Ausweichsquartier des Parlaments
ORF.at/Roland WInkler
Nationalrat

Hofburg-Abschied mit vollem Programm

Am 20. September 2017 hat der Nationalrat sein erstes Plenum im Ausweichquartier in der Hofburg abgehalten. Exakt 1.973 Tage später heißt es nun Auf Wiedersehen. Denn diese Plenarwoche ist die letzte vor dem Umzug in das historische Parlamentsgebäude an der Ringstraße. Für das Finale hat man sich in den Sitzungen von Dienstag bis Donnerstag ein umfangreiches Programm vorgenommen.

Als man 2017 zum ersten Mal im Großen Redoutensaal der Hofburg debattierte, war die SPÖ noch die stimmenstärkste Partei und stellte mit Christian Kern den Bundeskanzler. Die damalige Präsidentin des Nationalrats, Doris Bures (SPÖ), sprach zu Beginn der ersten Sitzung in der Hofburg von einer „Zäsur in der Geschichte unserer Republik“. Denn erstmals seit Gründung der Republik 1918 würde der Nationalrat außerhalb des Parlamentsgebäudes am Ring tagen.

Mehr als fünf Jahre und zwei Nationalratswahlen später wird das Ende eingeläutet. Zu Mittag treten die Abgeordneten zusammen, um in den kommenden drei Tagen mehr als 30 Gesetzesentwürfe zu debattieren. Zu Beginn steht allerdings eine Aktuelle Stunde. Auf Wunsch der FPÖ wird über Asyl und Russland-Sanktionen debattiert. An den weiteren Plenartagen stellen sich Verfassungsministerin Karoline Edtstadler und Integrationsministerin Susanne Raab (beide ÖVP) den Fragen der Mandatare und Mandatarinnen.

Ausweichsquartier des Parlaments
ORF.at/Roland WInkler
Noch Dienstag, Mittwoch und Donnerstag, dann ist die parlamentarische Bühne im Großen Redoutensaal geschlossen

Von Pflege bis mehr Geld für Grundwehrdienst

Das Programm für die kommenden Tage ist äußerst vielfältig. So befinden sich auf der Tagesordnung etwa die Beamtengehälter und die Reform der Bestellung der Spitze des Obersten Gerichtshofs (OGH). Spannung verspricht der Energiekrisenbeitrag für fossile Energieträger. Damit sollen die krisenbedingten Gewinne von Öl- und Gasfirmen im zweiten Halbjahr 2022 und 2023 besteuert werden. Liegt der aktuelle Gewinn um mehr als 20 Prozent über diesem Durchschnitt, sollen 40 Prozent davon abgeschöpft werden.

Auch die lang versprochene und breit angekündigte Pflegereform soll teilweise beschlossen werden. Der Zugang zur sechsten Urlaubswoche wird ausgeweitet: Alle Beschäftigten im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege sollen ab vollendetem 43. Lebensjahr Anspruch darauf haben, wobei der Anspruch in einer Übergangsphase bis 2026 finanziell abgegolten werden kann. Weiters beschlossen wird der Pflegebonus für pflegende Angehörige, der unter bestimmten Bedingungen ab Mitte 2023 wirkt.

Ausweichsquartier des Parlaments
ORF.at/Roland WInkler
Mit Jänner wechseln die Abgeordneten in das historische Parlamentsgebäude zurück

Geld gibt es auch: Die Grundvergütung für Grundwehrdiener wird ab 2023 von 124,22 auf 261,97 Euro angehoben. Im Falle eines Einsatzes steigt sie auf 572,11 Euro. Bei den Zivildienern wird die Entschädigung von knapp 363 auf 500 Euro aufgestockt. Bei ihnen kommen wie bisher die Verpflegungskosten hinzu. Die FPÖ bringt zudem einen Gesetzesantrag ein, der eine Abwahlmöglichkeit für Nationalratspräsidenten zum Inhalt hat. Bisher ist das nicht möglich.

SPÖ will auf Gaspreisdeckel pochen

Freilich geht es in Nationalratssitzungen auch um Forderungen – die werden hauptsächlich vonseiten der Opposition gestellt. SPÖ und FPÖ hatten bereits am Montag ihre Themen für die Plenarwoche präsentiert. So will die SPÖ auf die Einführung eines Gaspreisdeckels pochen. Die derzeitigen Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der Energiekosten würden nur die Teuerung anheizen, betonte der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried. „Statt die Inflation zu dämpfen, wird sie künstlich hinaufgetrieben."

