die Empfänger von Inseratengeld namentlich genannt, allerdings ohne Betrag. Andererseits würde manchmal angegeben, wie viel Geld geflossen sei – allerdings nicht wohin.

Gegenüber „Standard“ und „profil“ argumentiert der Landesrechnungshof mit gesetzlichen Einschränkungen: Man müsse „die Prüfaufträge erfüllen und das Recht auf Vertraulichkeit der überprüften Stellen sowie Dritter wahren“, sagte Präsidentin Edith Goldeband. Geschäftsgeheimnisse anderer Firmen dürften etwa nicht berührt werden.

Weitere Prüfaufträge betreffen die HYPO NOE, ecoplus (die Wirtschaftsagentur des Landes), den Energieversorger EVN und dessen Töchter sowie die Landesgesundheitsagentur (LGA). Ein Antrag umfasst die NÖ Energie- und Umweltagentur GmbH, die NÖ Familienland GmbH, die Radland GmbH, die Niederösterreichische Verkehrsorganisationsges.m.b.H., die Natur im Garten GmbH mit Natur im Garten Service GmbH und die Garten Tulln GmbH sowie die NÖ.Regional.GmbH. Ob die Berichte noch vor der Landtagswahl eintreffen, ist offen.

Fairnessabkommen geplatzt

Der Streit entwickelte sich just an jenem Tag, an dem das von der ÖVP vorgeschlagene Fairnessabkommen und eine dazugehörige Vertrauensallianz endgültig geplatzt sind. Nach bilateralen Gesprächen auf Landesgeschäftsführerebene sprangen die Grünen, die FPÖ und NEOS in den vergangenen Tagen nacheinander ab – und am Mittwoch auch die SPÖ. Der Pakt sei nicht möglich, weil sich die ÖVP „bei tatsächlichen, essenziellen Dingen, die für das Land nötig wären“, nicht bewege, sagte Landesgeschäftsführer Kocevar bei einer Pressekonferenz. Der vorgeschlagene Pakt sei vielmehr „ein Stillschweigeabkommen“ der ÖVP gewesen – mehr dazu in noe.ORF.at