Leere Wohnung
ORF.at/Christian Öser
Nach zähem Ringen

Bestellerprinzip bei Maklerprovision fix

ÖVP und Grüne haben sich nun doch auf die Reform der Maklergebühren geeinigt: Ab 1. Juli 2023 wird bei der Wohnungsvermietung das Bestellerprinzip gelten, wie Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) am Sonntag bekanntgegeben haben. Das heißt, dass nur mehr derjenige, der eine Maklerin oder einen Makler beauftragt, diesen auch bezahlen muss. Für Mieterinnen und Mieter bedeute das in Summe jährlich mehr als 55 Mio. Euro Entlastung bei Vertragsabschlüssen.

Bisher muss immer die mietende Seite Maklergebühren – in Höhe von bis zu zwei Bruttomonatsmieten – bezahlen, auch wenn der Vermieter einen Makler herangezogen hat. Die Regierungsvorlage zur Änderung des Maklergesetzes wird am Mittwoch im Ministerrat beschlossen, kündigten Zadic und Plakolm in einer gemeinsamen Presseinfo an.

„Wir räumen damit mit einer jahrzehntelangen Ungerechtigkeit auf. Wie überall sonst gilt nun auch beim Mieten: Wer bestellt, bezahlt auch. Damit entlasten wir alle Wohnungssuchenden, die bisher hohe Maklerprovisionen gezahlt hätten“, freute sich Zadic, die den ersten Entwurf schon Anfang 2022 vorgelegt hatte. Auch Plakolm zeigte sich nun „froh, dass wir hier zu einer Einigung gekommen sind“. Für junge Menschen sei die Umstellung auf das Bestellerprinzip ein großartiger Schritt. Sie würden sich damit fast ein Drittel der Startkosten für eine eigene Wohnung sparen.

ÖVP blockierte bei „Umgehungsschutz“

Dabei hatte es sich vor Kurzem noch gespießt: Zadic und Plakolm haben zwar im März 2022 eine Einigung präsentiert. Aber dann legte sich – wie die Grünen Ende November beklagten – die ÖVP gegen jene Bestimmung quer, die verhindern soll, dass die abgeschaffte Maklerprovision durch die Hintertür wieder eingeführt wird.

Der nun vereinbarte Gesetzesentwurf sieht laut Presseinfo einen „umfassenden und strengen Umgehungsschutz“ vor. Doppeltes Abkassieren und das Verheimlichen von Auftragsverhältnissen (mittels vorgeschriebener transparenter Dokumentation) werde verhindert. Es soll nicht dazu kommen, dass Mieter und Mieterinnen statt der Maklerprovision andere Zahlungen beim Vertragsabschluss leisten müssen. Bei Verstößen droht eine Verwaltungsstrafe.

Bestellerprinzip auf Maklergebühren kommt

Wer künftig einen Makler für eine Mietwohnung beauftragt, trägt auch die Kosten. Darauf haben sich ÖVP und Grüne geeinigt. Die neue Regelung soll aber nicht – wie ursprünglich geplant – Anfang 2023 in Kraft treten, sondern erst am 1. Juli.

Neue Regelung soll ab 1. Juli gelten

Aus dem ursprünglichen angestrebten Inkrafttreten mit 1. Jänner 2023 kann freilich nichts mehr werden, die Gesetzesänderung muss noch vom Parlament beschlossen werden. Aber jetzt stünden einem Inkrafttreten mit 1. Juli 2023 keine Hindernisse mehr entgegen, hieß es in der gemeinsamen Aussendung.

In Österreich gibt es demnach fast vier Millionen Hauptwohnsitzwohnungen, von denen rund ein Fünftel private Hauptmietwohnungen sind. Etwa die Hälfte davon wird befristet vermietet. Jährlich werden etwa 82.000 befristete (durchschnittlich auf viereinhalb Jahre) und 35.000 unbefristete Mietverträge abgeschlossen.

Von Mietenden mit befristetem Vertrag erhalte derzeit jeder Dritte keine Verlängerung – und müsse somit einen teuren Wohnungswechsel vornehmen. Ab einer Befristungsdauer von über drei Jahren können Maklerinnen und Makler dafür die höchstmögliche Provision verlangen. Damit ergebe sich durch die Umstellung auf das Bestellerprinzip jährlich in Summe eine finanzielle Entlastung von 55 Mio. Euro.

