Protest in Teheran, September 2022
Reuters/Wana News Agency

Erste Hinrichtung im Zuge der Iran-Proteste

Im Iran ist erstmals ein Todesurteil im Zusammenhang mit den seit fast drei Monaten anhaltenden Protesten gegen die Staatsführung in Teheran vollstreckt worden. Wie die Justizbehörde auf ihrer Website Misan Online mitteilte, wurde am Donnerstag ein Mann hingerichtet.

Der „Randalierer“ Mohsen Schekari habe am 25. September den Sattar-Chan-Boulevard in Teheran blockiert und einem Mitglied der paramilitärischen Basidsch-Milizen in die linke Schulter gestochen, erklärte die Justiz. Am Donnerstagmorgen sei er hingerichtet worden.

Schekari war den Angaben zufolge am 1. November von einem Revolutionsgericht wegen „Kriegsführung gegen Gott“ in Teheran verurteilt worden. Am 20. November habe das oberste Gericht die Berufung abgewiesen und damit die Vollstreckung des Urteils erlaubt. Zum Alter des getöteten Mannes und zur Art der Hinrichtung gab es keine Angaben. Die Todesstrafe wird im Iran normalerweise durch Erhängen vollstreckt.

Straßenszene in Teheran
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Unter der Parole „Frau, Leben, Freiheit“ wird seit Anfang September im Iran protestiert – unter anderem gegen den Kopftuchzwang

Schuldig wegen „Tötungsabsicht und Terrorverbreitung“

Laut der Justizbehörde wurde Schekari für schuldig befunden, „in der Absicht zu töten, Terror zu verbreiten und die Ordnung und Sicherheit der Gesellschaft zu stören“, gekämpft und seine Waffe gezogen zu haben.

Experten waren von dem Tempo der Verurteilung überrascht. Nach Angaben des Nachrichtenportals Misan, das der Justiz nahesteht, wurde Schekari am 25. September verhaftet und das Todesurteil bereits am 20. November verlesen.

Das österreichische Außenministerium verurteilte am Donnerstag die Hinrichtung „aufs Schärfste“ und bezeichnete sie als „unverhältnismäßig und unmenschlich“. „Österreich bekräftigt seine unmissverständliche Ablehnung der Todesstrafe und wir fordern die iranische Regierung auf, alle weiteren Hinrichtungen im Zusammenhang mit den laufenden Protesten einzustellen“, so das Außenministerium im Kurznachrichtendienst Twitter.

„Einschüchternde Scheinprozesse“

Teheran bezeichnet die Demonstranten als „Randalierer“ und wirft den USA, anderen westlichen Ländern und kurdischen Exilgruppen vor, die Proteste zu unterstützen. Die iranische Justiz hat noch elf weitere Angeklagte im Zusammenhang mit den Protesten zum Tode verurteilt.

Nach Angaben von Amnesty International fordern die iranischen Behörden die Todesstrafe für mindestens 21 Menschen. Es handle sich um „Scheinprozesse, die darauf abzielen, diejenigen einzuschüchtern, welche sich an der Protestbewegung beteiligen“.

18.000 verhaftet, 470 getötet

Die Justiz hat angesichts der Proteste einen harten Kurs angekündigt. Auch im Parlament forderten Abgeordnete harte Urteile bis zur Todesstrafe für die Tausenden inhaftierten Protestteilnehmer. Nach Einschätzungen von Menschenrechtlern wurden seit Mitte September mindestens 470 Demonstrierende getötet und mehr als 18.000 verhaftet. Offiziellen Angaben zufolge sei es bisher zu 200 bis 300 Todesopfern gekommen.

Auslöser der landesweiten Proteste war der Tod der iranischen Kurdin Mahsa Amini. Sie starb am 16. September im Polizeigewahrsam, nachdem sie von der Religionspolizei wegen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden war.

Iran: Erste Hinrichtung nach Protesten

Nach den Protesten gegen die Führung im Iran hat das Land den ersten Gefangenen hingerichtet, der wegen dieser Proteste festgenommen worden war.

Enormes Polizeiaufgebot bei Studierendenprotesten

Erst am Mittwoch kam es in der iranischen Hauptstadt Teheran zu Protesten von Studierenden, bei denen mehrere Menschen verletzt und festgenommen wurden, wie Augenzeugen berichteten. Polizei, Milizen und Sicherheitskräfte waren mit einem enormen Aufgebot auf den Straßen.

Gleichzeitig wurden viele Geschäfte den dritten Tag in Folge bestreikt. Die Protestbewegung bekam zudem prominente Unterstützung durch Ex-Präsidenten Mohammed Chatami sowie durch die Schwester von Ajatollah Ali Chamenei, dem geistlichen Oberhaupt des Iran.

Studierende im ganzen Land unterstützen die Proteste. Jugendgruppen hatten zu Demonstrationen am jährlichen „Tag des Studenten“ am 7. Dezember aufgerufen, der an drei im Jahr 1953 von Sicherheitskräften des Schahs getötete Studenten erinnert. Die Protestierenden sollten den Mittwoch in einen „Tag des Terrors für den Staat“ verwandeln.

Straßenszene in Teheran
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Streik in Teheran: Auch am Mittwoch blieben viele Geschäfte geschlossen

Präsident bedankt sich für Vermeidung von „Unruhen“

Videomaterial des Senders BBC Persian scheint zudem Studierende beim Protest gegen die Anwesenheit des ultrakonservativen iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi zu zeigen, bevor sie von Sicherheitskräften zurückgedrängt wurden. Der Staatschef besuchte am Mittwoch die Universität von Teheran.

Dort dankte Raisi Studenten dafür, eine Ausbreitung von „Unruhen“ an den Universitäten verhindert zu haben. „Diejenigen, die unsere Angehörigen auf brutale und ungerechte Weise töten, sind Unruhestifter“, sagte Raisi. „Unser Volk und die Studenten verstehen den Unterschied zwischen Protesten und Unruhen.“