Die von der Regierung geplanten Einmalzahlungen würden letztlich verpuffen, meinte Leichtfried. Der Klimabonus oder die 150 Euro Einmalzahlung seien „längst verbraucht“. Den zuletzt angekündigten neuen Energiekostenzuschuss für Unternehmen hält er für „more of the same von dem, was eigentlich nicht sinnvoll ist“. Diese Zuschüsse seien inflationstreibend und würden nur kurz, aber nicht nachhaltig helfen.

SPÖ pocht auf Gaspreisdeckel

Die SPÖ hat am Montag angekündigt, weiter auf einen Gaspreisdeckel zu pochen. Die derzeitigen Maßnahmen der Regierung halten die Sozialdemokraten für nicht zielführend.

„Einzig funktionierendes System“ sei die Gaspreisbremse, für die die SPÖ zuletzt bei den ÖVP-Landeshauptleuten geworben hat. Diese sollen die Abgeordneten „ihres“ Bundeslandes dazu bewegen, im Nationalrat für einen SPÖ-Antrag zu stimmen. „Ich setze meine Hoffnung nicht gerne und nicht oft auf ÖVP-Landeshauptleute“, so Leichtfried. Aber mit den 49 Abgeordneten der ÖVP aus diesen Ländern wäre eine Mehrheit für einen Preisdeckel möglich.

FPÖ-Fokus auf Asyl und Teuerung

Auch FPÖ-Klubchef Herbert Kickl will die Maßnahmen der Regierung gegen die hohe Inflation thematisieren. Am Montag bezeichnete er sie als „Ausdruck der Hilflosigkeit“. Während sich Millionen Menschen sorgten, wie sie sich das Leben weiter leisten sollen, „genehmigen sich diejenigen, die es verbockt haben, eine Gehaltserhöhung“, so Kickl mit Blick auf die gesetzlich festgelegte Erhöhung der Politikergehälter, die mit 1. Jänner in Kraft tritt, sofern der Nationalrat keine andere Regelung beschließt. „Wir wollen eine Nulllohnrunde.“

Für scharfe Wortgefechte dürfte Kickl in Sachen Asyl sorgen. Er kritisierte vor der Nationalratssitzung eine „jämmerliche Performance“ der Bundesregierung im Zusammenhang mit der „derzeit stattfindenden Völkerwanderung“. Der Freiheitliche kündigte für Freitag eine Demonstration gegen das geplante Bundesasylquartier im obersteirischen Kindberg an. Die FPÖ sei solidarisch mit der einheimischen Bevölkerung, erklärte Kickl. Man habe „vollstes Verständnis“ für die Ablehnung der Bevölkerung gegen das Asylquartier.

FPÖ will Asyl thematisieren

Das Asylthema wird am Dienstag bei der Nationalratssitzung viel Raum einnehmen. Das kündigte FPÖ-Klubchef Herbert Kickl am Montag an.

Diese Ablehnung sei nichts Unanständiges oder Unmoralisches, sondern eine „legitime Notwehrmaßnahme“, die den Menschen vor Ort zustehe. Wenn die FPÖ die nächste Wahl gewinnen und den Bundeskanzler stellen sollte, so Kickl, werde das Heim wieder geschlossen: „Das ist ein Versprechen, das ich der Kindberger Bevölkerung gebe.“

NEOS will über Koalitionsstillstand debattieren

NEOS zog am Dienstag mit der Plenumsvorschau nach. Die kleinste Oppositionspartei zeigte sich über das Scheitern der Reform des Arbeitslosengelds erbost. Deshalb werde man am Mittwoch eine Dringliche Anfrage an ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher richten. Denn der Stillstand der Regierung dürfe sich nicht zu einem Stillstand der Wirtschaft auswachsen, meinte NEOS-Klubvize Gerald Loacker.

NEOS will „Dringliche“ einbringen

Wegen der gescheiterten Arbeitslosengeldreform will NEOS am Mittwoch im Nationalrat eine Dringliche Anfrage an ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher richten.

Klubchefin Beate Meinl-Reisinger forderte einmal mehr Neuwahlen. Wirtschaftspolitisch sei die Koalition im kompletten Irrflug unterwegs, meinte sie. Man gewinne den Eindruck, dass jede Wählerungunst mit Geld beworfen werde: „Das ist die einzige Wirtschaftspolitik, die wir sehen.“ Neben der fehlenden Reform des Arbeitslosengelds prangerte die Klubchefin auch an, dass es noch immer zu keiner UVP-Novelle gekommen sei. So könnten weiterhin Projekte zur Energiewende wegen einer Haselmaus gestoppt werden.