EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola
AP/Virginia Mayo
EU-Korruptionsaffäre

„Wird kein Unter-Teppich-Kehren geben“

Im Zuge des Skandals um mutmaßliche Bestechung im EU-Parlament macht Parlamentspräsidentin Roberta Metsola den Kampf gegen Korruption zur Chefsache. Es werde „keine Straffreiheit, kein Unter-den-Teppich-Kehren, kein Business as usual“ geben, versicherte die Malteserin am Donnerstag auf dem Gipfel der EU-Staats- und -Regierungschefs.

Die in der Korruptionsaffäre im Raum stehenden Vorwürfe bezeichnete Metsola als Schlag gegen alles, woran man seit vielen Jahren gearbeitet habe. „Es braucht Jahre, um Vertrauen aufzubauen, und nur einen Moment, um es zu zerstören.“

Man könne nie gänzlich ausschließen, dass es auch in Zukunft zu ähnlichen Skandalen kommt – sie wolle aber dafür sorgen, „dass alles getan wird, um sicherzustellen, dass das Parlament nicht zum Verkauf steht“, so Metsola. Konkret kritisierte sie etwa, dass es zu viele Organisationen gebe, deren Finanzierung unklar und intransparent sei.

Metsola: Kein „Business as usual“

EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola hat sich auf einer Pressekonferenz zu den schwerwiegenden Korruptionsvorwürfen gegen Mitglieder und Mitarbeiter des EU-Parlaments und ihnen nahestehende Personen geäußert. Metsola sprach von einem „Schlag gegen die Demokratie und alles, woran wir seit vielen Jahren gearbeitet haben“, und versprach: Es werde „keine Straffreiheit, kein Unter-den-Teppich-Kehren, kein Business as usual“ geben.

„Werde diese Arbeit persönlich leiten“

Dagegen werde man vorgehen, so Metsola, die in diesem Zusammenhang ein umfassendes Reformpaket ankündigte. Die Parlamentspräsidentin kündigte, an, diese Arbeit persönlich zu leiten. Nach Angaben von „Politico“ könnte das neue Antikorruptionspaket bereits in im Jänner und somit in wenigen Wochen stehen.

Im Rahmen des Maßnahmenpakets soll es künftig unter anderem strengere Regeln für Organisationen und Angehörige von Drittstaaten geben, die sich mit Parlamentariern treffen wollen. Erklärtes Ziel sei es, „Schlupflöcher und Funktionsstörungen zu beseitigen, die Korruption und unzulässige Lobbypraktiken gedeihen ließen“, wie zwei mit der Sache vertraute Personen laut „Politico“ sagten.

Schließlich soll es künftig auch im EU-Parlament einen besseren Schutz für Whistleblower geben. Von der für EU-Bürgerinnen und -Bürgern vom EU-Parlament an sich bereits beschlossenen Maßnahme sind Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des EU-Parlaments bisher ausgenommen. Laut „Politico“ mussten Whistleblower bis jetzt mit „Vergeltungsmaßnahmen rechnen, wenn sie illegales oder verdächtiges Verhalten in ihren Büros ansprachen“.

Ausweise für Besucher aus Katar deaktiviert

Wenn die strafrechtlichen Ermittlungen in dem mutmaßlichen Bestechungsfall vorbei sind, soll auch ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden, hieß es zudem in einer am Donnerstag von den EU-Abgeordneten mit großer Mehrheit verabschiedeten Resolution. Bis auf Weiteres soll auch die gesamte Arbeit zu Katar eingestellt werden, wie aus der Resolution weiter hervorgeht. Das gilt insbesondere für die eigentlich geplante Visaliberalisierung, aber auch für geplante Besuche. Die Zugangsausweise für Vertreter des Golfemirats werden deaktiviert.

Außerdem sprachen sich die Parlamentarierinnen und Parlamentarier für eine Vermögenserklärung zu Beginn und am Ende jedes Mandats aus. Sie verpflichteten sich, für vollständige Transparenz über die genaue Höhe ihrer Nebeneinkünfte zu sorgen und jegliche externe Finanzierung ihrer Bediensteten und der Fraktionen zu verbieten.

Zikmund (ORF) zu EU-Gipfel

Robert Zikmund (ORF) berichtet aus Brüssel über den EU-Gipfel am Donnerstag.

Nur „Spitze des Eisbergs“?

Im EU-Parlament ist unterdessen die Sorge groß, dass der Korruptionsskandal weitere Kreise ziehen könnte. Rene Repasi von den Sozialdemokraten und Linken-Kofraktionschef Martin Schirdewan sprachen von einer möglichen „Spitze eines Eisbergs“.

Beobachter sprechen bereits jetzt vom womöglich schwersten Korruptionsfall in der Geschichte des EU-Parlaments. An den laufenden, von den belgischen Behörden seit fünf Monaten geführten Ermittlungen sind Medienberichten zufolge fünf weitere Länder beteiligt. Ob, wie der „Corriere della Sera“ am Donnerstag berichtete, Italien von dieser Operation bislang ausgeschlossen wurde, bleibt offen. Nicht bestätigt sind zudem griechische Medienberichte, wonach Dutzende weitere EU-Abgeordnete im Visier der Ermittler stünden.