Scharfe Kritik aus Immobilienbranche

Der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) reagierte am Sonntag mit einer scharfen Kritik per Aussendung. Es sei ein „politisches Foul der Sonderklasse“, dass die Branche seit einem Jahr überhaupt nicht mehr in die Beratungen eingebunden gewesen sei, so Georg Flödl, Präsident des ÖVI. Die Regierungsparteien würden „endlich Gerechtigkeit verwirklicht“ sehen, wenn der Mieter für Dienstleistungen, die er erhalte, nicht mehr bezahlen solle. „Dieses Verständnis von Fairness ist nicht nachzuvollziehen, am Ende des Tages werden Mieter und Vermieter gleichermaßen verlieren“, so Flödl.

Noch kenne die Branche den konkreten Gesetzesentwurf nicht. Eines scheint klar, so Anton Holzapfel, ÖVI-Geschäftsführer und Maklerrechtsexperte: „Der Makler wird sich auf seine Rolle als einseitiger Interessenvertreter des Vermieters zurückziehen“, wenn er nur noch vom Vermieter honoriert werden kann. Robin Kalandra, Maklersprecher des ÖVI, zeigte sich ebenso bestürzt darüber, „wie gleichgültig die Politik all jenen kleinen Maklerunternehmen im städtischen Bereich, die sich auf Vermietung spezialisiert haben, die wirtschaftliche Grundlage entzieht“.

WKO: „Gar kein schönes Weihnachtsgeschenk“

„Da haben die Regierungsparteien den zukünftigen Mieterinnen und Mietern gar kein schönes Weihnachtsgeschenk gemacht“, so Gerald Gollenz, Obmann des WKO-Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in einer Aussendung. Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes werde es auf dem Markt zu unangenehmen und unerwarteten Veränderungen kommen, so Fachverbandsobmann-Stellvertreter Michael Pisecky: „Das Bestellerprinzip wird den Markt verändern, aber leider nicht zum Positiven. Es ist eigentlich unverantwortlich, dass man von politischer Seite sehenden Auges in dieses Problem läuft, da wir aus Deutschland wissen, wie sich der Markt dadurch zum Schlechteren entwickelt hat.“

Der Markt werde „unübersichtlicher, das Angebot geringer und Wohnen wird durch das Bestellerprinzip für Mieter auch nicht billiger“. Denn die entscheidenden und wichtigsten Faktoren seien die laufenden Wohnungskosten, meinte Gollenz.

SPÖ nennt Ankündigung „unglaubwürdig“

Die SPÖ bezeichnete die Ankündigung als „längst überfällig“, aber „unglaubwürdig“. „ÖVP und Grüne haben monatelang nichts in dieser Causa unternommen. Jetzt, drei Tage nach dem letzten Plenum in diesem Jahr, wo noch eine Umsetzung der Maßnahme möglich gewesen wäre, Aktivität vorzutäuschen, ist fadenscheinig“, so SPÖ-Sprecherin für Wohnen, Ruth Becher. Völlig unklar sei auch, was die Regierung konkret plant. Eine Änderung bei den Maklerprovisionen werde nicht reichen – „so sie überhaupt umgesetzt wird“. Wichtig sei eine Begrenzung der Mietsteigerungen auf jährlich maximal zwei Prozent.

FPÖ: „Höhepunkt wohnpolitischer Verantwortungslosigkeit“

Die FPÖ kritisierte zwar nicht die Einigung, wohl aber die Wohnpolitik der Regierung. „Wir erleben einen Höhepunkt wohnpolitischer Verantwortungslosigkeit: Während das Bestellerprinzip gefeiert wird, sieht diese Bundesregierung zu, wie der gemeinnützige Wohnbau an Immobilienspekulanten fällt“, so FPÖ-Bautensprecher Philipp Schrangl. „Das Wirtschaftsministerium verfolgt eine neoliberale Agenda und versucht, den sozialen beziehungsweise gemeinnützigen Wohnbau für Anlegerwohnungen zu öffnen."