Schützepanzer Puma auf einem Truppenübungsplatz
IMAGO/Sven Eckelkamp
Deutscher Puma-Panzer

Wunderwaffe mit langer Mängelliste

Bei der deutschen Bundeswehr sollte eigentlich längst der Schützenpanzer Puma den in die Jahre gekommenen Marder ablösen. Laut Hersteller ist er der weltweit modernste seiner Klasse, er ist auch der teuerste, Stückpreis: 17 Mio. Euro. Der Puma steckt voller Hochtechnologie, wie sich zunehmend herausstellt, aber auch voller Probleme. Zuletzt war von einem „Totalausfall“ im Einsatz die Rede. Der Ankauf liegt vorerst auf Eis.

Die Pläne für die Entwicklung des Panzers reichen mehr als 25 Jahre zurück, entwickelt und gebaut wird er von den beiden deutschen Rüstungskonzernen Krauss-Maffei-Wegmann (KMW) und Rheinmetall Landsysteme (RLS) mit einem Auftragsvolumen von 350 Stück. Die Auslieferung verzögerte sich mehrfach, 2015 wurden die ersten Pumas an die Truppe übergeben – wenn auch mit unterschiedlichen „Kinderkrankheiten“.

Nun, sieben Jahre später, macht der Schützenpanzer erneut Schlagzeilen, die nahelegen, dass er weit weg von Einsatzbereitschaft ist. Erst vor wenigen Tagen berichtete der „Spiegel“ vom Totalausfall aller 18 an einer NATO-Übung teilnehmenden Pumas.

„Lotteriespiel“ im Einsatz

Der Kommandeur der 10. Panzerdivision der Bundeswehr, Generalmajor Ruprecht von Butler, habe in einer E-Mail an die Heeresführung von einem „Totalausfall“ berichtet und von einem „Lotteriespiel“ in puncto Einsatzbereitschaft gesprochen. Laut weiteren deutschen Medienberichten gab es Probleme mit der Elektronik, in einem Fall einen Kabelbrand, Probleme mit der Hauptwaffe, der Bordkanone.

Schützepanzer Puma auf einem Truppenübungsplatz
IMAGO/Sven Eckelkamp
Im Übungseinsatz zeigten sich zuletzt größere Probleme

„Besonders brisant“, hieß es in der „Tagesschau“ der ARD, sei, dass der Puma für den Einsatz in der schellen Einsatzgruppe der NATO, Very High Readiness Joint Task Force (VJTF), gedacht gewesen sei. Nun werde man sich mit dem seit 1971 im Dienst stehenden Marder an der Truppe beteiligen. Der Ausfall der Pumas bei der jüngsten Übung sei „ein herber Rückschlag“ gewesen, hieß es am Montag aus dem Verteidigungsministerium in Berlin. Nach vorangegangenen Übungen sei man noch zuversichtlich gewesen, und „nun kommt dieser ungewöhnlich hohe Ausfall“. Der Hersteller KMW beschreibt den Panzer so: „Bestens geeignet für alle Einsatzszenarien in allen Klimazonen.“

Hightech mit jahrelangen Kinderkrankheiten

Trotz umfangeicher Startschwierigkeiten waren bzw. sind die Erwartungen in den Puma hoch. Ein Ansatz in der Entwicklung war ursprünglich, den Schützenpanzer mit Eigenschaften eines Kampfpanzers auszustatten, etwa im Hinblick auf die Panzerung und damit den Schutz der Besatzung. Der Puma verfügt aber über fast 1.100 PS Motorleistung, das Gewicht bewegt sich je nach Schutzausstattung auf bis zu 41 Tonnen, die Höchstgeschwindigkeit beträgt 70 km/h, die Reichweite auf der Straße bis zu 600 Kilometer.

Schützepanzer Puma auf einem Truppenübungsplatz
IMAGO/Sven Eckelkamp
Besserer Schutz für die Besatzung und großer Einsatzradius als Vorgaben

Der Panzer mit neun Personen Besatzung kann aus der Fahrt mit seiner Bordkanone Ziele in bis zu 3.000 Meter Entfernung bekämpfen, in der neuesten Version soll das mit Lenkraketen auf bis zu 4.000 Metern möglich sein. Der Turm ist ferngesteuert, die Besatzung sieht ihr Umfeld über 360-Grad-Kameras und digitale Lagekarten, mittels Wärmebildtechnik auch in der Nacht.

„Auf dem Papier“ und in der Realität

Doch im Juli 2020 wurden bei einer Einsatzprüfung „erhebliche Mängel“ festgestellt. Einige Monate später hieß es wiederum: Mängel behoben. Ende April stellte die deutsche Verteidigungsministerin Christina Lambrecht (SPD) dann fest, die Bundeswehr verfüge zwar „auf dem Papier“ über 350 Pumas, einsatzbereit seien aber nur 150.

Für den Einsatz in der NATO-Truppe braucht die Truppe laut Heeresinspekteur Alois Mais allerdings „zwingend“ 266 Stück des Schützenpanzers in einer eigens aktualisierten VJTF-Version, „um unsere Bündnisverpflichtungen zu erfüllen“. Im Moment gebe es eine umfangreiche Bestandsaufnahme mit dem Ziel, die Einsatzbereitschaft des Schützenpanzers so schnell wie möglich wiederherzustellen, sagte Mais zuletzt.

Innenpolitische Debatten

Die Pannen mit dem Puma sorgen in Deutschland, wenig überraschend, auch für politische Debatten. CDU-Generalsekretär Mario Czaja forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Handeln auf: „Der Bundeskanzler muss sich der Sache ebenso annehmen, denn wir müssen unserer Bündnisverpflichtung in der NATO auch gerecht werden können“, sagte er am Montag. Die Grünen forderten Aufklärung, die Probleme müssten „vor allem dann auch gelöst werden“, sagte die Parteivorsitzende Ricarda Lang in Berlin. „Und vor allem glaube ich, ist es ein Zeichen dafür, dass wir insgesamt Probleme haben, wenn es um die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr geht und auch um die Materialbeschaffung.“

Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, forderte die Bundesregierung wegen der fortgesetzten Pannen beim Puma auf, Regressansprüche gegen die Hersteller zu prüfen. „Schrott für sechs Milliarden Euro ist peinlich für Deutschland. Der Schützenpanzer Puma war von Anfang an ein Fehlkonstrukt, ein Milliardengrab für die Steuerzahler“, kritisierte Bartsch am Montag in Berlin und betonte: „Schon 2017 waren von 71 fabrikneuen Puma nur 27 einsatzbereit. Dennoch haben sich die Kosten in der Folge verdoppelt.“

Verteidigungsministerin zieht die Bremse

Verteidigungsministerin Lambrecht gab am Montag schließlich bekannt, dass der Nachkauf weiterer Panzer des Typs vorerst ausgesetzt sei. Bevor sich das Fahrzeug nicht als stabil erweise, werde es kein zweites Los geben, ließ die Ministerin am Montag in Berlin aus dem Verteidigungsministerium mitteilen. "Unsere Truppe muss sich darauf verlassen können, dass Waffensysteme auch im Gefecht robust und standfest sind. Und die NATO kann sich weiter auf unsere Pflichterfüllung bei der VJTF verlassen.“

D: Kritik nach Pannen bei Puma-Panzern

Bei der deutschen Bundeswehr sollte der Schützenpanzer Puma längst den in die Jahre gekommenen Marder ablösen. Zuletzt war allerdings von einem „Totalausfall“ im Einsatz die Rede. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) forderte die Industrie zur schnellen Behebung der Pannen bei den betreffenden Panzern auf. Die konservative Opposition sah darin Beweise für das Missmanagement der Bundeswehr.

„Die Industrie ist in der Verantwortung, diese Systeme, die nicht einsatzfähig sind, jetzt instand zu setzen“, sagte Lambrecht schließlich am Dienstg in Lest in der Slowakei, wo deutsche Soldaten zum Schutz der NATO-Ostflanke eingesetzt sind.

Der Marder muss länger dienen

Wenn Deutschland mit 1. Jänner die „Speerspitze“ des westlichen Militärbündnisses übernimmt, wird es das mit dem in die Jahre gekommenen Marder tun, wie Lambrecht sagte. „Wir haben den Schützenpanzer Marder bereits bei den Vorbereitungen eingeplant, und das hat sich als klug erwiesen."

Das dürfte mit großer Sicherheit auch bedeuten, dass es keine Lieferungen des Marder an die Ukraine geben wird, wie das Kiew vehement fordert. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte Deutschland mehrfach um den Schützenpanzer und Kampfpanzer der Typs Leopard 2 gebeten, Berlin winkt bisher ab. Sehr wohl lieferte Deutschland aber Flugabwehrpanzer des Typs Gepard und will Kiew weitere aus den Beständen von KMW zur Verfügung stellen.