Gasstation
AP/CTK/Libor Zavoral
Nach langem Ringen

EU-Gaspreisdeckel beschlossen

Beim Energieministertreffen am Montag ist es nach monatelangem Ringen um einen Gaspreisdeckel nun zu einer Einigung kommen. In der EU sollen die Großhandelspreise für Gas künftig unter bestimmten Umständen gedeckelt werden, wie eine Sprecherin des EU-Ministerrats mitteilte. Der Deckel kann ab einem Preis von 180 Euro pro Megawattstunde ausgelöst und ab 15. Februar 2023 aktiviert werden, heißt es in dem Beschluss. Österreich hat sich bei der Abstimmung enthalten.

Konkret soll der Preisdeckel ausgelöst werden, wenn der Preis am Großhandelsplatz TTF drei Tage in Folge 180 Euro pro Megawattstunde überschreitet und gleichzeitig 35 Euro höher ist als der internationale Preis für Flüssiggas (LNG). Mit einer solchen Maßnahme wollen die EU-Energieminister die angesichts des Ukraine-Krieges hohen Strom- und Gaspreise gemeinsam bekämpfen.

Der regulierte Preis soll nicht bei 180 Euro festgelegt werden, sondern jederzeit 35 Euro über dem internationalen LNG-Preis liegen. Somit kann der Preis, wenn der Mechanismus ausgelöst wurde, auch über 180 Euro pro Megawattstunde liegen. Wird der Mechanismus ausgelöst, soll er für 20 Tage gelten. „Es handelt sich nicht um einen festen Deckel, sondern einen dynamischen Deckel“, sagte der tschechische Industrieminister Jozef Sikela. Der Mechanismus stelle sicher, dass der Preis nicht übermäßig über den tatsächlichen LNG-Preis hinausschieße.

Zuletzt lag der Gaspreis am Handelsplatz TTF am Montag bei 110 Euro pro Megawattstunde. Im August erreichte der Preis am TTF einen Höchststand von über 340 Euro pro Megawattstunde – allerdings nur kurzfristig, vor allem auch weil die Gasspeicher in der EU gut gefüllt werden konnten. Fachleute halten es für möglich, dass er nach einem harten Winter wieder auf über 200 Euro steigt, wenn die Staaten zum Frühjahr ihre Speicher füllen müssen. Das Vorhaben betrifft grundsätzlich Großkunden, die am TTF handeln – Verbraucherpreise werden indirekt durch die Preise im Großhandel beeinflusst.

EU-Länder einigen sich auf Gaspreisdeckel

Die EU hat den lang diskutierten Gaspreisdeckel für Großhändler beschlossen. Der Großhandelspreis für eine Megawattstunde Erdgas kann demzufolge ab Mitte Februar bei 180 Euro eingefroren werden, das wäre etwa die Hälfte der Spitzenpreise im letzten Sommer.

„Ende der Marktmanipulation durch Russland“

Die Einigung der EU auf eine Gaspreisobergrenze bedeute ein Ende der Marktmanipulation durch Russland und Gasprom, sagte Polens Premierminister am Montag. „Bei den jüngsten Treffen in Brüssel ist es unserer Mehrheitskoalition gelungen, den Widerstand zu brechen – vor allem von Deutschland“, schrieb der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. „Das bedeutet das Ende der Marktmanipulation durch Russland und sein Unternehmen Gasprom.“

Sorgen wegen Versorgungssicherheit

Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft hatte die Einigung bereits erwartet. „Ich sehe keinen Grund, warum wir uns heute nicht verständigen sollten“, sagte Sikela zum Auftakt des Treffens mit seinen Amtskollegen in Brüssel. „Es wird nichts geben, was uns daran hindern wird.“

Er verwies darauf, dass auch die Staats- und Regierungschefs am Donnerstag eine Einigung verlangt hätten. Sikela hatte mit Blick auf Deutschland erneut betont, dass notfalls auch Staaten überstimmt werden könnten. Denn die Fronten in dem Streit waren zuvor verhärtet: Während 15 Staaten, darunter etwa Griechenland und Italien, eine strenge Obergrenze befürworteten, sorgten sich unter anderem Österreich, Deutschland und die Niederlande um die Versorgungssicherheit.

Die Befürchtung blieb bis zuletzt, dass bei einem Deckel Flüssigerdgas nicht mehr nach Europa kommen könnte. Bei einem Mangel würden dann Verteilungskämpfe unter den Staaten ausbrechen, die die EU vor eine Zerreißprobe stellen würden. Deutschland habe am Montag jedoch trotz seiner Bedenken über die Auswirkungen der Politik auf Europas Fähigkeit, Gaslieferungen auf den preislich konkurrenzfähigen globalen Märkten anzuziehen, für eine Gaspreisobergrenze gestimmt, gaben drei EU-Beamte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters an. Österreich enthielt sich.

Gewessler kritisiert Ausweitung auf weitere Gasbörsen

„Ich bin überzeugt, dass er ein Beitrag sein kann, um in Zukunft absurde Auswüchse bei den Gaspreisen zu verhindern. Gleichzeitig wurde jedoch heute in letzter Minute eine Ausweitung auf weitere Gasbörsen neben dem TTF in die Verordnung aufgenommen“, erklärte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) in einem Statement nach dem Beschluss.

Diese Ausweitung könne auch Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit haben, das gelte gerade für Österreich. „Auch wenn wir uns in großen Schritten von der russischen Abhängigkeit lösen, brauchen wir diese Lieferungen aktuell noch.“

FPÖ-Chef Herbert Kickl kritisierte den Gaspreisdeckel. Die EU setze ein „Wohlstandszerstörungsprogramm“ um, und die Regierung schaue zu.

Habeck verweist auf Sicherheitsmaßnahmen

Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) begründete seine Zustimmung mit verschiedenen Sicherheitsmaßnahmen, die vorgesehen sind. „Wir haben jetzt sehr viele Instrumente definiert, die die Gefahr eines unbedachten Effekts deutlich reduzieren“, sagte Habeck am Rande des Sondertreffens der für Energie zuständigen EU-Minister in Brüssel. Wenn dann Gas zurückgehe, wenn rationiert werden müsse oder wenn der Handel zurückgehe, werde der Mechanismus wieder ausgesetzt.

Moskau: Inakzeptabler Eingriff

Die Regierung in Moskau bezeichnet die geplante Gaspreisbremse der Europäischen Union einem Medienbericht zufolge als inakzeptabel. Das sei ein Angriff auf die Preisgestaltung durch den Markt, zitierte die Nachrichtenagentur Interfax Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow.