Städtebund: Gemeindefinanzen könnten auf Niveau von 2020 sinken

Ohne Gegensteuerungsmaßnahmen werde die Liquidität österreichischer Gemeinden auf das Niveau des Krisenjahres 2020 sinken, warnte Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger bei einer Pressekonferenz heute. Das vor rund drei Wochen von der Regierung angekündigte, eine Milliarde schwere Investitionsprogramm sei ein erster Schritt zur Stützung der Investitionen, allerdings müssten Gemeinden 50 Prozent Eigenmittel aufbringen. „Mittel, die sie nicht haben“, so Weninger.

Im Auftrag des Städtebundes hat das Zentrum für Verwaltungsforschung (KDZ) eine Prognose zur Entwicklung der Gemeindefinanzen erstellt. Trotz der guten Entwicklung im Jahr 2022 sei 2023 mit einem deutlichen Einbruch der Liquidität der Gemeinden zu rechnen, die sich bis 2026 nur teilweise erholen werde. „Der große Unterschied zur Wirtschaftskrise 2008 und 2009 ist, dass nach derzeitigem Wissensstand keine rasche Erholung zu erwarten ist“, so KDZ-Geschäftsführer Peter Biwald.

Ausgaben steigen viel stärker als Einnahmen

Grund dafür sei, dass die Ausgaben der Gemeinden im kommenden Jahr doppelt so stark steigen würden wie die Einnahmen. Das liege vor allem an den stark steigenden Energiepreisen. Je nach Gemeinde erwarte man eine Steigerung um das Drei- bis Zehnfache. 2020 lag der Anteil der Energiekosten am Verwaltungs- und Betriebsaufwand der Gemeinden bei 47 Prozent, das KDZ geht von etwa 70 Prozent im kommenden Jahr aus.

Gleichzeitig würden die Ertragsanteile, welche knapp 40 Prozent der Einnahmen ausmachen, nur um rund ein Prozent steigen, was an steuerrechtlichen Maßnahmen wie der Abschaffung der kalten Progression und den diversen Entlastungspaketen liege. Bei den Ausgaben erwarte man hingegen eine inflationsbedingte Steigerung von 8,5 Prozent.

Ruf nach Reformen

Betrachte man das kommunale Investitionsprogramm (KIP) des Jahres 2020, seien nur 5,4 Prozent des Förderprogrammes für Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz genutzt worden. Im KIP für die Jahre 2023 und 2024 müssten Gemeinden ihre Anstrengungen zur Steigerung der Energieeffizienz daher verfünffachen, sagte KDZ-Finanzexpertin Karoline Mitterer. „Inwieweit ihnen dies angesichts der fehlenden Liquidität, den langen Planungsvorläufen und den schwierigen Lieferketten gelingen wird, ist jedoch fraglich.“

Kurzfristig sei es unumgänglich, durch Finanzzuweisungen die Liquidität der Gemeinden zu sichern. Da sich die Entwicklungen von Gemeinde zu Gemeinde teils stark unterscheiden und manche erhöhten Aufgabenbedarf hätten, etwa durch eine Mittelschule oder ein Hallenbad in einer Gemeinde, sei eine differenzierte Betrachtung und Förderung wichtig. Mittelfristig brauche es Reformen sowie eine Verschiebung von Mitteln zugunsten der Länder und Gemeinden. „Die Städte und Gemeinden brauchen sich mit ihren Leistungen nicht zu verstecken, sie gehören nur ordentlich finanziert“, sagte Weninger abschließend.