Kosovarische Polizisten in Mitrovica
Reuters/Ognen Teofilovski
Chaos im Norden

Kosovo verschiebt Kommunalwahlen

Die Kommunalwahlen im Norden des Kosovo werden verschoben. Das teilte Staatspräsidentin Vjosa Osmani am Samstag nach Beratungen mit den politischen Parteien mit. Grund für die Verschiebung sind die wachsenden ethnischen Spannungen im Land. Serbien drohte mit der Entsendung von Truppen, weil die Behörden in Prishtina die kosovarische Polizei in den Norden geschickt hat.

Ursprünglich hätten die Kommunalwahlen am 18. und 25. Dezember stattfinden sollen. Nun werden sie auf 23. April verschoben, wie Osmani sagte. Viele Kosovo-Serben und -Serbinnen, die im Norden wohnen, kündigten jedoch an, die Wahlen zu boykottieren.

Notwendig wurden die Wahlen, weil die serbischen Bürgermeister und Gemeindevertreter in vier Gemeinden im Norden des Landes ihre Ämter niedergelegt hatten. Damit hatten sie gegen eine inzwischen ausgesetzte Kfz-Kennzeichenverordnung der Regierung in Prishtina protestiert.

Die Behörden hatten in den vergangenen Monaten auf einen Austausch der serbischen Nummerntafeln im Land gedrängt. Schätzungen zufolge haben noch etwa 10.000 Fahrzeuge, vor allem im mehrheitlich von Serben und Serbinnen bewohnten Nordkosovo, entsprechende Kennzeichen.

Polizei ausgetauscht – Schüsse auf Beamte

Westliche Diplomaten und Diplomatinnen hatten in den vergangenen Monaten mehrmals eine Wahlverschiebung empfohlen. Präsidentin Osmani hat das nun getan, sie berief sich am Samstag auf Analysen der Polizei und der Geheimdienste zur Gefahrenlage. In der Nacht zum Freitag hatten serbische Militante in der Gemeinde Zvecan auf eine kosovarische Polizeistreife geschossen. Ein Polizist erlitt dabei leichte Verletzungen, das Fahrzeug der Beamten wurde schwer beschädigt.

Die Präsidentin des Kosovo, Vjosa Osmani-Sadriu
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Präsidentin Osmani lässt nun doch die Kommunalwahlen im Norden des Landes verschieben

Die Polizisten – die vorwiegend der albanischen Bevölkerungsmehrheit angehörten – waren am Donnerstagabend in den Norden des Landes entsandt worden, um serbische Polizeibeamte zu ersetzen, die wegen eines Streits um Autokennzeichen kollektiv ihr Amt niedergelegt hatten. Obwohl der kosovarische Ministerpräsident Albin Kurti zustimmte, die Umsetzung der Kennzeichenentscheidung um mehrere Monate zu verschieben, waren serbische Beamte und Polizisten nicht auf ihre Posten zurückgekehrt.

Serbien könnte Truppen schicken

Die Entsendung der kosovarischen Polizisten könnte die Spannungen zwischen Belgrad und Prishtina weiter anheizen. Serbien will nämlich von der KFOR, der internationalen Schutztruppe im Kosovo, die Rückkehr von bis zu 1.000 Angehörigen der serbischen Polizei und der Streitkräfte in den Norden des Kosovo verlangen. Das sagte Präsident Aleksandar Vucic am Samstagabend bei einer Pressekonferenz in Belgrad. Er habe allerdings keine Illusion, dass die KFOR das auch akzeptieren werde, fügte er hinzu.

Serbiens Premierministerin Ana Brnabic hatte bereits Freitag ihren kosovarischen Kollegen für die Entsendung kosovarischer Polizisten in den Norden des Landes scharf kritisiert. „Kurti hat uns alle an den Rand des Krieges gebracht. Er hat es nicht allein getan“, betonte sie Medienberichten zufolge.

Serbiens Premierministerin Ana Brnabic
Reuters/Zorana Jevtic
Serbiens Premierministerin

Man sei kurz davor, Truppen in den Kosovo zu schicken, da das Leben der serbischen Minderheit dort bedroht sei, so die Premierministerin. Kosovos Innenminister Xhelal Svecla erklärte hingegen, die Verstärkung der Polizei im Norden sei „unverzichtbar“, um die Sicherheit im Land zu gewährleisten. „Die Polizei des Kosovo hat den Auftrag, für Sicherheit zu sorgen und Ordnung und Rechtsstaatlichkeit zu garantieren“, erklärte er auf Facebook.

Mit Schüssen Wahlhelfer vertrieben

Schon am Dienstag hatten zudem militante Serben mit Schüssen in die Luft Wahlhelfer und Polizisten vertrieben, die die Wahlen vorbereiten wollten. Daraufhin verstärkte Kosovos Polizei ihre Einsatzkräfte im Nordteil der geteilten Stadt Mitrovica. 300 zusätzliche Polizisten bezogen Stellungen in den von Albanern und Bosniaken bewohnten Ortsteilen in der ansonsten mehrheitlich serbischen Stadthälfte.

Straßenblockade von Serben in Rudine, Kosovo
Reuters/Ognen Teofilovski
Am Samstag wurden im Norden Straßen blockiert

Am Samstag blockierten aufgebrachte ethnische Serben Landstraßen. Sie reagierten damit auf die Verhaftung eines ethnischen Serben (bis vor Kurzem kosovarischer Polizist), der für Angriffe auf geplante Wahllokale verantwortlich sein soll. „Extremistische Gruppen“ hätten in den Orten Leposavic, Zvecan und Zubin Potok Barrikaden errichtet, so Kosovos Innenminister Svecla. Wegen der Barrikaden sei der nördliche Grenzübergang Jarinje geschlossen worden, teilte die Polizei mit.

Osmani will Differenzen besprechen

Der Kosovo hatte früher zu Serbien gehört. Nach einer NATO-Intervention 1999 spaltete er sich ab und erklärte sich im Jahr 2008 für unabhängig. Serbien ist bis heute nicht bereit, die Eigenstaatlichkeit des Kosovo anzuerkennen. Anfang Dezember hatte Osmani angekündigt, noch 2022 einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union zu stellen. Sie werde sich dafür einsetzen, dass die von Brüssel geforderten Gespräche mit Serbien stattfänden, um die noch bestehenden Differenzen zu lösen.

Das kleine Balkan-Land ist heute fast ausschließlich von Albanern und Albanerinnen bewohnt. Von rund 120.000 ethnischen Serben und Serbinnen lebt rund ein Drittel in einem Gebiet, das Nordmitrovica und drei weitere Gemeinden umfasst und direkt an Serbien grenzt. Belgrad betreibt in der Enklave von Nordmitrovica eigene Machtstrukturen, die sich auf militante Aktivisten und Kriminelle stützen. Diese errichten immer wieder Straßenblockaden und brechen gewalttätige Zwischenfälle vom Zaun.